Читать книгу Halo - Alfred Broi - Страница 14
ια
ОглавлениеTimothy war nahe daran, zu verzweifeln. Ja, es fehlte tatsächlich nicht mehr viel und er hätte sogar geheult.
Dabei hatte er doch wirklich nur die besten Absichten, aber irgendwie schienen sowohl der Herrgott, als auch das Glück nicht auf seiner Seite zu sein.
Nachdem ihn Palmer heute Morgen nachhause gefahren hatte, war er zufrieden über ihren Sieg gewesen, noch zufriedener mit seiner Siegprämie und eigentlich total müde und ausgelaugt.
Er nahm eine Tablette gegen die Schmerzen in seinem Knie, doch kaum, dass er in seinem Bett in seiner kleinen zwei Zimmer Wohnung lag, fand er keine Ruhe mehr, weil sein Gehirn einfach nicht aufhören wollte zu denken.
Anfangs fand er das auch noch ganz schön, denn all seine Gedanken kreisten nur um eine ganz bestimmte Sache, nämlich sein Date mit Rachael am morgigen Freitagabend, und er nahm an, dass ihm das beim Einschlafen sogar förderlich wäre. Aber eine merkwürdige, stetig zunehmende Nervosität verhinderte dies.
Timothy erkannte dabei neben einer riesigen Vorfreude auf einen ganzen Abend und eine ganze Nacht allein mit Rachael auch eine gehörige Portion Unsicherheit.
Und der Grund dafür war so einfach, wie schmerzhaft:
Als er Rachael vor etwa drei Jahren zum ersten Mal sah, war für ihn sofort klar: Die muss ich haben! Offensichtlich erging es ihr kaum anders. Und so nutzten sie die erstbeste sich bietende Gelegenheit. Dabei waren sie wie zwei mega-starke Magneten, die sich förmlich anrissen. Der Zusammenstoß war irrsinnig heftig und endete in wildem, hemmungslosem, aber irre geilem, feuchtem und lautem Sex bis zum Morgengrauen.
Hiernach war klar, dass sie nicht mehr voneinander lassen konnten. In der Folgezeit hatten sie den absolut besten Sex ihres Lebens und viel zu spät erst merkten sie, dass sie dabei die anderen Dinge für eine erfolgreiche und dauerhafte Beziehung zu sehr vernachlässigt hatten. Als ihnen dann klar wurde, dass sie sich eigentlich kaum kannten und diese Phase unbedingt nachholen mussten, war Rachael bereits schwanger.
Timothy traf das wie ein Hammerschlag. Über so etwas wie Vater werden, Vater sein, eine Familie haben, Verantwortung tragen und so vieles mehr hatte er sich bisher doch überhaupt noch keine Gedanken gemacht. Und eigentlich wollte er das doch auch noch gar nicht, war doch noch viel zu jung dafür, wollte sich doch erst noch selbst verwirklichen, wie auch immer dies aussehen mochte, und erst dann – viel später – über eine eigene Familie nachdenken.
Rachael schien anfangs ähnlich zu denken und so war sich Timothy ziemlich sicher, dass ein Schwangerschaftsabbruch, so schlimm er auch sein mochte, für sie beide im Moment der beste Weg war.
Doch da hatte er sich böse getäuscht, denn als er die Sprache darauf brachte, reagierte Rachael mit strikter Ablehnung. Eine Abtreibung kam für sie überhaupt nicht in Frage. Sie würde das Kind bekommen, notfalls auch ohne ihn an ihrer Seite.
Das aber konnte Timothy natürlich nicht zulassen, da ihm sowohl sein Ehr- als auch sein Pflichtgefühl davon abhielten.
Also zogen sie zusammen und in den ersten Monaten schien auch alles gut zu laufen. Selbst als das Kind, seine Tochter Jasmin, geboren wurde, änderte sich das nicht.
Erst nach und nach wurde Timothy klar, dass hier etwas mit ihm geschah, das er so nicht gewollt hatte. Jedoch unfähig, mit Rachael darüber zu reden, distanzierte er sich immer mehr von ihr und als ihr das bewusst wurde, kam es zur Aussprache, die in einem heftigen und ekelhaften Streit mündete, an dessen Ende Timothy die gemeinsame Wohnung verließ und die Beziehung beendete.
