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Die alten Farben

Grün und Glanzmetall

Für die maschinellen Qualitäten der Dampflokomotive war ihre äußere Erscheinung unmaßgeblich. Aber für ein Königreich Bayern oder Württemberg oder eine Aktiengesellschaft war jede neue Lokomotive ein teures Investitionsgut, das die leitenden Herren mit einem repräsentativen Erscheinungsbild vorführen wollten. Ohne zwingende Gründe bevorzugten fast alle kontinentaleuropäischen Staats- und Privatbahnen eine Lackierung in Grün. In Kombination mit roten oder gelben Zierstreifen, blankem Messing, ölig glänzendem Stahl und der tiefen Schwärze von Rauchkammer und Schornstein ergaben sich attraktive Gestaltungen.

Museums- und Modelleisenbahner bemühen sich um den jeweils genau »richtigen« Grünton für die Lokomotiven von vor 1914 – und finden den bunten Stein der Weisen nicht. Wir müssen uns vor die farbkritischen Augen führen, dass es seinerzeit noch keine Normen für mineralische und organische Bestandteile von Lackfarben gab. So konnte innerhalb derselben Baureihe eine Serie mit hellem Froschgrün und die nächste mit dunklem Moosgrün das Herstellerwerk verlassen. Noch heute nicht endgültig überwunden und erst recht damals relevant war die mangelnde Alterungsbeständigkeit der Farben. Sonne, Regen, Korrosion, Hitze, Ruß und Schmieröl variierten den anfangs reinen Ton zu Varianten zwischen Grau-Grün, Oliv, Braun und fast Schwarz. Erinnerungen von Zeitzeugen konnten trügerisch sein, weil Spiegelungen aus der Umgebung verschiedenste Effekte erzeugen konnten.


Fahrwerk rot, Zylinder, Langkessel, Führerhaus und Tender grün, Rauchkammer schwarz: Preußische Norm hier am Beispiel einer S 102 von Hanomag aus dem Jahr 1914


Die künstlerische Impression der in die Glanzzeit vor dem Ersten Weltkrieg fahrenden S 3/6 enthält einen fachlichen Fehler: Bei den bayerischen Staatsbahnloks waren auch die Räder grün.


Keine Extravaganzen!

Eigentlich hätte man ja herausragende Schnellläufer auch einmal mit blauem oder weinrotem Lack veredeln können. Aber eine in Deutschland herrschende Mentalität siedelte das Eisenbahnwesen zu Kaisers Zeiten in der Nähe militärischer Strenge an und verwahrte sich gegen »Spielereien«. So fuhren denn die grünen Lokomotiven der Länderbahnen in den Ersten Weltkrieg und kehrten mit verblichener Pracht in die (feld-)graue Niederlage zurück.

101 Dinge, die man über Dampfloks wissen muss

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