Читать книгу Halo - Alfred Broi - Страница 10
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ОглавлениеDas Rennen war jetzt seit einer halben Stunde vorbei und Frank Palmer hatte sich mittlerweile schon wieder entspannt.
Das war nicht immer so und von daher war dieses Rennen eigentlich nur ein mittelschweres und unspektakuläres Ereignis gewesen. Es hatte auch schon Situationen gegeben, wo sie alle nach dem Ende blitzschnell das Weite hatte suchen müssen, weil eine Horde Streifenwagen hinter ihnen her gewesen war.
Aber das war heute nicht so. Zwar war ihr Rennen nicht unbemerkt geblieben, doch die Konfrontationen mit der Polizei hatten weit vor dem Zielgebiet stattgefunden. Am Ende waren sie wieder allein gewesen und niemand hatte etwas mitbekommen.
Dafür war Palmer heute auch dankbar, denn mit seinem zerfetzten Reifen wäre er sicher nicht mehr weit gekommen. Bei einer Flucht hätte er ihren Wagen zurücklassen müssen, was ihn sicherlich traurig gestimmt hätte. Der Porsche war ein absolut geiles Auto und Frank mochte es sehr, ihn zu fahren. Ihn zu verlieren, wäre ein herber Verlust gewesen. Natürlich hätte man ihn weder zu ihm, noch zu di Maria zurückverfolgen können – der Wagen war auf eine Scheinfirma ohne jegliche Verbindungen zu ihnen zugelassen – doch es wäre dennoch ärgerlich gewesen.
Glücklicherweise aber brauchte er sich darüber jetzt keine Gedanken zu machen. Während er mitbekam, dass und wie man sich um Timothys Verletzung kümmerte, wechselte er den defekten Reifen samt Felge.
Hierfür stand ihm einer von drei vollausgerüsteten Servicetrucks zur Verfügung, die von allen Teilnehmern gemeinschaftlich finanziert wurden und hervorragend bestückt waren. Natürlich auch mit Reifen und Felgen jedes Fahrzeugtyps, denn gerade diese Schäden traten ziemlich häufig auf.
Mit der Hilfe eines der Servicetechniker ging der Wechsel auch schnell und problemlos vonstatten.
Bevor er das jedoch hatte tun können, kamen die beiden anderen Teams zu ihm. Während Hal und sein Runner ihm gratulierten und ihm im nächsten Atemzug für das nächste Rennen einen erbitterten Kampf zusagten, was Frank beides dankend entgegennahm, weil es offen und ehrlich gemeint war, schlugen ihm Ryker und Ed offene Missgunst und puren Neid entgegen. Ihre Gratulation war eiskalt und ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hätten sie Palmer wohl lieber angespuckt oder vor seine Füße gekotzt, denn ihm die Hand zu schütteln. Frank nahm sie dennoch entgegen, blieb auch ernst dabei und machte keinen dummen Spruch, obwohl ihm etliche davon auf den Lippen lagen. Er wusste, dass Ryker ein brillanter Fahrer und er zusammen mit Ed ein ernst zunehmender Gegner war. Ihr Hass auf ihn und Timothy war sicherlich genug Motivation und da beide auch noch äußerst hinterlistig und skrupellos waren, würde ihr nächster Job kaum leichter werden. Ein verwundetes Tier war unberechenbar.
Doch nachdem er wieder allein war, beschloss er, sich darüber hier und jetzt keine Gedanken mehr zu machen. Er setzte sich stattdessen auf den Fahrersitz, und während er genüsslich an einem Energiedrink nippte, entspannte er beim Beobachten seines Partners, der noch immer von den Sanitätern umsorgt wurde. Der Transporter, in dem er sich befand, war unscheinbar in grau lackiert worden, im Inneren aber nichts anderes, als ein waschechter Krankenwagen. Auch die beiden Sanitäter waren gelernte Kräfte. Sowohl sie, als auch der Krankenwagen selbst, von dem es ebenfalls drei Stück gab, wurden ebenfalls von allen Teilnehmern gemeinsam finanziert.
Das Rennen hatte oberste Priorität. Seine Teilnehmer hatten Spaß an schnellen Autos und am Nervenkitzel eines Wettkampfs. Die Teams waren nicht nur Investitionen in eigene Gewinne, sondern stellten auch Werte dar. Frank und Timothy hatten schon einige Rennen gewonnen, nur Hal hatte mehr für sich entscheiden können. Allerdings war er auch schon länger dabei. Di Maria hatte im ersten Jahr ein anderes Team. Driver und Runner aber waren sich nicht grün und so trennten sie sich.