Um auf andere Gedanken zu kommen, zog er fortan sehr oft um die Häuser, trank sehr viel Alkohol und hatte nahezu jeden Tag Sex mit einer anderen Frau. Beinahe hätte er sogar sein Studium abgebrochen.
Schien das anfangs genau das zu sein, was er wollte und brauchte, drängte sich jedoch mit zunehmender Dauer ein vollkommen anderes Gefühl in den Vordergrund: Einsamkeit!
Wenn er sich abends mit seinen Freunden traf und sie schwatzten und lachten, ertappte er sich immer öfter dabei, dass er nicht mehr zuhörte und sich stattdessen fragte, was wohl Rachael und Jasmin taten. Wenn er Alkohol trank, mahnte er sich immer öfter, damit aufzuhören, weil er als Familienvater nicht betrunken sein durfte, weil er sich doch niemals verzeihen würde, nicht Herr seiner Sinne zu sein, wenn Rachael oder gar Jasmin etwas passieren sollte. Und wenn er Sex mit anderen Frauen hatte, sah er anstelle ihrer Gesichter immer öfter Rachael vor sich.
Das machte ihn anfangs melancholisch und dann, als ihn seine Freunde damit aufzogen, total wütend. In volltrunkenem Zustand demolierte er Teile seiner Wohnung, bevor er aus dem Haus stürmte und vor ein Auto lief. Der Fahrer konnte gerade noch rechtzeitig reagieren. Zwar kam es zum Zusammenstoß, doch Timothy kam mit einigen Prellungen und Schürfwunden davon.
Als er wieder zu sich kam, lag er im Krankenhaus und fühlte sich hundeelend. Doch das alles war nichts im Vergleich zu dem Gefühl, dass er hatte, als urplötzlich Rachael mit seiner Tochter auf dem Arm an seinem Bett erschien. Timothy rechnete damit, dass sie ihm Vorwürfe machen würde, doch genau das Gegenteil war der Fall: Rachael schien besorgt, war sehr freundlich zu ihm, lachte, streichelte ihn und setzte sogar Jasmin neben ihn auf das Bett.
Sie blieben fast eine Stunde und redeten beinahe ungezwungen über Gott und die Welt.
Als Sie dann gegangen waren, begann Timothy urplötzlich hemmungslos zu weinen, denn neben vielen anderen Empfindungen, überschattete ein Gefühl alle anderen: Scham!
Oh ja, Timothy schämte sich zutiefst für das, was er getan hatte. Gestern, die ganze Zeit seit ihrer Trennung und auch die ganze Zeit, seit klar war, dass Rachael schwanger war.
Er war ein Idiot gewesen. Ein Idiot und ein Arschloch. Egoistisch, kindisch und total unreif.
Ein wilder Schrei entfuhr ihm, voller Verzweiflung und Wut auf sich selbst.
Als er aber verklungen war, schien es Timothy plötzlich, als wäre ein Schleier gefallen und er sah die Welt jetzt viel klarer.
In diesem Moment traf er eine Entscheidung:
Er würde sein Leben von Grund auf ändern und seine Fehler wieder rückgängig machen.
Die Folgezeit sollte dann zeigen, dass dieses Vorhaben alles andere als einfach war, doch Timothy ließ sich von seinem gewählten Weg dennoch nicht abbringen. Er trank nicht mehr, er hurte nicht mehr herum, nahm sein Studium wieder auf und suchte sich einen Nebenjob. Er brachte seine Wohnung in Ordnung. Er trieb wieder Sport, kaufte sich neue Kleidung, pflegte sein Äußeres.
Und er suchte den Kontakt zu Rachael und seiner Tochter.
Welch schweren Weg er noch vor sich hatte, zeigte sich aber alsbald, denn Rachael war bei ihrer nächsten Begegnung lange nicht mehr so freundlich, wie noch im Krankenhaus. Eher etwas distanziert und abwartend. Timothy aber hatte damit gerechnet und ließ sich nichts anmerken, sondern bemühte sich nur noch mehr um die beiden.
