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2. Ergebnis persönlicher Schöpfung

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Das Werk muss eine persönliche Schöpfung, also eine persönliche Leistung darstellen. Das bedeutet, dass das Werk auf der gestalterischen Tätigkeit eines Menschen, einer natürlichen Person, beruhen muss. Auf Zufall oder auf Fauna oder Flora zurückgehende Gestaltungsformen sind keine menschlich-gestalterischen Tätigkeiten und daher keine persönlichen Schöpfungen. Daher sind keine persönlichen Schöpfungen etwa:

Beispiele:

- Eine in der Natur gefundene Wurzel, die bizarre Formen aufweist.
- Ein abstraktes „Gemälde“ eines Schimpansen oder ein solches, das durch die Schwanzbewegungen einer Kuh entstand, wobei man an deren Schwanz, unter den man Farbtöpfe gestellt, einen Pinsel gebunden hatte.

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Der Zentralbegriff von § 2 II UrhG ist das Merkmal Schöpfung. Diese ist Ausdruck der Individualität des menschlichen Gestalters. Individualität ist ein Kernbegriff des Urheberrechts.

Die Formulierung „nur … Schöpfung“ zeigt, dass dem Urheberrechtsschutz Alltägliches, rein handwerksmäßige oder routinemäßige Leistungen nicht zugänglich sind. Hier ermangelt es der Individualität. Derartige Fälle liegen unterhalb der Grenze der Urheberrechtsschutzfähigkeit.

Gerade noch etwas oberhalb dieser Untergrenze liegen die Fälle der sog. Kleinen Münze des Urheberrechts. Dies sind die Werke, die mit geringer Individualität gerade noch einen zu tolerierenden Grad an Schöpfungshöhe aufweisen. Schöpfungshöhe, man spricht häufig auch von Gestaltungshöhe, ist ein bedeutsames Kriterium um zu bestimmen, ob Werkcharakter gegeben ist und damit Urheberrechtsschutz besteht.

Schärfen wir unseren Blick für diese Problematik bezüglich der Werkuntergrenze am Beispiel der Werkart Sprachwerk: Nehmen wir einen zeitgenössischen Roman, etwa „Tod eines Kritikers“ von Martin Walser. Es dürfte wohl kaum jemand daran zweifeln, dass diesem Buch ein hohes Maß an Individualität und Gestaltungshöhe zukommt, und somit ein Urheberrecht besteht. – Setzen wir den Gegenpol: „Heute regnet es den ganzen Tag“. Dies ist ein banaler Satz mit dem Inhalt einer tatsächlichen Begebenheit. Dass dieser Satz mangels Individualität und Schöpfungshöhe als unterhalb der, Untergrenze der Urheberrechtsschutzfähigkeit liegend zu bewerten ist, dürfte wohl kaum in Frage gestellt werden. – Wie steht es aber mit der Karl-Valentin-Sentenz „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut“? Der Wertung, dass dem Valentin-Satz ein wesentlich höheres Maß an Individualität und Gestaltungshöhe zukommt als dem obigen „Regenwetter-Satz“ ist wohl kaum zu widersprechen. Auch Gerichte haben bestätigt, dass der Valentin-Satz als oberhalb der Untergrenze der Urheberrechtschutzfähigkeit liegend anzusiedeln ist. Dementsprechend wurde diesem schöpferisch formulierten Satz Urheberechtschutz zugebilligt.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine gestalterische Leistung deutlich über, oder gerade noch so über (Kleine Münze), oder unterhalb der Untergrenze des Urheberrechtschutzes liegend zu bewerten ist, ist auf die Auffassung der für die jeweils betroffene Werkart empfänglichen und mit dieser Werkart einigermaßen vertrauten Kreise abzustellen.

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Die Grenzziehung ist hier im Einzelfall oft recht schwierig. Der Richter, der nicht an starre Regeln gebunden ist, hat ein breites Spektrum an Bewertungsfreiheit. Für die Parteien eines Prozesses wegen einer Urheberrechtsverletzung bedeutet dies: Es ist häufig schwer zu prognostizieren, ob das Gericht die erforderliche Individualität und Schöpfungshöhe und damit die Existenz eines Urheberrechtes als gegeben ansieht. Das Prozessrisiko ist hier oft beträchtlich.

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

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