Für einen Moment schweiften Franks Gedanken ab und er erinnerte sich daran, wie ihn Tom eines Tages angerufen und ihn gebeten hatte, in seine Werkstatt zu kommen. Wenige Wochen zuvor hatte ihn der alte Mechaniker, von dem Frank unendlich viel gelernt hatte, leider entlassen müssen. Dabei war Tom ein so aufrechter Mann, dass ihm das fast das Herz gebrochen hatte, obwohl er gar keine andere Wahl gehabt hatte. Tom hatte zwei Altgesellen, die beide verheiratet waren und Kinder hatten. Frank hingegen war alleinstehend und der Jüngste von ihnen. Dennoch war Palmer ziemlich sicher, dass Tom seither Magenprobleme hatte. Seinen Anruf deutete er dann auch als Zeichen, dass er Frank bitten würde, zurückzukommen. Stattdessen aber bat er Palmer, einen frisch reparierten Wagen zu seinem Besitzer zurückzubringen, der – und da stutzte Frank zum ersten Mal – in Moes Taverne auf ihn wartete.
Moes Taverne war Franks Stammlokal. Hier gab es ausgezeichnetes, preiswertes italienisches Essen, eine ungezwungene Atmosphäre, freundliche und hübsche Bedienungen, eine bunt gemischte, aber vernünftige Kundschaft und mit Moe einen Besitzer, der der beste Freund seines viel zu früh verstorbenen Vaters gewesen war und mit dem ihn eine lange und enge Freundschaft verband.
Moes Taverne war nur wenige Blocks von der Werkstatt entfernt. Warum der Besitzer darauf bestand, den Wagen geliefert zu bekommen, war Frank ein Rätsel, aber natürlich tat er Tom diesen Gefallen gern.
Der Besitzer des Wagens stellte sich dann sehr schnell als ein Enkel von di Maria heraus und bei der Übergabe traf er wie zufällig auf José. Schnell wurde ihm klar, dass es hier nicht wirklich um das Auto ging, sondern um ihn selbst. Di Maria verwickelte ihn in ein Gespräch und kam dann sehr schnell zur Sache.
Er suchte einen Fahrer mit besonderen Fähigkeiten für besondere Aufgaben. Frank lehnte sofort ab und war sogar ein wenig erzürnt, wie Tom es nur fertigbringen konnte, ihn bei di Maria und dessen undurchsichtigen Maschenschaften zu empfehlen. Doch dann wurde ihm bewusst, dass diese besonderen Aufgaben, von denen der Alte sprach, nichts mit der Art von Geschäften zu tun hatten, die Frank angenommen hatte, sondern absolut nicht alltäglich und wirklich etwas Besonderes waren.
Palmers Neugier war geweckt und als di Maria ihm dann auch noch seine Bezahlung offerierte, war ihm klar, dass er nicht ablehnen konnte, selbst wenn es sich hier um einen ganz und gar nicht legalen Job handelte.
Das einzige, von dem er wirklich etwas verstand, waren Autos. Er konnte sie reparieren – und er war ein ausgezeichneter Fahrer. Hinter dem Steuer eines schnellen Autos fühlte er sich wohl und – lebendig. Da sein Leben aber so verlaufen war, wie es verlaufen war, hatte er als Vorbestrafter stets die Arschkarte gezogen und selbst Tom konnte ihn nicht mehr finanzieren. Also waren Geldsorgen verhasste, aber beständige Begleiter. Das konnte Frank jedoch nur für sich selbst akzeptieren, nicht aber für seine Schwester Kate und seine Nichte Theresa, für dessen Wohlergehen er sich mehr als alles andere verantwortlich fühlte.
Sie waren seine einzigen noch lebenden Verwandten und er liebte sie sehr.
Zusammen mit den beiden lebte er in einer kleinen vier Zimmer-Wohnung in Westpark. Kate hatte Probleme damit, einen dauerhaften und zumindest einigermaßen vernünftig bezahlten Vollzeitjob zu finden, also hielt es Frank für seine absolute Pflicht, für die beiden zu sorgen, sie zumindest aber zu unterstützen.