So vergingen Wochen und Monate und gerade, als Timothy für sich erkannte hatte, dass er schlichtweg doch zu viel kaputt gemacht hatte, um einen Neuanfang zu erhoffen, änderte sich Rachaels Verhalten ihm gegenüber und sie wurde wieder aufgeschlossener.
Sie gab offen zu, nicht sicher gewesen zu sein, ob er sich wirklich geändert hatte, doch allmählich wieder Vertrauen zu ihm fand. Sie war ehrlich genug, ihm zu sagen, dass sie nicht wusste, ob es für sie wieder eine Rückkehr geben konnte, dennoch aber wollte sie, schon ihrer Tochter zu liebe, ein enges Verhältnis zu ihm aufbauen und beibehalten. Als Zeichen dafür durfte er Jasmin dann über Nacht bei sich behalten.
Das erfüllte ihn mit großem Stolz und er meisterte seine Sache, trotz tierischer Nervosität und ohne auch nur einer Minute Schlaf, mit Bravour.
Rachael gab sich anerkennend und fortan verbrachte seine Tochter immer mal wieder eine Nacht bei ihm, vordringlich dann, wenn Rachael in ihrem neuen Job Nachtschicht hatte und sich nicht um sie kümmern konnte.
An diesen Tagen kochte Timothy dann ein Abendessen, bevor Rachael zur Arbeit musste und wenn ihre Tochter früh genug einschlief, hatten sie sogar noch einige Zeit allein für sich, in denen sie viel miteinander redeten.
Dabei war für Timothy immer oberstes Gebot, seine Hände von ihr zu lassen – so verdammt schwer ihm das auch fiel, denn Rachael wurde in seinen Augen von Tag zu Tag nur noch schöner, obwohl ihm klar war, dass das doch eigentlich kaum noch möglich war.
Nein, er durfte sich ihr nicht nähern. Wenn es für sie beide jemals eine echte Chance auf einen Neustart geben konnte, dann nur, wenn Rachael den ersten Schritt tat.
Und Timothys Verhalten sollte wirklich belohnt werden. Erst war es nur ein Lächeln, dann ein Leuchten in den Augen. Beim nächsten Mal ein längerer Blick, als nötig gewesen wäre. Dann eine Umarmung zum Abschied, die jedes Mal immer fester und länger wurde.
Timothy blieb dabei immer passiv und nahm nur, was sie zu geben bereit war.
Doch nachdem sie ihm dann auch noch sanft über seine Wange gestrichen hatte, nahm Timothy beim nächsten Mal allen Mut zusammen und gab ihr einen leichten, zärtlichen Kuss auf die Wange.
Sofort spürte er, wie Rachels Körper sich verspannte und panische Angst, er hatte soeben alles, was sie sich in langen Monaten mühsam aufgebaut hatten, mit einer einzigen falschen Tat wieder zum Einsturz gebracht, kam in ihm auf.
Rachael schaute ihn ausdruckslos, reglos und ohne Atem einfach nur an und obwohl er am liebsten sofort auf die Knie gefallen wäre, um sie um Verzeihung anzuflehen, blieb er einfach nur stehen und hielt ihrem Blick stand.
Eine – wie es ihm schien – Unendlichkeit lang.
Dann aber zeichnete sich ein so unglaublich sanftes Lächeln auf ihren Lippen ab. Gleichzeitig begannen ihre Augen zu leuchten und ehe er sich versah, zuckte ihr Kopf nach vorn und sie küsste ihn heiß und leidenschaftlich.
Ganze zwei Sekunden lang, dann war es auch schon wieder vorbei.
Als er jetzt in ihre Augen sah, konnte er Verwirrung, Unsicherheit und Nervosität erkennen.
„Ich…! Ich muss jetzt gehen!“ stammelte sie und schob sich an ihm vorbei durch die Wohnungstür. Unvermittelt aber drehte sie sich wieder um, fiel ihm um den Hals und drückte ihn nochmals fest. Dann trennte sie sich wieder von ihm, wirbelte mit gesenktem Blick herum und rannte die Treppe hinunter.
