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V. Verkaufsmodalität
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Bei den Regelungen des Arzneimittelgesetzes könnte es sich allerdings um bloße Verkaufsmodalitäten handeln. Verkaufsmodalitäten werden unter bestimmten Voraussetzungen nicht als Maßnahmen gleicher Wirkung angesehen und vom Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit ausgenommen. Die Unterscheidung zwischen produktbezogenen Regelungen und vertriebsbezogenen Verkaufsmodalitäten nimmt der EuGH seit seinem Keck-Urteil vor[5]. Liegt eine Verkaufsmodalität vor, so ist weiter zu prüfen, ob diese unterschiedslos gilt und inländische wie ausländische Erzeugnisse rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berührt.
Das Vertriebsverbot des Arzneimittelgesetzes gilt für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, inländische wie ausländische, gleichermaßen. Zu prüfen ist also, ob das Verbot inländische und ausländische Erzeugnisse in gleicher Weise berührt. Der EuGH führt in seiner ersten DocMorris-Entscheidung[6] aus, ein Verbot des Versandhandels beeinträchtige ausländische Apotheker stärker als im Inland ansässige. Auch wenn das Verbot auch inländischen Apothekern einen Vertriebsweg abschneide, seien ausländische Apotheker von ihm doch stärker betroffen, weil der Vertrieb über das Internet für sie oft alternativlos sei, um auf dem Markt des anderen Mitgliedstaates Fuß zu fassen. Anders als inländische Apotheken könnten sie nämlich nicht auf eine feste Verkaufseinrichtung zurückgreifen. Damit sei potentiell der Marktzugang für Waren aus anderen Mitgliedstaaten behindert.
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In der Literatur wird dieses Vorgehen des EuGH teilweise kritisiert, weil es zu schwer handhabbaren Wertungsproblemen führe. Es wird stattdessen vorgeschlagen, die Grundfreiheiten wieder mehr als Diskriminierungsverbote anzuwenden und so zu klar handhabbaren Vergleichsgruppen zu gelangen[7]. Nach dieser Auffassung wäre die weite Dassonville-Formel aufzugeben, einer Einschränkung im Rahmen von Keck bedürfte es nicht mehr. Vorliegend wäre zu prüfen, ob ausländische Waren gegenüber inländischen diskriminiert werden. Es wäre zu klären, welche Art der Diskriminierung im Rahmen von Art. 34 AEUV ausreichend ist.
Diese Überlegung zeigt bereits, dass auch eine Auslegung der Warenverkehrsfreiheit als bloßes Diskriminierungsverbot mit dogmatischen Abgrenzungsproblemen verbunden ist. Überdies stellte eine einschränkende Auslegung der Grundfreiheiten einen gravierenden Rückschritt im integrativen Prozess der Rspr. dar. Ob das Weniger an Marktfreiheit durch ein Mehr an dogmatischer Klarheit aufgewogen würde, erscheint fraglich. Vor diesem Hintergrund ist dem EuGH weiterhin zu folgen[8]. Somit liegt hier eine relevante Maßnahme gleicher Wirkung vor.
Zum gleichen Ergebnis kommt man auch mit dem sog. Drei-Stufen-Test, mit dem der EuGH in der jüngeren Rspr. seit der grundlegenden „Kradanhänger“-Entscheidung von 2009[9] prüft, ob es sich um eine „Maßnahme gleicher Wirkung“ handelt. Allerdings sind bisher sowohl dessen Verhältnis zur Dassonville-Formel und zur Keck-Rspr. als auch die Anforderungen der dritten Stufe nicht abschließend geklärt[10]. Beim Drei-Stufen-Test fragt der EuGH, ob (1) durch die Maßnahme bezweckt oder bewirkt wird, Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten weniger günstig zu behandeln, (2) Hemmnisse für den freien Warenverkehr bestehen, die sich daraus ergeben, dass Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften entsprechen müssen, selbst wenn diese Vorschriften unterschiedslos für alle Erzeugnisse gelten, oder (3) durch die Maßnahme der Zugang zum Markt eines Mitgliedstaats für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten behindert wird. Damit wurde das Kriterium der Behinderung des Marktzugangs explizit zu einem Leitprinzip von Art. 34 AEUV[11]. Das Verbot des Vertriebs von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels enthält den Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten eine besonders effiziente Modalität für den Vertrieb dieser Waren vor und behindert so deren Zugang zum Markt des betroffenen Mitgliedstaats erheblich[12].