Wie aber sollte ihm das gelingen, wenn er in einer Zeit, wo er das Leben noch gar nicht richtig begriffen hatte, Scheiße gebaut hatte und dafür in den Knast hatte gehen müssen, und sich somit die Chance auf einen guten Job und ein geregeltes Auskommen verbaut hatte?
Er war ein Idiot und musste jetzt dafür büßen! Und mit ihm die, die ihm am Herzen lagen.
So zumindest schien es vorgezeichnet.
Und er war sich dabei stets vollkommen bewusst, dass im Moment alles noch eher wie ein Zuckerschlecken war, gegenüber dem, was unweigerlich und schon bald auf sie zukommen würde.
Also willigte Frank ein und hatte es seither noch nicht einmal bereut.
Di Maria und die anderen hatten sich hier wirklich eine außergewöhnliche und beinahe schon professionell durchdachte Möglichkeit geschaffen, ihren Leidenschaften zu frönen.
Geld spielte ohnehin kaum eine Rolle.
Und so fand Palmer sogar schnell Spaß an der Sache – natürlich auch, weil er von Beginn an zu den besten Fahrern zählte und zusammen mit Timothy einige Rennen gewinnen konnte, was ihren Verdienst beträchtlich erhöhte.
Anfangs gab es mindestens einmal im Monat, wenn nicht sogar vierzehntägig ein Rennen. Doch nach wenigen Monaten wurde das merklich weniger. Jetzt gab es nur noch alle drei Monate, mit etwas Glück vielleicht alle acht Wochen ein Rennen.
Das schmälerte Franks Spaß sichtlich, denn es schmälerte auch seinen Verdienst.
Da er aber ansonsten kaum Jobs bekam – gelegentliche Aushilfen bei Tom oder auch bei Moe in der Küche, sowie einige harte, schlechtbezahlte und kurzfristige Arbeiten waren die Regel – war er auf die Rennen angewiesen.
Doch hatte er zu Beginn nicht nur genügend für den Lebensunterhalt für sich und seine beiden Frauen gehabt, sondern konnte sogar noch etwas zurücklegen, hatte sich das Blatt seit einiger Zeit wieder gewendet und er zehrte von seinen Reserven.
Palmer schob daher Frust.
Bis ihm di Maria vor drei Monaten mehr beiläufig mitgeteilt hatte, dass die Teilnehmer ein Rennen gegen eine ähnliche Gruppe aus New York planten. Wie und wann und wo stand noch nicht fest, doch sollte es um weitaus höhere Summen gehen, als bisher.
Und das war alles, was Frank wissen musste. Denn wenn das Preisgeld, wie di Maria angedeutet hatte, bei einer Million Dollar lag, dann wäre auch sein Verdienst deutlich höher und bei einem Sieg - und nichts anderes würde dann zählen – könnte er auch sein vordringlichstes Problem endlich und auf einen Schlag lösen.
Palmer hoffte also auf diese Chance, aber in der Folgezeit tat sich rein gar nichts in dieser Sache. Als Frank daran dachte, spürte er, wie er sich innerlich verkrampfte, doch noch bevor sich erneut echter Frust in ihm breitmachen konnte, wurde die Beifahrertür des Porsche geöffnet und ein riesiger, breitschultriger Mann mit hellblondem Stoppelhaarschnitt, einem sauber gestutztem Drei-Tage-Bart und dunkelbraun-funkelnden Augen in einem feinen schwarzen Anzug, mit weißem Hemd und dunkelroter Krawatte nahm neben ihm Platz.
Frank erkannte ihn sofort. Es war Arturo, einer von di Marias unzähligen Großneffen. Obwohl er mit seinem wuchtig-markanten Kinn und seinem ernstem Blick eher abweisend und mit einer Körpergröße von 2,02 Metern bei einem Lebendgewicht von 168 Kilogramm absolut bedrohlich wirkte, konnte Palmer ihn recht gut leiden.
„Hallo Frank!“ begrüßte ihn der andere mit tiefer Stimme, ohne ihn jedoch anzusehen, weil er zunächst noch damit beschäftigt war, das Paket, dass er sich von McNallys Leuten im Namen des Siegers hatte aushändigen lassen, in den Fußraum zu bugsieren.
Palmer antwortete nicht sofort, sondern betrachtete erst die Aktion seines Nebenmanns, wobei ihm der Begriff Hände wie Bratpfannen durch den Kopf schoss, was ihm ein sanftes Lächeln auf die Lippen zauberte. Dann aber war das Paket mit einem tiefen Stöhnen verstaut. „Arturo!“ Frank nickte ihm zu.
