Читать книгу Blut fließt auf der Wall Street - Annette Meyers - Страница 10

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Sigourney Weaver und Robert de Niro standen beim Eingang zum Margaret Mead Green, die Köpfe geneigt, um die Anweisungen einer kleinen, schlanken Frau in Jeans zu hören, deren Gesicht beinahe in einer Masse roter Locken verschwand.

Was zum Teufel ist nur mit dir los? Es würde noch so weit kommen, daß sie Leichen unter Salatblättern entdeckte. Jeder Idiot hätte sehen können, daß die Leiche unter dem Baum ein Schauspieler war. Wie kam sie überhaupt auf die Idee, Brian sei tot? Es war das verdammte Medium, zu dem Smith sie vor drei Wochen geschickt hatte. Genau, das war es. Judith hatte sie verrückt gemacht. Blut auf der Straße, um Gottes willen.

Genug davon. Sie blieb vor der Buchhandlung Endicott Booksellers stehen, um sich die Schaufensterauslage anzusehen, die ein überdimensionales Bild der Kriminalschriftstellerin Sara Paretsky und sämtliche Bücher, gebundene und Taschenbücher, um die hartnäckige Privatdetektivin V. I. Warshawski zeigte. Wetzon hatte sie alle verschlungen. Ein Plakat im Schaufenster kündigte an, daß Paretsky in der ersten Novemberwoche bei Endicott aus ihrem letzten Buch lesen würde. Sie nahm sich vor, es in ihren Kalender zu schreiben.

Eine durchscheinende Kugel zerplatzte auf ihrem Gesicht, und eine andere schwebte vorbei und noch eine, als der Wind drehte und der vor Penny Whistle Toys sitzende Bär automatisch Seifenblasen auf die Menschen in der Columbus Avenue blies. Zwei Kinder in Sportwagen reckten Fäustlinge hoch und versuchten, die Blasen zu fangen, als ihre Mütter stehenblieben, um sich zu unterhalten.

Das Tageslicht ließ rasch nach, und die Straßenbeleuchtung schaltete sich ein. Wetzon entfernte sich von der Buchhandlung.

»Miss Wetzon … Leslie.«

Sie blieb stehen und schaute sich um. Ein breitschultriger Mann im hellgrauen Nadelstreifenanzug war aus der Buchhandlung gekommen. Er rief ihren Namen noch einmal.

Sie mußte ihn kennen … doch wer war er? Sie lächelte ihn verdutzt an, während sie angestrengt nachdachte, und nahm seine ausgestreckte Hand. Viel graumeliertes dunkles Haar und ironischer Humor in den Augen.

»Sie wissen nicht, wer zum Teufel ich bin.« Er lächelte jetzt und hielt ihre Hand fest.

Er hatte etwas Beruhigendes, eine Bestimmtheit an sich, und Wetzon spürte einen kleinen Adrenalinstoß. »Selbstverständlich weiß ich, wer Sie sind.« Sie dachte angestrengt nach. Er hatte eine einnehmende Art zu lächeln. Nichts Rätselhaftes an ihm. Ah …ja. Er war jener hochgeachtete Gewerkschaftsführer, den sie und Smith letztes Jahr kennengelernt hatten, als er im Aufsichtsrat von Wertenheimer saß, bevor die Firma mit L. L. Rosenkind fusionierte. Twoeys Freund. »Sie sind Alton Pinkus.« Was für einen guten Kopf du hast, Wetzon, gratulierte sie sich. Sie zog ein wenig an ihrer Hand, doch er ließ sie nicht los.

»Sehr gut.« Er hatte eine buchdicke Papiertüte unter den Arm geklemmt. »Wohnen Sie hier in der Gegend?«

»In der 86. Und Sie?«

»81. Im Beresford. Wir sind Nachbarn.« Er betrachtete sie immer noch gründlich mit seinen warmen braunen Augen. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich unter seinem Blick verlegen, wie ein Teenager. »Vielleicht können wir uns einmal auf einen Drink treffen … oder zum Abendessen«, hörte sie ihn sagen.

»Gern.« Was sage ich denn da?

»Ich rufe Sie an. Stehen Sie im Telefonbuch?«

»Nein. Wenn ich meine Hand zurückhaben darf, gebe ich Ihnen meine Karte.« Das schien ihn noch mehr zu amüsieren. Beunruhigt durch einen kurzen Anfall von schlechtem Gewissen kritzelte sie ihre Privatnummer auf die Rückseite der Karte und überreichte sie ihm.

»Was halten Sie von Sonntagabend? Wir können zeitig zu Abend essen … so um sechs. Café des Artistes

»Einverstanden«, sagte sie hastig. »Ich treffe Sie dort.« Sie verabschiedete sich mit einem knappen Winken und eilte die Columbus hoch. An der 82. Street mußte sie an der Ampel warten und sah sich verstohlen um. Er stand noch dort und beobachtete sie. Er winkte, und sie grüßte kurz zurück.

