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Stadt, Land und dazwischen Cities

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New York, Chicago, Los Angeles … die Wolkenkratzer sind gigantisch und faszinierend. Ihre Architektur wird bestaunt, und Touristen aus dem In- und Ausland wollen wenigstens einmal im Leben ihre Höhe erfühlen und von oben auf die kleine Welt blicken.

Doch die amerikanischen Großstädte sind mehr als nur beeindruckende Hochhäuser. Generell ziehen sie Leute an, die eine gewisse Aufregung und Hektik mögen, an kulturellen und kulinarischen Events interessiert sind und ihren Arbeitsort schneller erreichen möchten. Dafür müssen sie bereit sein, für kleine Wohnflächen viel bis sehr viel Geld auszugeben, um auch dann immer noch nicht in einem Palast zu leben (was Film und Fernsehen einem vorgaukeln, ist eine Welt, die so nie existierte). Um sich in den Zentren der Großstädte eine anständige Wohnung leisten zu können, muss man sehr viel verdienen oder bereit sein, sich das Apartment mit mehreren »roommates« (und vielleicht auch Mitbewohnern wie Kakerlaken) zu teilen.

Je höher die Nachfrage, umso schneller verliert der Vermieter die Scheu, die Mieten – klassisch kapitalistisch – der Höhe der Wolkenkratzer anzupassen. Dadurch werden die Menschen aus ihren Wohnungen und Ladenbesitzer aus ihren Läden hinausgedrängt. Nicht selten verschwinden gut besuchte und erschwingliche Cafés, Restaurants und Kleingewerbe. Ersetzt werden sie durch Büroräumlichkeiten; Real Estate Offices öffnen nun an jeder Ecke. Die Straßen aber haben Lebendigkeit und Charme verloren.

Diejenigen (meist junge Leute), die immer noch nicht bereit sind, die Stadt zu verlassen und in die Suburbs oder aufs Land zu ziehen, wandern nun in ärmere »Neighborhoods« ab. Diese gelten wegen der höheren Kriminalität als gefährlich(er), jedoch sind dort die Wohnungsmieten noch erschwinglich. Künstler wagen oftmals als Erste diesen Schritt und beziehen dort ihre Ateliers. Anfangs findet eine Durchmischung von Eingesessenen und Neuankömmlingen statt. Die einziehenden Pioniere nützen die Möglichkeit, die Wohnungen ein wenig zu renovieren, alte Häuser wieder instand zu setzen und das Straßenbild dadurch etwas aufzufrischen.

Hat ein bestimmtes Viertel dann den Ruf, »sicherer« als andere zu sein, sind Investoren nicht mehr weit. Alte Häuser werden abgerissen und neue Wohnblöcke gebaut oder ganze Wohnzeilen komplett renoviert. Ein cooles Restaurant öffnet seine Türen, die Besucher kommen mit dem Auto (valet parking – auf keinen Fall in dieser Umgebung zu Fuß gehen!) oder mit dem Taxi angefahren und genießen heimlich den leichten Adrenalinkick. Während sie sich am kreativen Dinner gütlich tun, freuen sie sich schon darauf, wie sie ihren Nachbarn in den Suburbs voller Stolz erzählen werden, wo sie gespeist haben.

Nach Drehbuch wandelt sich die Gegend nun in ein Trendquartier: Coole Coffeeshops mit zertifizierten biologischen Fairtrade Kaffeebohnen und glutenfreien Muffins, Imbissstuben mit veganen Lunchangeboten, Smoothie Bars mit gesunden Gemüsesäften und CBD Shots, Boutiquen mit Kleidern von einheimischen Jung-Designern, Yogastudios und Galerien breiten sich aus und beleben die Straßen.

Anfänglich kann es auch nur eine einzige Straße sein, die im Schnellzugstempo »hip« geworden ist, während es rundherum weiterhin notdürftig aussieht. Meistens marschiert die Gentrifizierung aber schnell voran und das ehemals latent gefährliche, eher ärmliche Quartier wird komplett umgekrempelt. Die Mieten steigen, die ursprünglichen Bewohner des Quartiers können nicht mehr mithalten und werden hinausgedrängt. Die Baufirmen kaufen das umliegende Brachland hinzu und lassen dort Luxuswohnungen wie Pilze aus dem Boden schießen.

Sieht man sich die Wahlresultate der letzten Jahre an, ist es offensichtlich, dass in den meisten amerikanischen Städten demokratisch gewählt wird. Auch wenn ein Staat »red« ist, also republikanisch, können seine Großstädte trotzdem sehr »blue«, also demokratisch und »liberal« sein. Sogar im klassisch konservativen, republikanischen Staat Texas mit allen entsprechenden Stereotypen (Cowboys, Waffen, Football, Kirchen, große Rindersteaks) sind Städte wie Houston, Dallas und Austin demokratisch.

Die Einwohner der U.S.-Städte sind jung (Durchschnittsalter unter 35 Jahren), und ihre Bedürfnisse sind dementsprechend: Cafés, Bars, Restaurants, Clubs, innovative Sportmöglichkeiten, Parks, Wochenmärkte. Sehr viele der politisch Interessierten sind Anhänger von Bernie Sanders und zweifeln den Climate Change bestimmt nicht an. Sie sind gesellschaftlich offen und haben keine Probleme, in guter Nachbarschaft mit Andersdenkenden und Menschen mit einem anderen sozioökonomischen Hintergrund zu leben.

Als Europäer geht man davon aus, dass eine Stadt einen klaren Stadtkern hat. Viele amerikanische Städte mögen zwar vom Downtown sprechen, doch heutzutage lässt sich dieser Ausdruck im besten Fall als »Anhäufung von Hochhäusern mit unzähligen Büros« übersetzen. Demzufolge sind heute die meisten Downtowns übers Wochenende ausgestorben. Eine amerikanische Stadt wurde eben ganz anders (und viel später) gebaut als ihre europäischen Counterparts. Monumente, Kathedralen, Kulturdenkmäler, also Sehenswürdigkeiten, die typischerweise eine Innenstadt ausmachen (und die man nicht einfach irgendwohin verschieben kann), haben es gar nie bis in die USA geschafft.

Historisch gesehen konnten sich die Städte dank riesiger Landreserven in alle Himmelsrichtungen ausbreiten. Spätestens mit dem Aufkommen des Autos und dem Verschwinden der noch existierenden Tramlinien und Züge zogen die Leute von den Stadtzentren an die Peripherie oder gar in die Suburbs hinaus. Durch dieses als »urban sprawl« bezeichnete Phänomen wurden die Städte zu »Metropolitan Areas«, riesigen Agglomerationen. Anstelle eines Stadtkerns entstanden mehrere kleinere Zentrums-Inseln, die teilweise weit voneinander entfernt liegen und oftmals durch »Niemandsland« oder verwahrloste Quartiere voneinander getrennt sind.

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