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B. Anspruchsgrundlage

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Problematisch ist allerdings, welche Anspruchsgrundlage für einen solchen Schadensersatzanspruch in Betracht kommt. Denkbar ist ein Amtshaftungsanspruch gem. § 839 BGB/Art. 34 GG, aber auch eine eigenständige unionsrechtliche Anspruchsgrundlage im Rahmen allgemeiner Rechtsgrundsätze. Der BGH hat die Auffassung vertreten, dass in Fällen mit Unionsrechtsbezug ein genuin europarechtlicher Anspruch neben das innerstaatliche Recht trete[26]. Demgegenüber wird in der Literatur angenommen, Ausgangspunkt sei das nationale Recht, das durch das Unionsrecht modifiziert werde[27]. All diejenigen nationalen Anspruchsvoraussetzungen, die die Durchsetzung des Unionsrechts unmöglich machen oder eine Diskriminierung von Fällen mit Auslandsbezug bewirken, müssten demnach außer Anwendung bleiben oder unionsrechtskonform modifiziert werden.

Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug. Sie ermöglicht zum einen die Integration der unionsrechtlichen Vorgaben in das nationale Recht, belässt aber zum anderen den Mitgliedstaaten einen Spielraum zur Ausgestaltung des Anspruchs im Rahmen ihres eigenständigen Haftungsregimes.

Grundlage der Haftung ist also zunächst ein Amtshaftungsanspruch gem. § 839 BGB/Art. 34 GG, der im Lichte der Vorgaben des Unionsrechts angepasst werden muss. Insbesondere muss ein Anspruch bei Vorliegen folgender Voraussetzungen gewährt werden, die in das deutsche Recht zu integrieren sind[28]:

1. Die verletzte Rechtsnorm des Unionsrechts bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen,
2. der Verstoß des Mitgliedstaats gegen das Unionsrecht ist „hinreichend qualifiziert“, und
3. zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem der geschädigten Person entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Zusammenhang (Kausalität).

Wie sich der Bearbeiter mit Blick auf die Anspruchsgrundlage entscheidet, ist nicht erheblich. Die Lösung muss nur konsequent sein. Wer der Gegenauffassung folgt, muss die genannten drei Voraussetzungen neben dem deutschen Amtshaftungsanspruch im Rahmen einer eigenständigen europarechtlichen Anspruchsgrundlage prüfen.

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