Читать книгу 101 Dinge, die man über Dampfloks wissen muss - Andreas Knipping - Страница 19
Оглавление14
Schnaufen? Fauchen?
Versuch einer verbalen Hörschule
Natürlich gibt es keine »Lügenpresse«. Ein tatsächliches Medienproblem ist die gut gemeinte, aber in Detail oder Begriffswahl oftmals unscharfe Annäherung an alltägliche Sachverhalte. Der auf der Museumsbahn wie auch in historischen Filmen durchaus noch hörbaren Dampflokomotive werden Lautmalereien untergejubelt, die mit ihrer tatsächlichen Akustik wenig zu tun haben. Wenn sie abfährt und beschleunigt, ist das Grundgeräusch kein »Schnaufen«, sondern ein ansteigender rhythmischer Trommelwirbel von vier Auspuffschlägen pro Radumdrehung aus Blasrohr und Schornstein. Zu einem Stakkato steigert er sich, wenn die Maschine auf Regennässe oder Ölfilm ins »Schleudern« gerät, die Treibräder also auf der Schiene durchdrehen. Das sollte zur Schonung des Triebwerks vermieden oder schleunigst beendet werden.
Zischen bei der Anfahrt, pfeifen bei Gefahr
Ein zischendes Nebengeräusch entsteht, wenn der Lokführer für die Anfahrt die Zylinderhähne öffnet, um das an der Basis der Zylinder angesammelte Kondenswasser abzulassen. Nach dem Schließen der Hähne hören wir aber wieder die ungestörte und auf der freien Strecke gleichmäßig schnurrende Folge der Auspuffschläge. Sobald der Lokführer bei Annäherung an eine Station oder in einem Gefälle den Regler schließt, entfällt das Maschinengeräusch, und man hört nur noch das Rollen des Fahrzeugs.
Nicht zum Spaß fürs Publikum ist die selten bediente Pfeife bestimmt. Und wenn Sie in der weiteren und engeren Fachwelt nicht jede Anerkennung verlieren wollen, dann nennen Sie bitte deren Ton einen Pfiff und überlassen das »Hupen« den Autos und das »Tuten« den Schiffen.
Ruhiges Atmen, lautes Niesen
Der auf dem Bahnsteig wandelnde oder stehende Fahrgast oder der Besucher im Lokschuppen hört im Übrigen die Arbeitslaute der Luft- und der Speisepumpe mit mehr oder weniger häufigen Kolbenschlägen und gemächlichen Ansauggeräuschen. Diese »Atmung« gehört zu den Phänomenen, mit denen uns die Dampflokomotive im Ruhezustand an ein im Schlaf seufzendes Tier erinnert. Einen wahren Kanonenschlag hält die Lok zum allseitigen Schrecken bereit, nämlich das Anspringen des Sicherheitsventils, wenn es sich um die Bauart »Ackermann« handelt.
Über dem Steinkohletagebau von Sandaoling in China hörte man am 13. Januar 2014 kein Schnaufen oder Fauchen oder Zischen, sondern den scharf akzentuierten Auspuffschlag einer 1'E1'.