Читать книгу 101 Dinge, die man über Dampfloks wissen muss - Andreas Knipping - Страница 24
19 Schwerer Maschinenbau
ОглавлениеDie großen Organe
Rückgrat der Lok ist der Rahmen, wahlweise aus starkem Blech geschnitten oder in ganzer Länge geschmiedet. An ihm hängt die Identität der Lokomotive. Man konnte Kessel, Radsätze, Zylinder usw. vielfach austauschen, doch mit dem beispielsweise von Borsig 1932 unter der Fabriknummer 14415 gefertigten Rahmen blieb das wechselnd konfigurierte Fahrzeug über mehr als vier Jahrzehnte immer die 03 071. Der Rahmen mit seinen beiden mehrfach querversteiften Wangen ruht per Ausgleichshebeln und Blattfedern auf den Radsätzen, die aus Achswellen und gegossenen Rädern bestehen, die wiederum von geschmiedeten Radreifen umschlossen sind. Auf den Rahmen gebaut ist der Kessel, vorne fest mit ihm verbunden, nach hinten wegen der wärmebedingten Längenausdehnung etwas verschiebbar. Beiderseits des Rahmens sehen wir vorne die mächtigen Stahlgusskörper mit den für die Dampfverteilung maßgeblichen Schieberkästen in der oberen und den Zylindern in der unteren Hälfte. Aus der Stopfbuchse des Zylinderdeckels ragt die Kolbenstange. Für ihre exakt waagerechte Führung sorgt der markante Kreuzkopf. Die Treib- oder Pleuelstange verwandelt die Hin- und Herbewegung der Kolbenstange in die Rotation des Rades. Vom Treibrad abgeleitet bewirkt das faszinierende Gestänge der Steuerung die Hin- und Herbewegung des Schiebers im Schieberkasten.
Räder als Füße, Rahmen als Wirbelsäule, Kessel als Lunge: Anatomie der Dampflok!
Die Verteilung der Arbeitsplätze auf der Lok unterlag gegensätzlichen nationalen Traditionen. In Deutschland und Österreich stand und saß der Lokführer rechts, in Frankreich und Großbritannien links. Bei deutschen Loks, die infolge des Ersten Weltkriegs nach Frankreich kamen, wurde die Steuerung auf die linke Seite verlegt. Ergonomisch ist der Platz auf der linken Seite für den (rechtshändigen) Heizer günstiger.