„Ich verstehe verdammt wirklich nicht…!“ erwiderte sein Gegenüber. „…wie man Spaß an diesen winzigen Blechbüchsen haben kann?“ Er räkelte sich nochmals extra auf dem Sitz, den er ohnehin schon komplett ausfüllte. „Da lobe ich mir meinen Escalade!“
Frank musste grinsen. „Das ist ein Auto für Dinosaurier, wie du einer bist!“ Er streichelte sanft das Lenkrad des Porsche. „Das hier ist die zarte Knospe einer vollbusigen Lady im ekstatischen Rausch der Elemente! Hierfür braucht man keinen Führerschein, sondern Begabung!“
Arturo lauschte seinen Worten mit ausdrucksloser Miene, dann lachte er heiser auf. „Ich hoffe für dich, dass, was immer du geraucht hast, es erst nach dem Sieg getan hast! Wenn dein Drogentest positiv ist, wird dich der Alte umbringen – und dann erschießen!“
Frank grinste breit. „Keine Sorge! Ich brauche keine Drogen!“
„Dann fehlt dir definitiv eine Frau, in der du dir deine schmutzigen Fantasien abstoßen kannst!“
Palmer verdrehte leicht gereizt seine Augen. Die Tatsache, dass er keine Lebensgefährtin hatte, wurde in di Marias Kreisen weitgehend mitleidig belächelt.
„Aber was die dicken Titten angeht!“ fügte Arturo mit einem süffisanten Grinsen hinzu. „Deine Schöne hier verblase ich mit meinem Monster auch. Und wenn nicht, fahre ich einfach über euch hinweg und werde in meinem Sitz davon nicht mal durchgeschüttelt!“
Frank sah Arturo ernst an. „Da könntest du sogar Recht haben!“
„Weiß ich! Aber wenn du wirklich auf dicke Titten stehst, kann ich dir einen Tipp geben!“
Frank zog die Augenbrauen zusammen. „Und der wäre?“
„Micaela!“
„Micaela?“ Frank war bass erstaunt. „Josés Enkelin? Dein Boss?“
„Ja, verdammt!“ raunte Arturo. „Aber betone den Boss nicht so! Es ist für einen kolumbianischen Mann schon schwer genug, Befehle von einer Frau entgegen zu nehmen, auch ohne, dass ein Kerl wie du darauf herumhackt!“
„Warum tust es dann?“
„Was?“
„Ihre Befehle befolgen?“
„Mann Alter. Micaela ist ein echt geiles Weib, aber das eine kann ich dir sagen: Sie hat dickere Eier, als wir alle zusammen!“
Frank lachte heiser auf. „Wenn du es sagst!“
Arturo nickte. „Dicke Eier. Dicke Titten. Und sie steht auf dich!“
„Was?“ Frank war wieder sichtlich erstaunt.
Doch Arturo durchschaute seine Charade. „Ach, tu doch nicht so. So blöd und blind bist selbst du nicht. Ja, sie steht auf dich. Schon der erste Blick hat das gezeigt. Und ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum du sie nicht schon längst durchgerammelt hast! Sie geht uns nämlich manchmal echt tierisch auf den Zeiger. Regelmäßiger Sex mit kreischenden Orgasmen wäre da bestimmt hilfreich!“
„Und du meinst, dazu wäre ich in der Lage?“ fragte Frank mit einem undurchsichtigen Lächeln.
„Sie scheint das zu glauben! Und mal ehrlich: Welcher Bulle steht bei dieser Braut nicht stramm wie ein Betonpfahl?“
Frank blies die Luft in die Wangen und machte ein ratloses Gesicht. „Keine Ahnung!“
„Eben!“ bestätigte Arturo. „Und deshalb solltest du die Gunst der Stunde nutzen und sie…!“
„Sag mal, weiß Micaela eigentlich, wie du hier über sie sprichst?“ Palmer sah seinen Gegenüber, der abrupt verstummt war, an. „Über deinen Boss und deine Cousine?“ hakte Frank nach.
Arturos Augen wurden immer größer. „Natürlich nicht, Alter. Hör mal, das ist doch jetzt hier nur so unter uns! Das weißt du doch, oder?“ Er starrte Frank an und doch konnte Palmer in seiner Stimme schon eine Prise Drohung heraushören.