Merde, dachte sie. Worauf ließ sie sich da ein? Es war allein Silvestris Schuld. Er nahm an der FBI-Akademie in Quantico, Virginia, an einem Kurs in psychologischer Beurteilung teil. Es war eine Ehre, dafür ausgewählt zu werden, doch der Kurs ging über neun Monate, von September bis Mai, und obwohl es eine Fünftagewoche war, Montag bis Freitag von acht bis fünf, wohnten die Teilnehmer in einem Heim, und viele blieben an den Wochenenden dort. Hatte etwas mit Gemeinschaftsgeist zu tun.

Sie war letzten Samstag mit dem Metroliner hingefahren und im Watergate Hotel in D.C. abgestiegen. Sie waren mit einem anderen Paar, beide ebenfalls im Kurs, zum Abendessen ausgegangen; sie hatte sich als Außenseiterin empfunden.

Harry, ihr neuer Portier, stürzte auf die Tür zu, als habe er nach ihr Ausschau gehalten. Er schien aus irgendeinem Grund ganz aus dem Häuschen zu sein. »Guten Abend, Ms. Wetzon.« Er versperrte ihr den Weg. »Ein Polizist ist hier und will Sie besuchen«, flüsterte er. »Er hat mir seine Dienstmarke gezeigt.«

Oh, wie schön, Silvestri wollte sie überraschen. Er war zum Wochenende gekommen. Aber warum war er nicht gleich nach oben gegangen?

Dann trat Harry beiseite, und Wetzon ging in die Halle. Ein Mann, der seinen kräftigen Körper in einen braunen Anzug gezwängt hatte, erhob sich. Er war Ende dreißig, hatte einen ordentlichen schwarzen Schnäuzer und trug ein gelbes Buttondown-Hemd und eine kleingemusterte Krawatte. Sein Haar war dunkel, die Koteletten eine Spur zu lang. Mit Sicherheit nicht Silvestri.

Sie ging verblüfft und ein wenig enttäuscht auf ihn zu. »Ich bin Leslie Wetzon. Sie warten auf mich?«

»Detective Robert Ferrante, Revier Central Park.« Er zückte seinen Ausweis, und sie betrachtete ihn genau.

Harry paßte nun mehr auf sie und ihr Gespräch mit Detective Ferrante auf als auf die anderen Hausbewohner, die nach Hause kamen.

»Worum handelt es sich?« Sie hätte das Gespräch gern in einiger Entfernung von dem neugierigen Harry geführt. »Möchten Sie mit nach oben kommen?« fragte sie, wobei sie wünschte, Ferrante werde nein sagen.

»Entschuldigen Sie.« Ferrante berührte sie leicht am Ellbogen, und sie entkamen dem Portier, indem sie auf die Straße traten. »Wir möchten gern wissen, ob Sie jemand identifizieren können, falls Sie …« Seine Augen zuckten ganz kurz, und sie drehte sich um und sah einen zweiten Detective, der mit verschränkten Armen an der Tür eines in der zweiten Reihe geparkten Autos lehnte. Er war jung, sein Teint wie matte Holzkohle.

Sie wandte sich wieder an Ferrante. »Ich bin verwirrt. Wohin soll ich mit Ihnen fahren?«

»Zum Büro des ärztlichen Leichenbeschauers.«

Ihr Magen verkrampfte sich. »Wer?« Sie schüttelte den Kopf. »Was für eine dumme Frage. Entschuldigung. Geben Sie mir ein paar Anhaltspunkte.«

»Zwei Schwestern vom Mt. Sinai gingen in ihrer Mittagspause in den Conservatory Garden an der 104. Street und fanden einen Toten auf der Parkbank. Vielleicht einsachtzig, rötliches Haar. Sah wie das Opfer eines Raubüberfalls aus.«

»Wie wurde er getötet? Um wieviel Uhr?«

Er sah sie mit hochgezogener Braue an und trat an die Seite, um eine Frau aus dem privaten Eingang einer Zahnarztpraxis auf die Straße zu lassen.

»Ich bin nicht dumm, Detective. Ein guter Freund von mir ist ebenfalls Detective bei der New Yorker Polizei – Silvestri – er ist beim Siebzehnten. Und ich habe letztes Jahr als Beraterin bei der Polizei gearbeitet. Sie können sich im Büro des Chiefs nach mir erkundigen.«

Ferrante blinzelte nicht einmal. »Wir haben das Opfer auf Eis. Eine Autopsie wird noch durchgeführt, aber vorher wünschen wir eine zuverlässige Identifizierung.«

»Was habe ich damit zu tun? Warum ausgerechnet ich?«

»Ich rief Ihr Büro an und bekam dort Ihre Nummer.«

»Detective Ferrante …«

»Ms. Wetzon, das Opfer hatte nichts bei sich, keine Brieftasche, keine Papiere, keinen Personalausweis. Nur Ihre Geschäftskarte.«

Blut fließt auf der Wall Street

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