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3. Teil Klausurteil › Fall 2 Versandhandel mit Medikamenten

Fall 2 Versandhandel mit Medikamenten

Inhaltsverzeichnis

Vorüberlegungen

Gliederung

Musterlösung

Wiederholung und Vertiefung

Pflichtfach/Schwerpunktbereich, Schwierigkeitsgrad: mittel

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Teil 1

Ausgangsfall

In Mitgliedstaat D ist der Handel mit Arzneimitteln bisher weitgehend Apotheken in festen Verkaufseinrichtungen vorbehalten. Damit will der Gesetzgeber vor allem die Gesundheit der Verbraucher schützen. Seit einigen Jahren bietet nun die Internet-Apotheke A aus Mitgliedstaat E Medikamente im Internet auch für Kunden in D an. Es handelt sich sowohl um rezeptpflichtige als auch nicht rezeptpflichtige Medikamente, die auf Bestellung an Verbraucher in D versandt werden.

Der Apothekerverband von D sieht in diesem grenzüberschreitenden Versandhandel einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz. Dort ist normiert, dass Arzneimittel berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden dürfen. Das Verbot des Versandhandels erstreckt sich auf rezeptpflichtige und nicht rezeptpflichtige Arzneimittel. Weil A gegen dieses Verbot verstoße, erstrebt der Apothekerverband vor dem zuständigen Landgericht die Untersagung des Anbietens von Arzneimitteln im Internet sowie von deren Abgabe im grenzüberschreitenden Versandhandel.

A ist demgegenüber der Ansicht, die entsprechende Vorschrift des Arzneimittelgesetzes sei unionsrechtswidrig und damit nicht anwendbar. Zumindest bei nicht rezeptpflichtigen Medikamenten könne ein Verbot des Versandhandels nicht gerechtfertigt werden. Der Apothekerverband verweist auf Zwecke des Gesundheitsschutzes. Das Landgericht setzt das Verfahren aus und ruft im zulässigen Vorabentscheidungsverfahren den Gerichtshof an.

Wie wird dieser entscheiden? Formulieren Sie zunächst eine entsprechende Vorlagefrage an den Gerichtshof. Gehen Sie dabei davon aus, dass es kein einschlägiges Sekundärrecht zum möglichen Verbot des Versandhandels gibt.

Abwandlung:

Gehen Sie davon aus, dass D trotz eines die Unionsrechtswidrigkeit feststellenden Urteils des EuGH das Arzneimittelgesetz in der streitigen Fassung zunächst beibehält und auch keine Ausnahmeregelung vorsieht. Das letztinstanzliche Gericht in D hält sich für an das Gesetz gebunden und untersagt A den Arzneimittelvertrieb über das Internet. Dadurch entsteht A ein Schaden in Höhe von 50 000 €.

Kann sie diesen wegen des Verhaltens des Gerichts ersetzt verlangen? Wenden Sie deutsches Recht an, soweit es auf nationale Vorschriften ankommt.

Teil 2

Mittlerweile hat Mitgliedstaat D das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten aufgehoben. Das Arzneimittelgesetz in D sieht aber nunmehr vor, dass verschreibungspflichtige Medikamente generell einer Preisbindung im Inland unterliegen. Dies gilt sowohl für Medikamente, die über stationäre Apotheken vertrieben werden, als auch solche, die der Versandhandel verkauft. Erfasst werden inländische und ausländische Medikamente gleichermaßen.

X, eine Selbsthilfeorganisation für Parkinsonkranke, stellt ihren Mitgliedern ein Bonussystem vor, das erhebliche Preisnachlässe für verschreibungspflichtige Medikamente vorsieht, wenn diese über die in Mitgliedstaat N ansässige Versandapotheke Y bezogen werden. Auf eine Unterlassungsklage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. (ZBUW) untersagte das erstinstanzliche Landgericht, das Bonussystem weiterhin zu bewerben. Das hiergegen angerufene Oberlandesgericht hat Zweifel, ob die angesprochenen Regelungen des Arzneimittelgesetzes mit Europarecht vereinbar sind, und beschließt, dem Europäischen Gerichtshof die Sache zur Vorabentscheidung vorzulegen. Es legt dem EuGH im zulässigen Vorlegeverfahren folgende Fragen vor:

1. Ist Art. 34 AEUV dahin auszulegen, dass eine durch nationales Recht angeordnete Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eine Maßnahme gleicher Wirkung i.S.v. Art. 34 AEUV darstellt?

2. Sollte der Gerichtshof die Frage zu Nr. 1 bejahen: Ist die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gem. Art. 36 AEUV zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt, wenn nur durch sie eine gleichmäßige und flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, gewährleistet wird?

Wie wird der EuGH über diese Vorlagefragen entscheiden? Gehen Sie dabei ebenfalls davon aus, dass es insoweit kein einschlägiges Sekundärrecht gibt.

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