„Na klar!“ wehrte Frank ab und lachte auf. „Was denn sonst?“
Arturo nickte und war erleichtert, aber nicht vollkommen. „Okay! Sonst könnte ich glatt mal vergessen, dass ich dich eigentlich mag!“ Er deutete mit dem rechten Zeigefinger auf ihn, lächelte und schloss die Hand dann zur Faust, wobei er so viel Kraft hineinlegte, dass es knirschte.
Frank hatte verstanden. „Und ich will, dass das auch so bleibt!“ Er nickte seinem Nebenmann mit ernster Miene zu.
„Gut!“ Arturo löste seine Faust, nickte ebenfalls und atmete einmal tief durch. „Ich muss jetzt auch los!“ Doch anstatt die Tür zu öffnen, fischte er aus der Innentasche seines Jacketts zwei weiße, verschlossene Umschläge hervor. „Aber zuerst…!“ Er reichte sie Frank. „Hier! Der Lohn für euren Sieg!“
Palmer nickte und wollte zugreifen. „Danke!“
Plötzlich zog Arturo die Umschläge wieder zurück. „Micaela?“ Dabei hatte er seine Augen zu Schlitzen verengt und musterte sein Gegenüber mit ernster Miene.
„Ähm!“ Fast ließ sich Frank überrumpeln. „Nur du, ich, ähm und die Unendlichkeit!“ Er deutete unbestimmt in die Höhe.
Arturo nickte bedächtig. „Also gut!“ Er reichte Palmer die Umschläge erneut. „Euer Lohn! War übrigens echt ein geiles Rennen. Der Alte ist sehr zufrieden. Vielleicht sogar ein bisschen stolz. Ich hab auch auf euch gewettet!“
„Ach ja?“
Arturo nickte. „Aber die Quote war beschissen!“
„Wieso?“
Er verdrehte die Augen. „Fast jeder hat auf euch gesetzt!“
„Warum?“
„Na, weil Michael nicht dabei war!“ Michael Moore war Brite und McNallys Driver. Er war Palmers größter Konkurrent. Die beiden hatten sich schon so manchen heißen Kampf geliefert. Leider aber hatte der Engländer das glücklichere Ende öfters für sich verbuchen können, als umgekehrt. Das direkte Duell stand 5 : 3 für Moore.
„Michael!“ rief Palmer sofort gereizt aus. „Was hat das verdammt mit Michael zu tun?“
„Ja nix eben!“ bestätigte Arturo. „Er war ja nicht da!“
„Wir hätten trotzdem gewonnen!“
„Klar doch!“ Arturo nickte mitleidig.
„Und außerdem sollt ihr alle nicht immer so tun, als wären Leute wie Hal oder Ryker nur Mitläufer! Das sind allesamt hervorragende Fahrer und jeder von ihnen kann ein Rennen gewinnen!“ Frank war jetzt richtig sauer. „Ihr habt ja alle keine Ahnung!“
„Das wird es wohl sein!“ beschwichtigte Arturo. „Ihr habt gewonnen! Das kann niemand mehr wegdiskutieren. Basta!“
„Eben!“ Frank fühlte sich bestätigt und nickte.
„Dann alles Gute und bis zum nächsten Mal!“ Arturo drückte den Türöffner und schob sich schwerfällig aus dem Innenraum. Kaum war er draußen, drehte er sich nochmals herum und schaute zurück zu Palmer. „Ach übrigens, ich habe noch eine Nachricht vom Alten für dich!“
„Lass hören!“
„Er möchte, dass du morgen Abend zu Moe kommst. Um Mitternacht, um genau zu sein!“
„Mitternacht? Das klingt mysteriös!“
Arturo lächelte, denn José di Maria war bekannt dafür, dass er erst spät zu Bett ging und nur wenig Schlaf brauchte. Seine Mitarbeiter mussten sich wohl oder übel damit arrangieren. „Er will mit dir über die New Yorker Sache reden!“
„Ah!“ Franks Blick hellte sich auf.
„Was ist mit New York?“
„Das geht dich gar nichts an!“ wehrte Palmer freundlich ab.
„Ich werde es doch sowieso erfahren!“ erwiderte Arturo.
„Na dann!“ Frank grinste und schaute aus der Frontscheibe.
Arturo erkannte, dass er Palmer nichts entlocken konnte, brummte unzufrieden, drehte sich um und stand im selben Augenblick direkt vor Timothy Dixon. „Ach sieh an, der rasende Coyote!“ rief er halb erstaunt, halb amüsiert.