Zurück ließ sie einen sehr aufgekratzten, nervösen und unsicheren Timothy, der sich absolut nicht sicher war, was er soeben erlebt hatte, außer dem Wunsch, es immer und immer wieder zu erleben.
Die ganze Nacht über grübelte er darüber nach, fand aber keine Erklärung, außer der, die er sich so sehr wünschte, gegen die er sich aber vehement stemmte, weil sie einfach zu schön gewesen wäre.
Als Rachael am nächsten Mittag vorbeikam, war sie sichtlich nervös, wich seinen Blicken aus und sagte, sie habe wenig Zeit. Ihr Besuch dauerte weniger als drei Minuten, dann war sie mitsamt ihrer Tochter und ohne eine Berührung verschwunden.
In den Folgetagen meldete sie sich nicht bei ihm. Sie anzurufen traute Timothy sich nicht.
Doch die Situation wurde für ihn immer unerträglicher. Mittlerweile hatte er akzeptiert, dass Rachael im Affekt gehandelt hatte und der Kuss nur eine Geste ohne tiefere Bedeutung war. Das tat zwar weh, doch Timothy war überrascht, dass er das tatsächlich hinnehmen konnte. Was er aber keineswegs akzeptieren konnte, war die Tatsache, dass sich Rachael von ihm abzuwenden schien.
Also nahm er seinen ganzen Mut zusammen und beschloss, sie doch anzurufen. Im selben Moment aber klingelte bereits sein Handy. Es war Rachael.
„Wir müssen reden!“ sagte sie.
„Ja…!“ erwiderte er. „Das müssen wir! Soll ich zu dir kommen?“
„Nein!“ wehrte sie ab. „Nicht heute! Am Freitag!“
„Freitag?“ Heute war Dienstag. Warum wollte sie es so lange hinauszögern? „Hör mal, Rachael, es wäre mir lieber, wenn wir…!“
„Ja, mir auch!“ unterbrach sie ihn. „Aber ich konnte vorher keinen Babysitter bekommen!“
„Einen…?“ Timothy war sprachlos. „Aber…wofür?“
„Damit wir eine ganze Nacht für uns haben!“
Timothy spürte, wie seine Knie weich wurden. „Aber…?“
„Oder möchtest du nicht?“
„Was?“ Timothys Puls und seine Gedanken rasten. „Doch...natürlich!“
„Prima!“ Timothy konnte Rachaels Erleichterung am anderen Ende der Leitung förmlich spüren. Und ein Grinsen „Dann sehen wir uns Freitag um Acht!“
„Ich werde pünktlich vor deiner Tür stehen!“
„Nein! Nicht bei mir! Im Drake Hotel in der Jefferson Street. Ich möchte vollkommen ungestört sein!“
„Oh mein Gott…!“ entfuhr es ihm. „…Rachael!“
„Bis dann, Timothy!“ Und damit legte sie auf.
Dixon konnte sich noch sehr genau daran erinnern, dass er den Hörer mit zittrigen Händen aufgelegt und dann eine ganze Stunde einfach nur unbeweglich dagesessen hatte, sein Kopf vollkommen leergefegt. Ein Wunder, dass er überhaupt daran gedacht hatte, zu atmen.
Erst allmählich realisierte er, dass Rachael tatsächlich mit ihm eine gemeinsame Nacht verbringen wollte. Hiernach lief er den ganzen Tag mit einem breiten Dauergrinsen durch die Gegend.
Der Zufall wollte es dann, dass nur zwei Tage später – nämlich heute Nacht – ein Rennen stattfand, das er und Frank sogar gewinnen konnten.
Und mit seinem Gewinnanteil in den Taschen kam ihm der Gedanke, Rachael ein Geschenk machen zu wollen. Um ihr zu zeigen, dass und wie viel er noch immer für sie empfand und wie viel sie ihm bedeutete. Natürlich war er sich nicht vollkommen sicher, den Bogen hier nicht doch zu überspannen, aber tief in seinem Innersten glaubte er das nicht. Außerdem nahm er sich vor, ihr dieses Geschenk erst am nächsten Morgen zu überreichen und auch nur dann, wenn die Nacht so ausfiel, wie er sich das vorstellte. Dann, so hoffte er, würde sein Geschenk das I-Tüpfelchen sein, dass Rachael vollends davon überzeugen würde, es noch einmal mit ihm zu versuchen. Wenn die Sache allerdings nicht so ablief, wie er es erhoffte, würde er ihr das Geschenk gar nicht erst überreichen und Rachael nie etwas davon erfahren.
