Читать книгу Halo - Alfred Broi - Страница 11
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ОглавлениеFrank fuhr in die dunkle Lagerhalle ein, während sich das elektrische Rolltor hinter ihm wieder schloss. Im Inneren gab es einige alte Metallschränke und Wandregale, sowie drei größere Werktische, doch sie alle waren nur Fassade und stammten noch vom Vormieter.
Während Palmer den Porsche langsam an ihnen vorbeirollen ließ, betätigte er einen kleinen Handsender, der daraufhin eine Rampe im Boden öffnete und sie absenkte. Der Porsche fuhr in die darunterliegende Ebene. Hier bot sich im Licht der automatisch anspringenden Neonröhren ein ganz anderes Bild. Die beiden großen Werktische und die Wandregale waren alle recht neu, aufgeräumt und blitzsauber. In der Mitte dominierte eine hydraulische Hebevorrichtung für Kraftfahrzeuge den Raum. Daneben gab es zwei fahrbare Werkzeugwagen, ein Schweißgerät und noch einige andere Utensilien, die man in einer perfekt eingerichteten Kfz-Werkstatt benötigte.
Frank lenkte den Porsche vor die Hebevorrichtung, während sich die Rampe wieder schloss. Er schaltete den Motor ab und stieg schließlich aus.
Vor dem Wagen lag eine Schutzplane auf dem Boden. Frank hob sie an und zog sie in einer flüssigen Bewegung über den Porsche. Damit war er gut geschützt, bis Frank zurückkehren würde, um ihn einer sehr genauen Überprüfung zu unterziehen. Doch dazu hatte er in den nächsten Tagen sicherlich noch mehr als genug Zeit.
Zufrieden und müde ging er über eine Stahltreppe zurück ins Erdgeschoss, wo er über eine Seitentür wieder die Haupthalle betrat. Mit wenigen Schritten war er am Rolltor, wo er über eine weitere Seitentür nach draußen gelang. Diese war mit einem elektronischen Zahlenschloss gesichert. Frank gab die Kombination ein und ein metallisches Klicken zeigte an, dass sie verriegelt worden war.
Als Palmer sich dann zur Straße wandte, erkannte er, dass er völlig allein war. Die Morgendämmerung hatte bereits eingesetzt, dennoch war es ein wenig frisch. Er schloss seine Jacke, richtete den Kragen auf und stopfte seine Hände in die Seitentaschen.
Dann machte er sich in einem unauffälligen Tempo auf den Weg nach Hause.
Fünfzehn Minuten später stand er vor der Eingangstür im dritten Stock des Acht-Familien-Hauses, wo er zusammen mit seiner Schwester und seiner Nichte in einer kleinen Vier-Zimmer-Wohnung lebte.
Frank schob den Schlüssel sanft ins Schloss und öffnete die Tür so leise wie möglich, denn er wollte im Inneren niemanden wecken.
Als er in den Flur trat, bemerkte er, dass die Wohnung bis auf eine kleine Lichtquelle im Wohnzimmert dunkel war. Frank verzog das Gesicht zu einer Grimasse, denn er wusste bereits, was er dort vorfinden würde.
Tatsächlich lag seine Schwester Kate auf dem Sofa und war beim Lesen eines Taschenbuchs eingeschlafen. Sie trug einen mintgrünen Schlafanzug, lag aber ansonsten unbedeckt auf der Couch. Ein leises Schnarchen war zu hören. Das Buch war vornüber auf ihre Brust geklappt und hob und senkte sich bei ihren tiefen Atemzügen. Kates Brille war verrutscht und hing schräg über den Augen, was Frank ein kurzes Lächeln entlockte, das aber sofort wehmütig und schließlich ernst wurde.
Kate war eine ausgesprochene schöne und attraktive Frau. Zumindest in den Erinnerungen ihres Bruders. Doch als er sie jetzt anschaute, konnte er sehen, wie erschöpft sie aussah. Ihre Haut war blass, ihre Augen umgeben von dunklen Ringen. Ihr Gesicht wirkte eingefallen, ihre Züge kraftlos.
Sie hatte heute die Tagschicht im Einkaufszentrum gehabt, das wusste Frank. Danach hatte sie sicherlich noch eingekauft, dann Essen für sich und ihre Tochter gemacht, am Ende wieder kaum etwas davon angerührt, danach noch Ordnung gemacht und Theresa eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Schließlich hatte sie sich das Buch geschnappt und sich auf die Couch gelegt. Kate las unheimlich gern. Noch mehr aber liebte sie das Kino. Doch das konnten sie sich nur selten leisten. Daher begnügte sie sich meist mit Taschenbüchern, die Druckfehler aufwiesen und deshalb billiger waren, als ohne.
Doch die Erschöpfung hatte Kate schnell übermannt und sie war eingeschlafen, wie sie war.
Beim Blick auf den Couchtisch konnte Frank ein halbvolles Glas Fruchtsaft erkennen. Daneben lag ein kleines Plastikschälchen ohne Inhalt. Frank war zufrieden und auch froh, dass sie zumindest ihre Medikamente nahm, allerdings wurde er sich sogleich wieder bewusst, dass auch sie Anteil an Kates Zustand hatten.
Plötzlich bemerkte er, dass es recht kühl im Zimmer war. Grund dafür war ein halbgeöffnetes Fenster. Sicherlich wollte Kate einmal durchlüften - und war dann eingeschlafen.