„Halts Maul, Knete-Zwerg!“ erwiderte Timothy mürrisch, während er zu dem anderthalb Köpfe größeren Kerl aufschaute.
Arturos Blick verdunkelte sich und er schaute an seinem Gegenüber herab. „Pass auf, was du sagst!“ sagte er abfällig. „Sonst mache ich dir auch noch das andere Knie dick!“ Er deutete mit dem Kopf auf Timothys Manschette am rechten Knie, die ihm die Sanitäter, zusätzlich zu einer Krücke, verpasst hatten.
„Damit sie so groß sind, wie deine Eier?“ Man sah Dixon an, dass er Schmerzen hatte und eigentlich nur noch nach Hause wollte.
Jetzt grinste Arturo. „Genau!“
„Du weißt aber schon, was man über Männer deiner Größe sagt?“
„Nein, was denn?“ Die Stimme der Riesen klang aber bereits voller böser Vorahnung.
„Das sie nur einen ganz kleinen…!“
„Kleinen was?“ raunte Arturo und schubste Timothy mit seinem Körper von sich.
„Hey Mann, pass doch auf!“ rief Timothy sofort und hatte Mühe, sich am Wagendach festzuhalten. „Das war doch nur Spaß, Herrgott! Verstehst du keinen Spaß mehr?“
„Hey Arturo, lass das!“ rief Palmer aus dem Innenraum. „Timothy kämpft für die Familie, vergiss das nicht! Er hat sich verletzt und braucht jetzt Ruhe. Wenn er wegen dir bis zum nächsten Rennen nicht einsatzfähig ist, petzte ich das dem Alten!“
Arturo warf ihm einen mürrischen Blick zu und brummelte etwas in seinen gestutzten Bart. „Muss der Pimmelriese halt aufhören, so einen Quark zu erzählen!“
„Hast Recht!“ bestätigte Frank. „Timothy?“
„Ja?“
„Rein mit dir und Klappe halten!“
„Aber?“ Dixon war nicht einverstanden damit. „Was hab ich denn jetzt falsch gemacht?“ Er schaute Palmer mit großen Augen an.
„Nichts, was sich mit einem schicken weißen Umschlag nicht wieder korrigieren ließe!“ Er hielt seinem Runner das Papier vor die Nase.
„Okay!“ nickte Dixon. „Das ist ein Argument!“ Er blickte zu Arturo. „Wenn du gestattest?“ Er schob sich mühsam an dem Riesen, der keinen Zentimeter zurückwich, vorbei ins Wageninnere, wo er sich stöhnend auf den Sitz niederließ. Als er Frank mit genervtem Blick ansah, verdrehte dieser die Augen.
„Hau rein!“ rief Palmer dem Riesen zu.
„In den Coyoten?“ Arturo beugte sich herab und schob sich ein wenig ins Innere. Das aber reichte aus, um die Welt um Timothy herum zu verdunkeln und der Runner fuhr erschrocken zurück.
„Nein verdammt!“ Frank verdrehte erneut die Augen. „Such dir ein anderes Opfer!“
Arturos Blick wurde traurig. „Na gut!“ Er zog sich wieder zurück. „Dann viel Spaß beim Rumschwulen. Und vergiss das mit morgen nicht!“
„Werde ich nicht!“ rief Palmer, startete den Motor und fuhr den Porsche langsam vom Gelände. „Was macht das Knie?“ fragte er mehr beiläufig.
„Bänderdehnung!“ erwiderte Dixon. „Ein paar Tage Ruhe und möglichst nicht auftreten! Dann langsam wieder belasten. Alles in allem wohl zwei Wochen!“ Er schaute Palmer an und sah, dass ihm diese Nachricht nicht gefiel. Doch er hatte jetzt keine Lust, darüber zu reden. Außerdem war er neugierig. „Was ist mit morgen?“
„Der Alte will mich sprechen!“
„Weswegen?“ Timothy hob die Augenbrauen an.