Ja, so hatte er sich entschlossen.
Doch was genau er ihr schenken wollte, wusste er noch nicht. Klar, natürlich ein Schmuckstück, aber ob nun einen Ring oder eine Kette oder auch ein Armband, darüber war er noch uneins mit sich selbst. Dennoch hatte er sich vor zwei Stunden auf den Weg gemacht, um das Angebot zu sichten. Dabei, so hoffte er, würde er schon das Richtige finden.
Dieser Wunsch aber erfüllte sich nicht, denn bisher war er noch nicht fündig geworden. Vieles von dem, was er hätte kaufen können, war nicht schön genug für Rachael oder schlichtweg zu teuer. Nein, er hatte nicht vor, hier ein Vermögen auszugeben und war fest entschlossen, seine selbst gesetzte Obergrenze von fünfhundert Dollar nicht zu überziehen. Hierfür allerdings ein relativ schlichtes, aber dennoch besonderes Stück zu erwerben schien beinahe aussichtslos und Timothy begann, ein wenig daran zu verzweifeln.
Noch aber wollte er die Hoffnung nicht aufgeben, obwohl es mittlerweile bereits achtzehn Uhr war und ihm das Laufen mit der Krücke - er hatte nicht vor, die Anweisung des Arztes zur Schonung seines Knies zu missachten - immer schwerer fiel. Also betrat er den nächsten Laden, es war ein Juweliergeschäft, den er zu Beginn seiner Suche sicherlich nicht aufgesucht hätte, weil alles an und in ihm schrie: Zu teuer!
Er fühlte sich daher sofort nicht sonderlich wohl und war dankbar, wenn auch etwas überrascht, dass neben ihm noch gut ein Dutzend weitere Kunden anwesend waren und fast schon ein wenig Gedränge vor den Schaukästen herrschte. Dadurch hatte er Zeit zum Stöbern, ohne dass ihn gleich ein Verkäufer ansprach. Langsam schritt er die Vitrinen ab und fühlte sich bei den ausgehängten Preisen sogleich in seiner ersten Annahme bestätigt. Das alles lag weitab seiner Möglichkeiten und seiner Vorstellungen. Instinktiv wollte er sich schon abwenden und wieder gehen, als er plötzlich vor einer Vitrine zum Stehen kam, an der ein Schild mit der Aufschrift „Ausverkauf!“ prangte. Die Stücke, die dort ausgestellt waren, unterschieden sich kaum von den anderen, doch überall gab es kleine Aufkleber mit 30% bis hin zu 70% Nachlass.
Schön, dachte Dixon, jetzt müsste eigentlich nur noch…
Wie angewurzelt blieb er stehen und starrte auf den Ring in der Auslage. Sofort war er sicher: Das ist er! Schlicht, aber mit einem echten Diamanten besetzt. Unauffällig, aber dennoch edel. Der Preis betrug 1.400 Dollar, doch als Timothy das Rabattschild daneben sah, war er kurz davor auszuflippen. 70% Nachlass stand da! 70%!
Unmöglich, schoss ihm sofort in den Kopf. Das muss ein Irrtum sein!
„Ah, wie ich sehe…!“ hörte er plötzlich die sanfte, tiefe Stimme eines Mannes hinter der Vitrine sagen. „…haben Sie ihre Wahl bereits getroffen!“
Als Timothy aufschaute, blickte er in das äußerst gepflegte, sehr freundlich lächelnde, sympathische Gesicht eines älteren Herrn in einem feinen grauen Anzug. „Ich…!“ mehr brachte er nicht heraus.
