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aa) Allgemeines

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§ 15 UrhG ordnet dem Urheber ein allgemeines Verwertungsrecht zu. Dieses ist als ausschließliches Recht ausgestaltet, wirkt mithin gegenüber jedermann. Diesem Gesamtverwertungsrecht „entspringen“ die einzelnen besonderen Verwertungsrechte, die in § 15 I und II UrhG aufgezählt sind. Sie sind Ausschnitte aus dem umfassenden allgemeinen Verwertungsrecht. Der Katalog der einzelnen Verwertungsrechte ist nicht abschließend, sondern zählt nur beispielhaft die Verwertungsarten auf, die sich bis heute herausgebildet haben. Zukünftigen Verwertungsarten ist damit die Anerkennung nicht abgeschnitten; auch sie werden den Schutz genießen, der sich aus dem Gesamtverwertungsrecht ergibt.

§ 15 UrhG unterscheidet die Verwertung des Rechts in körperlicher und in unkörperlicher Form. Bei der körperlichen Form geht es um die Verwertungsarten, die das Original und die Vervielfältigungsstücke betreffen.

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Zu bemerken ist, dass die Urheber häufig nicht selbst in der Lage sind, ihre Werke der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Sie bedürfen hierzu eines Vermittlers.

Beispiel:

Der Autor eines Romans wird selten Druck und Verbreitung seines Buches selbst durchführen können. Er bedient sich hierzu eines Verlages. Dieser übernimmt die Vermittlung zwischen dem Werkschaffenden und den Werkgenießenden, den Lesern, durch Druck und Vertrieb.

In dieser Mittlerstellung entstand ein nicht unbedeutender Wirtschaftszweig, den man häufig als Kulturwirtschaft bezeichnet. Hierzu gehören insbesondere:

- Verlage
- Rundfunk- und Fernsehgesellschaften
- Theater- und Konzertveranstalter
- Filmproduzenten
- Mechanische Industrie
- Bestimmte Hersteller von künstlerischen Gegenständen des täglichen Gebrauchs.

Die Verlage vervielfältigen und verbreiten Werke der Literatur und Tonkunst. Maßgebend ist hier das Gesetz über das Verlagsrecht.

Die Rundfunk- und Fernsehgesellschaften erwerben von den Urhebern das Senderecht und machen der Öffentlichkeit durch Ton- und Fernsehrundfunk die Werke zugänglich (§ 20 UrhG).

Die Theater- und Konzertveranstalter erwerben Aufführungsrechte und bieten die Werke öffentlich dar (§ 19 II UrhG).

Die Filmproduzenten erwerben die Verfilmungsrechte von den Urhebern des Romans, des Drehbuchs, der Filmmusik usw. Dies bedeutet, dass dem Produzenten im Zweifel das ausschließliche Recht eingeräumt wird, das Werk zur Herstellung eines Filmes zu benutzen und dann das Filmwerk auf alle Nutzungsarten zu nutzen (§ 88 I UrhG), etwa an Kinos zu verleihen.

Die mechanische Industrie erwirbt von den Urhebern die Vervielfältigungsrechte (§ 16 UrhG), überträgt die Werke insbesondere auf CDs, DVDs und Kassetten und vertreibt diese.

Viele Industriezweige stellen Gegenstände des täglichen Gebrauchs in künstlerischer Gestaltung her, etwa das „Kunstgewerbe“, die Schmuck-, Porzellan-, Keramik-, Lampen-, Textil- und Möbelindustrie. Wir wissen, dass es gerade hier oft sehr problematisch ist, ob überhaupt eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt.

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Eine gewisse Mittlerstellung nehmen auch die Verwertungsgesellschaften oder Wahrnehmungsgesellschaften ein. Da der Urheber sehr häufig die ihm nach §§ 15 ff. UrhG zustehenden Verwertungsrechte gar nicht in eigener Person wahrnehmen kann, ist die Bedeutung der Verwertungsgesellschaften sehr groß. Dies sind in der Regel juristische Personen, deren Zweck in der Wahrnehmung von urheberrechtlichen Befugnissen besteht, die ihnen von Urhebern übertragen worden sind. Dieses Rechtsgebiet wird geregelt durch das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten. Nach diesem Wahrnehmungsgesetz (WahrnG) bedürfen die Verwertungsgesellschaften der Erlaubnis des Patentamtes, (§ 1 WahrnG). Von den derzeit existierenden 13 Verwertungsgesellschaften seien einige wichtige genannt:

- GEMA = Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte; Mitglieder sind Komponisten, Textdichter und Musikverlage.
- Verwertungsgesellschaft (VG) WORT für Wortautoren und deren Verleger.
- Verwertungsgesellschaft (VG) BILD-KUNST; Mitglieder sind Urheber von Werken, die nach § 2 I Ziff. 4–7 UrhG geschützt sind.
- Im Bereich des Filmes haben sich mehrere Verwertungsgesellschaften konstituiert, nämlich die VG der Film- und Fernsehproduzenten (VFF) in München, die VG für Nutzungsrechte an Filmwerken (VGF) in Wiesbaden, die Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF) in München sowie die Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten (GÜFA) in Düsseldorf.
- Für ausübende Künstler und Produzenten von Bild- und Tonträgern gibt es die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) in Hamburg.

Von großer Bedeutung ist die Zentralstelle für private Überspielungsrechte, die ZPÜ. Deren Gesellschafter sind Verwertungsgesellschaften. Aufgabe der ZPÜ ist es, Vergütungsansprüche gegenüber Herstellern, Händlern und Importeuren von Geräten und Speichermedien (Leermedien), die zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke benutzt werden, geltend zu machen (vgl. Rn. 134) und an ihre Gesellschafter zu verteilen. Die ZPÜ ist die älteste und aus wirtschaftlicher Sicht die bedeutsamste Form der Zusammenarbeit deutscher Verwertungsgesellschaften. Die Geschäftsführung der ZPÜ liegt bei der GEMA. Neben der ZPÜ gibt es weitere Inkassostellen.

Um europaweit einheitliche Standards für Verwertungsgesellschaften zu schaffen, ist eine EU-Richtlinie vom Europäischen Parlament bereits verabschiedet und auf den Weg gebracht.

Die nach § 14 WahrnG eingerichtete und in die Organisation des DPMA eingebundene Schiedsstelle vermittelt bei Streitfällen, an denen eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist. Meist geht es um Streitigkeiten mit Nutzern urheberrechtlich geschützter Werke und Leistungen, etwa solche zwischen der GEMA und Sendeunternehmen, Tonträgerherstellern, Konzertveranstaltern sowie Diskothekenbetreibern. Die Schiedsstelle befasst sich auch mit Auseinandersetzungen zwischen Sendeunternehmen und Kabelnetzbetreibern. In den meisten Verfahren geht es darum, ob die von den Verwertungsgesellschaften aufgestellten Tarife im einzelnen Fall anwendbar und angemessen sind. Die Schiedsstelle strebt eine gütliche Einigung an. Gelingt dies nicht, so unterbreitet sie einen Einigungsvorschlag (§ 14a WahrnG). Wird diesem nicht schriftlich widersprochen, hat er eine ähnliche Wirkung wie ein Urteil. Gerichtliche Geltendmachung ist erst möglich, wenn ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist (§ 16 I WahrnG).

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Die Aufsicht über die urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften übt das Deutsche Patent- und Markenamt aus (§ 18 WahrnG).

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Keine Verwertungsgesellschaft ist die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), die im Auftrag der Filmbranche und der Entertainment-Software-Industrie arbeitet. Der GVU, mit Sitz in Berlin, in der Rechtsform eines e.V. betrieben, gehören über 80 Verbände und Unternehmen an. Da der – zum Teil heftig kritisierten – GVU in der Praxis beträchtliche Bedeutung zukommt, hierzu einige Anmerkungen: Aufgabe der GVU ist es, geistiges Eigentum zu schützen und die Verbreitung illegaler Kopien einzudämmen. Durch verdeckte Ermittlungen sollen Urheberrechtsverletzungen aufgedeckt werden, speziell im Internet. Erfolgreiche Ergebnisse dieser Ermittlungstätigkeit werden den Strafverfolgungsbehörden mitgeteilt. Daneben gilt die GVU – dies sei aber nur am Rande erwähnt – als Lobbyorganisation in Politik und Wirtschaft.

Hieraus ergibt sich für die Bedeutung des Urheberrechtes folgende Übersicht:

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

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