„Der Sache mit den New Yorker Teilnehmern!“
„Ach, tut sich da endlich was, ja?“
„Keine Ahnung!“ meinte Frank wahrheitsgemäß und zuckte mit den Achseln. „Willst du mitkommen? Ist allerdings erst um Mitternacht!“
„Mann, der Alte hat aber auch Arbeitszeiten, was?“ Timothy grinste. „Aber ich muss ablehnen. Ich kann nicht!“
Palmer sah ihn mit einem Stirnrunzeln an. „Was ist denn wichtiger, als jede Menge Kohle?“
„Ich habe ein Date! Mit Rachael!“ Als er die Überraschung im Gesicht seines Partners sah, musste er grinsen. „Sie hat einen Babysitter organisiert. Wir gehen ins Kino, dann Essen, dann tanzen und dann…!“ Er strahlte mit verdrehten Augen und brummte wollüstig.
„Aber du bist krank und sollst dich ausruhen!“ protestierte Palmer.
„Oh Mann!“ rief Timothy mit einem Lachen. „Frank, du solltest dich echt um eine Frau bemühen. Wie lange ist das eigentlich schon her, dass du nicht mehr weißt, dass die beste Medizin für Körper und Geist wilder, hemmungsloser Sex ist?“
„Ich…!“ Frank war sichtlich perplex. „Das…!“ Palmer schluckte. „Das geht dich verdammt einen feuchten Schmutz an!“
„Ja…!“ Timothy grinste breit. „Du bist schon auf der richtigen Spur. Mit Feuchtigkeit hat das eine Menge zu tun!“
Frank verzog das Gesicht. „Du bist widerlich! Weiß Rachael das eigentlich?“
„Klar!“ Dixon nickte. „Und sie fährt voll drauf ab!“
„Muss Liebe schön sein!“ sagte Palmer verächtlich.
„Ist sie! Und das solltest du auch nie vergessen, Alter!“
Frank nickte säuerlich, blieb aber stumm. Den Rest des Weges zu Dixons Wohnung hingen beide dann nur noch ihren Gedanken nach.
Eine halbe Stunde später war Frank, nachdem er Timothy abgesetzt hatte, allein im Porsche unterwegs nach Hause. Die Uhr zeigte mittlerweile 3.30 Uhr. Deutlich spürte er Müdigkeit in sich aufkommen und er freute sich auf sein Bett. Zuvor allerdings musste er den Porsche in dem extra über eine Scheinfirma gemieteten Lagerhaus abstellen. Glücklicherweise war es nur drei Blocks von der gemeinsamen Wohnung mit seiner Schwester und seiner Nichte entfernt.
Aus dem Radio dudelte lockere, leichte Musik zum Mitsummen und Frank entspannte sich. Dabei schweiften seine Gedanken ab.
Ja, Timothy und auch Arturo hatten – natürlich – verdammt Recht damit, wenn sie sagten, Frank solle sich endlich wieder eine Frau suchen.
Seine letzte Beziehung lag fast zwei Jahre zurück. Danach hatte er nur noch One-Night-Stands gehabt. Den letzten davon…Himmel, Frank schluckte betroffen, das war um Weihnachten gewesen. Und jetzt war August!
Es dauerte einige Zeit, bis er das verdaut hatte.
Wie nur konnte er das zulassen?
Er wusste es nicht, er beschloss nur, diesen haltlosen Zustand so schnell wie möglich zu beenden. Schließlich liebte er es, einer schönen Frau in die Augen zu sehen, ihre Wangen zu streicheln, ihren Duft zu riechen. Er liebte es zu küssen und zu liebkosen. Und er liebte Sex. Oh ja, und wie. Feuchte Enge, tiefe Stöße, harter Rhythmus…oh ja!
Frank erschrak fast, als er feststellte, dass er eine hammerharte Erektion in der Hose hatte.
Verdammt – er brauchte eine Frau!
Aber welche?
So ad hoc wollte ihm kein Name einfallen. Also überlegte er.
Wie wäre es mit Maggie? Die Bedienung in Moes Taverne war in seinem Alter, attraktiv und hübsch, aber auch verheiratet. Zwar schloss er nicht aus, dass er sie hätte verführen können, doch das wollte er nicht, denn das wäre dann ja von vornherein nichts auf Dauer gewesen.
Daisy? Auch die andere Bedienung war eine hübsche Person. Mitte vierzig, geschieden und sicherlich willig. Aber eigentlich fand Frank sie nicht attraktiv, obwohl sie wahrlich nicht hässlich war. Es war etwas an der Art, wie sie sich bewegte und sich verhielt, dass ihn Distanz bleiben ließ.
Wen gab es noch?