Der Mann lächelte sanft. „Ein wirklich außergewöhnlich schönes Stück. In der Tat!“ Er öffnete die Vitrine und holte den Ring heraus. „Schlicht, aber mit einem echten Diamanten besetzt. Unauffällig und doch edel!“
Mann, das waren genau meine Gedanken! Timothy musste schlucken. „Das…das stimmt!“ Er lächelte zurück und der Alte nickte. „Aber…der Preis!?“
„Tausendvierhundert Dollar waren absolut angemessen dafür. Leider…!“
Aha, jetzt kommt es. „Leider…?“
Der Alte lächelte wieder. „Natürlich hat es seinen Grund, warum wir das Stück derart preiswert anbieten!“
„Und der wäre?“
„Der Ring war ursprünglich vorbestellt gewesen und wurde daher auf der Innenseite graviert, doch…die Beziehung hat die Abholung einige Tage später nicht mehr erlebt!“ Der Alte schien einen Augenblick in Gedanken. „Ich wollte den Ring aber nicht vernichten, weil ich ihn einfach zu schön fand. Ich habe die Gravur so gut es ging entfernen lassen. Sehen sie…!“ Er hielt Timothy den Ring vor die Nase und deutete darauf. Tatsächlich war die Innenseite deutlich matter, als der Rest des blankpolierten Rings. Allerdings wirkte das eher wie gewollt und nicht erzwungen. Jemand, der die Ursache hierfür nicht kannte, hätte geglaubt, das wäre von vornherein so angedacht gewesen. „Eigentlich ist fast nichts mehr zu sehen, aber natürlich ist er…nicht mehr neu! Und selbstverständlich ist er auf die Fingergröße der vermeintlichen Braut gefertigt!“ Er sah Timothy erwartungsvoll an, doch als dieser nichts zu erwidern zu wollen schien, fügte er schnell hinzu. „Ich verstehe daher, wenn Sie…!“
„Ich nehme ihn!“ rief Timothy plötzlich. Es war wie eine innere Eingebung. Der Ring sah genau so aus, wie das, was er sich für Rachael vorgestellt hatte, nur dass er niemals mit einem echten Diamanten gerechnet hätte. Somit war dieser Ring sogar noch besser, als das, was er erhofft hatte. Also musste er einfach zuschlagen. „Ich nehme ihn!“ wiederholte er leiser und mit einem Lächeln.
„Sind sie sicher?“ fragte der Alte nochmals freundlich nach.
Timothy nickte. „Ja. Ganz sicher!“
„Okay!“ Der Mann war zufrieden und legte den Ring in ein entsprechendes Kästchen. „Wahrscheinlich wird der Ring ihrer Frau nicht passen, aber dann kommen Sie einfach mit ihr vorbei und wir machen ihn enger oder weiten ihn! Das ist überhaupt kein Problem!“ Er lächelte freundlich und Timothy nickte. „Dann darf ich um einen Moment Geduld bitten. Ich werde ihn als Geschenk verpacken lassen!“ Er sah Dixon an und als dieser erneut nickte, wandte sich der Alte ab und übergab den Ring an eine attraktive Mitarbeiterin, die sich sogleich daran machte, ihn hübsch zu verpacken.
Während Timothy ihr einen Augenblick dabei zusah, wurde das Lächeln auf seinen Lippen immer breiter, da er sich immer sicherer wurde, hier ein echtes Schnäppchen gemacht zu haben, das Rachael sprachlos machen würde. Dann wandte er sich vom Tresen ab und kramte sein Geld aus der Innentasche seiner Jacke. Es befand sich noch immer in dem Umschlag, den Frank ihm gegeben hatte. Bevor er das gesamte Geld herauszog, schaute er sich einmal kurz verstohlen um, war dann aber wieder so tief in Gedanken versunken, dass er fünfhundert Dollar abzählte, den Rest in den Umschlag zurückschob und wieder einsteckte.
Kurz darauf konnte er das Päckchen, das wirklich sehr schön verpackt worden war, in einer kleinen Tüte entgegennehmen und, nachdem er bezahlt hatte, das Geschäft total zufrieden und sehr glücklich wieder verlassen.
Dass sich sein Leben mit dem Besuch des Juwelierladens entscheidend und auch dramatisch verändern sollte, konnte er zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wissen, doch Tatsache war, dass Dinge ins Rollen gekommen waren, die niemand mehr aufzuhalten vermochte.