Instinktiv griff er nach der Decke, die über der Couch lag, doch dann entschied er sich dafür, seine Schwester ins Bett zu bringen. Er nahm ihr die Brille ab, legte sie zusammen und auf den Tisch, ebenso das Buch. Dann schob er vorsichtig seinen linken Arm in ihren Rücken und seinen rechten Arm unter ihre Knie. Als er ihren Körper anhob und ein wenig in seine Richtung kippte, stöhnte Kate auf. Frank erhob sich mit ihr und erschrak etwas, als er feststellen musste, wie leicht seine Schwester war. Schlank war sie schon immer gewesen, doch das hier war etwas anderes.
Bevor er sich jedoch darüber weitere Gedanken machen konnte, stöhnte Kate nochmals auf und öffnete schließlich ihre Augen einen Spalt. "Frank? Bist du das?"
Palmer lächelte sanft. "Ja! Alles in Ordnung. Ich bringe dich nur ins Bett!"
Kate atmete tief durch, lächelte und schmiegte sich mit dem Kopf an seine Schulter. "Danke!"
Frank lächelte breiter und drückte sie fester an sich. Still trug er sie ins Schlafzimmer und legte sie sanft auf das Bett. Glücklicherweise war die Decke bereits umgeschlagen worden, sodass er keine Mühen hatte, sie über Kate auszubreiten. Seine Schwester stöhnte dabei genüsslich und murmelte leise etwas Unverständliches. Als Frank sie ansah und erkannte, dass sich ihre Gesichtszüge merklich entspannt hatten, lächelte er wieder und gab ihr letztlich einen Kuss auf die Stirn. "Schlaf gut!" flüsterte er. Als Antwort erntete er lediglich ein letztes, leises Stöhnen, denn Kate war schon wieder eingeschlafen.
Lautlos ging Frank durch den Flur in die Küche und holte sich aus dem Kühlschrank eine kleine Flasche Mineralwasser. Er schraubte sie auf und trank einen großen Schluck. Währenddessen hatte er die Zimmertür seiner Nichte erreicht. Er drückte sie leise auf und konnte Theresa im Licht des Mondes, das durch die Fenster fiel, erkennen. Sie lag auf dem Rücken, die Decke war ihr bis zum Bauchnabel heruntergerutscht. Ihr linker Arm lag neben dem Körper, der rechte angewinkelt neben dem Kopf. Ihr schulterlanges, hellbraunes Haar war wild verstreut auf dem Kopfkissen. Theresas Atem ging tief und regelmäßig, Frank war sicher, dass sie schlief, doch wollte er sie wieder richtig zudecken. Als er aber gerade in das Zimmer gehen wollte, atmete Theresa mit einem Stöhnen hörbar ein, drehte sich in Richtung Fenster und zog sich dabei wie selbstverständlich ihre Decke wieder bis zum Hals.
Frank hielt inne und schaute ausdruckslos auf seine Nichte. Dann verengte er das rechte Auge zu einem Schlitz, doch als nach fünf Sekunden immer noch alles still blieb, drehte er sich mit einem sanften Lächeln zurück in den Flur.
Sein eigenes Zimmer war klein, maß nur drei mal zwei Meter. Die Eingangstür war an der schmalen Seite. Gegenüber vor dem Fenster befand sich das Bett, an der rechten Wand ein Kleiderschrank, an der linken eine Kommode und ein kleines Hängeregal, sowie ein Stuhl. Alle Möbel waren schon älter und abgenutzt.
Während Frank zum Bett ging, zog er sich Jacke und Sweatshirt aus und legte beides über den Stuhl. Dann setzte er sich auf das Bett, stellte die Wasserflasche auf die Kommode und zog sich gänzlich aus. Alle Sachen legte er ebenfalls über den Stuhl, seine Schuhe stellte er darunter. Dann kramte er eine lange Pyjamahose unter der Bettdecke hervor und zog sie an. Bevor er sich ausstreckte, trank er die Wasserflasche aus.
Zu alldem brauchte er kein Licht, der Mond reichte hierzu vollkommen aus.
Frank legte sich auf den Rücken und zog sich die Bettdecke bis an sein Kinn. Dann atmete er tief ein und schloss beim Ausatmen die Augen. Er war so erschöpft, dass sich in seinem Kopf keine Gedanken herumtrieben. Er würde keine Probleme haben, einzuschlafen.
Keine zwei Minuten später wurde die angelehnte Zimmertür leise und nur einen kleinen Spalt weit aufgedrückt. Ein Schatten schob sich in den Raum und der Spalt wurde wieder geschlossen.
Frank registrierte das, doch als nur wenige Augenblicke später ganz leise Schlurfgeräusche auf dem Teppichboden zu hören waren, entspannte er sich wieder und ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. Er hatte sich also nicht geirrt. Theresa hatte ihn auch dieses Mal bemerkt - natürlich. Eigentlich war das auch witzig, denn egal, wie tief sie schlief, sobald Frank die Wohnungstür öffnete, wurde sie wach. Es war, als besäße sie spezielle Antennen hierfür. Seine Nichte erreichte das Bett, schlüpfte ohne zu zögern unter die Decke und drehte sich auf die linke Seite, sodass sie mit dem Rücken zu Frank lag.
Palmer wartete einen Augenblick, dann drehte er sich ebenfalls auf die linke Seite. Während er seinen linken Arm unter das Kopfkissen schob, legte er den rechten Arm über Theresa. Dabei konnte er fühlen, dass sie - wie immer - ihren großen Stoffesel in den Armen hielt. Außerdem konnte er spüren, dass sie nur flach atmete und nicht entspannt lag.
Daraufhin gab er ihr einen Kuss auf den Hinterkopf. Schon im nächsten Augenblick atmete seine Nichte tief durch, ihr Körper entspannte sichtlich und sie kuschelte sich an ihn.
Mit einem Lächeln auf den Lippen schliefen beide schließlich schnell ein.