Lydia, Kates Kollegin aus dem Einkaufszentrum, in dem seine Schwester seit etwa einem Jahr arbeitete! Lydia war sicherlich erst Anfang zwanzig. Doch ihr Körper war herrlich schlank und fest und wenn man in ihre Augen sah, wusste man, dass sie beweglicher als eine Katze war und einen Mund hatte, für den man Oralverkehr auf jeden Fall hätte erfinden müssen. Bei ihr wäre Frank mit Sicherheit auf seine Kosten gekommen und am Ende im wahrsten Sinne des Wortes ausgepumpt gewesen. Doch beim Blick in ihre Augen wusste Frank auch, dass das alles war, was mit dieser Frau anzufangen war, denn ihr Intelligenzquotient entsprach ebenfalls etwa dem eines Blasebalgs. Und das war absolut nicht Franks Stil. Da verzichtete er lieber auf Sex.
Was er wohl auch weiterhin würde tun müssen, denn ein weiterer Name fiel ihm partout nicht ein.
Das heißt, dass stimmte nicht. Er wusste sehr wohl noch einen Namen zu nennen, doch sträubte sich sein Innerstes dagegen.
Micaela! Da, jetzt war er doch raus.
Frank war sich sofort bewusst, dass Arturo in fast allen Dingen, die er gesagt hatte, Recht hatte: Micaela war eine attraktive Frau. Sie hatte ein sehr hübsches Gesicht mit klaren braunen Augen, hohen Wangenknochen und einem sinnlichen Mund, alles umrahmt von schulterlangen, rotbraunen Haaren. Zusammen mit ihrer olivfarbenen Haut versprühte sie jede Menge südländisches Feuer, welches sicherlich in ihren schmalen Hüften, dem strammen Po, ganz besonders aber in ihren Melonenbrüsten der Größe DD, pulsierte.
Trotz ihres Postens an der Spitze von di Marias Imperium wusste sie sich überwiegend feminin zu kleiden.
Und – ja, sie hatte eindeutig Gefallen an Frank gefunden.
Und doch!
Wenn Frank an sie dachte, wollte sich bei ihm keine Erregung, keine Gänsehaut, ja nicht einmal ein leises Prickeln einstellen.
Denn so sehr sich Micaela auch bemühte, als Frau gesehen zu werden, so konnte ihr Verhalten, zumindest bei Frank, nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie klassische männliche Eigenschaften besaß, die ihr die Nachfolge ihres Großvaters überhaupt erst ermöglichten.
Micaela war dominant, fordernd, eiskalt und kompromisslos.
Mit ihr zusammen zu sein hieß, sich ihren Vorstellungen, ihren Ansichten und ihrem Verhalten anzupassen, sich ihr also schlichtweg unterzuordnen.
Alles Dinge, die absolut nicht Franks Geschmack entsprachen.
Er bevorzugte empfindsame, warmherzige, besonnene und vielleicht auch leicht devote Frauen, mit denen er als gleichberechtigte Partnerin zusammen sein konnte.
Bei Micaela würde es immer zuerst sie und dann er sein, niemals sie beide und schon gar nicht er und dann sie.
Nein, so leid ihm das auch tat – was es aber eigentlich gar nicht tat – an Micaela hatte er keinerlei Interesse. Bisher war sie ihm auch noch nicht offen gegenübergetreten und Frank hoffte, dass das auch so bleiben würde, denn ihm war klar, dass er andernfalls wohl ein Problem haben würde. Denn wie Micaela auf einen Korb reagieren würde, wusste er absolut nicht zu sagen.
Umso mehr musste er sich um eine Frau bemühen. Wenn sie erst sah, dass er leiert war, würde Micaela bestimmt von selbst das Interesse an ihm verlieren, denn in ihrer Stellung konnte sie Aufsehen dieser Art sicherlich nicht brauchen.
Doch wieder wurde sich Frank bewusst, dass er niemanden hatte, mit dem er eine Beziehung eingehen konnte, selbst wenn er es gewollt hätte.
Also würde er auch weiterhin einsam und allein bleiben.
Früher hatte er immer daran geglaubt, dass er eines Tages einer Frau gegenüberstehen würde, bei deren Anblick er genau wissen würde, dass sie die Einzige und Richtige war. Heute aber wusste er, dass das alles nur gequirlte Scheiße war.
Das Leben war doch manchmal echt zum Kotzen.
Er verzog seine Lippen zu einem säuerlichen Grinsen und lenkte den Wagen vor das Rolltor der Lagerhalle.