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Vierzehnter Januar

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Ich muss jeden Tag zur Arbeit. Da bin ich nicht der Einzige. Viele Menschen müssen zur Arbeit. Die meisten Menschen arbeiten von montags bis freitags. Einige Menschen arbeiten auch am Samstag. Nur ein kleiner Teil der Menschen muss auch am Sonntag oder an einem Feiertag ran.

Ich habe Glück. Ich muss nur montags bis freitags arbeiten. Acht Stunden am Tag. Ich muss also nur vierzig Stunden in der Woche arbeiten. Jemand, der am Samstag, Sonntag oder Feiertag arbeitet, hat öfters eine längere Arbeitswoche.

Beispielsweise sind Lokführer und Busfahrer nicht nur montags bis freitags auf der Arbeit, sondern auch am Wochenende und am Feiertag. Das ist auch gut so. Würden die Busfahrer nicht auch am Wochenende arbeiten, nur wenige würden von A nach B kommen. Viele haben kein Auto. Viele haben keinen Führerschein. Mehrere Kilometer zu Fuß zurückzulegen, ist nicht immer toll. Vor allem dann nicht, wenn es regnet oder schneit.

Zum Glück gibt es Lokführer. Ohne sie würde ich nicht zur Arbeit kommen. Nur dank ihnen schaffe ich es rechtzeitig zur Arbeit. Klar, ich könnte mit dem Auto fahren. Das ist aber nicht so entspannend wie mit der Bahn. Klar, die Bahn kommt öfters zu spät. Doch manchmal hat es auch etwas Gutes.

Als ich vor einer Woche mit der Bahn nach Hause fahren wollte, musste ich selbstverständlich am Bahnhof warten. Ich bin immer einige Minuten früher dort. Just in Time funktioniert noch nicht so. Die Bahn hatte auch prompt Verspätung. Doch im Winter ist das schon fast normal. Durch Schnee und Eis hatte meine Bahn öfters mal ein bis zwei Minuten Verspätung. Doch an diesem Tag war es mehr. Meine Bahn sollte knapp fünfzehn Minuten später einfahren. Doch das war gut so. Während ich auf die Bahn wartete, liefen vor und hinter mir einige Menschen. Kein Wunder: Kam doch gerade eine Bahn an, die den Bahnhof gleich wieder verlassen sollte. Ich beachtete die Menschen kaum. Erst als ich eine Engelsstimme vernahm, sah ich mich um.

Irgendjemand sang. Gut, es klang für mich und meinem Herzen so, als ob jemand singen würde. Tatsächlich redete nur eine Dame. Meine Blicke wanderten von rechts nach links. Ich drehte mich mehrere Male um. Wer sprach dort? Als ich die Dame sah, war es auch schon zu spät.

Ich konnte die Dame nur wenige Sekunden sehen. Doch es reichte meinem Herzen, sich in die Dame komplett zu verlieben. Ihre Stimme hatte es mir schon angetan. Ihr Äußeres gab meinem Herzen den Rest. Blöd nur, dass diese Dame in die Bahn einstieg, die jetzt gerade losfuhr. Sollte ich sie jemals wiedersehen?

Ich versuchte es. Eigentlich fuhr die erwähnte Bahn immer nach meiner. Sofern meine Bahn pünktlich war. In den nächsten Tagen war meine Bahn pünktlich. Trotzdem verpasste ich sie. Absichtlich. Ich wollte die Dame noch einmal sehen. Sie ansprechen. So war ich immer wie üblich am Bahnhof. Ich nahm aber erst den nächsten Zug.

Mehrere Tage lang hatte ich kein Glück. Die Dame tauchte nicht auf. Oder besser gesagt, ich sah und hörte sie nicht. Bei den Menschen, die am Bahnhof waren, war es auch gar nicht so leicht, diese Dame wiederzusehen. Ich wollte schon aufgeben, da sah ich sie.

Am siebenten Tag, an dem ich mit Absicht meine pünktliche Bahn verpasste, sah ich diese wundervolle Frau mit der engelsgleichen Stimme wieder. Ich ergriff meine Chance. Ich stieg in ihre Bahn ein. Ich sprach sie an. Ich fragte sie, ob ich sie etwas fragen könne. Sie sagte ja. Ich stellte die Frage und was antwortete sie?

Sie antwortete mit Ja. Wir trafen uns am folgenden Wochenende im Kino. Seit diesem Tag sahen wir uns jeden Tag. Wir wurden ein Paar. Ein Paar, dass auch noch nach dreizehn Jahren glücklich und verliebt ist. Und wenn nichts dazwischen kommen sollte, so werden wir auch noch zweisam sein, wenn wir alt und grau sind, bis dass der Tod uns scheidet.

Erzählen-AG: 366 Geschichten

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