Читать книгу SF Space Action Weltraum Abenteuer Paket Weihnachten 2018 - Antje Ippensen - Страница 24

Admiral Sandor Shatmari erwachte übergangslos. Er spürte, dass er rücklings auf einer weichen Unterlage lag, und wollte sich aufrichten.

Irgendwie wollte ihm sein Körper noch nicht so recht gehorchen.

Der Admiral kniff fest die Augen zusammen und konzentrierte sich.

Als er die Augen wieder aufriss, wurde aus dem umgebenden Dämmerlicht eine helle Lichtinsel.

Beim nächsten Versuch, sich aufzurichten, hatte er Erfolg.

Er steckte immer noch in seinem Schutzanzug. Nur die Waffe hatte er verloren. Er hatte sie ja zuletzt in der Hand gehalten.

Erst als er saß, erkannte er, dass ihn irgendwer auf eine Liege gebettet hatte. Genauso wie die anderen vier, die jetzt nacheinander erwachten und sich gleich ihm aufrichteten.

Vor ihnen, das hieß vor dem Fußende, befand sich eine Kommunikationswand, dem Äquivalent an Bord eines Raumschiffes nicht unähnlich.

Die Bildgeber waren zwar aktiviert, zeigten jedoch kein Bild.

An den Bedienungspaneelen blinkten irgendwelche Lichter, deren Bedeutung ihnen nicht geläufig war.

Sie waren allein in diesem Raum. Und es gab keine erkennbaren Türen. Aber irgendwie mussten sie doch hier herein gelangt sein.

Unwillkürlich hob der Admiral den Blick und schaute zur Decke.

Vielleicht sogar von dort?

Er heftete den Blick wieder auf die Kommunikationswand und schwang die Beine von der Liege.

Die Liegefläche war so hoch, dass er mit den Fü0en nicht den Boden erreichte. Er musste sich von der Liege rutschen lassen, um zum Stehen zu kommen.

Immerhin waren sie nicht gefesselt. Es wies dennoch alles darauf hin, dass sie in Gefangenschaft geraten waren.

Admiral Sandor Shatmari ging davon aus, dass sie die ganze Zeit über beobachtet wurden, von wem auch immer.

Er schöpfte tief Atem und wollte etwas sagen, doch plötzlich flammte ein Bild vor ihnen auf. Es zeigte einen Mann unbestimmbaren Alters, gekleidet in eine feudale Fantasierobe, auf dem Kopf eine Art Hut aus reinem Samt, bestickt mit seltsamen Motiven. Waren das Stickereien aus Gold? Sie schimmerten jedenfalls so.

Das Konterfei lächelte freundlich. Allerdings machten die Augen dieses Lächeln nicht mit. Sie wirkten kalt wie Glasperlen.

„Tut mir leid, dass ich euch betäuben musste, aber ich wusste mir keinen Rat mehr.“

„Wer sind Sie?“, ächzte der Admiral.

„Oh, ja, natürlich, mein Name ist Großmogul Tscholu Fandamino. Ich bin der oberste Führer des Adakoni-Kartells, in dessen Gefangenschaft Sie geraten sind. Allerdings nur, um ein paar wichtige Dinge zu klären. Es soll also nicht von Dauer sein.“

„Großmogul... was?“, rief Conina Dorino.

„Oh, natürlich nicht persönlich. Das würde dem echten Großmogul niemals einfallen. Betrachten Sie mich als eine Art Avatar, der ihn hier vor ihnen würdig vertreten soll.“

„Was soll das denn jetzt?“, beklagte sich Donar Änn. „Nur sinnloses Geschwafel, nachdem man alles versucht hat, uns umzubringen?“

„Beinahe alles, nicht alles!“, belehrte ihn das lächelnde Konterfei höflich. „Es war von Anfang an nicht die Absicht, Sie alle fünf umzubringen.“

„Deshalb wohl haben Sie uns abschießen lassen?“, erkundigte sich jetzt der Admiral mit schneidender Stimme.

„Ach was, es gehörte ganz einfach zum üblichen Spiel.“

„Übliches Spiel?

„Sehen Sie, Admiral, diese Welt hier ist irgendwo tatsächlich ganz besonders. Da haben die Verräter des Kartells nicht unrecht gehabt. Und sie wurden keineswegs belogen, um irgendwen in die Falle zu locken. Das alles basiert ganz einfach nur auf einem Gerücht. Keiner weiß wirklich, was hier getrieben wird. Oder sollte ich nicht besser sagen: getrieben wurde?

Na, jedenfalls: Sie befinden sich hier natürlich nicht im zentralen Labor, der eigentlich wichtigen Einrichtung, sondern in einer der Fliegenfallen.“

„Fliegenfallen?“, echote der Admiral gedehnt.

„So nenne ich das. Gedacht dafür, falls sich ein Schiff hierher verirrt, dessen Besatzung keine Ahnung hat, was sie hier erwartet. Also, ich rede jetzt von einem einzelnen Schiff. Es trifft auf Gegner und muss sich verteidigen. Damit beginnt der Testlauf.“

„Testlauf?“

„Ja, was denken Sie denn, Admiral, was das alles war, was Sie erlebt haben – Sie und Ihre vier Begleiter?“

„Verdammt noch eins, unser Schiff wurde abgeschossen. Alle Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben!“

„Außer Ihnen und Ihren vier Begleitern, nicht wahr?“

„Ja, aber...“

Dem Admiral versagte die Stimme.

„Testlauf?“, murmelte Conina Dorino ungläubig.

„Ja, um herauszufinden, ob es an Bord geeignetes Menschenmaterial gibt.“

„Das wird ja immer toller!“, bemerkte jetzt Krobar Tolum und machte Anstalten, sich auf die Kontrollwand zu stürzen, um dort alles kurz und klein zu schlagen. Er konnte sich gerade noch beherrschen.

Das Konterfei lächelte unverbindlich.

„Ich sage es halt treffend, ohne Umschweife und ohne Beschönigung. Denn mein hiesiges Labor ist deshalb von so enormer Wichtigkeit, weil ich hier alles tu, um Superkrieger zu erschaffen.“

„Superkrieger? Du willst diese erschaffen?“ Der Admiral schien seine Ohren nicht trauen zu wollen.

„Ich meine natürlich nicht ich persönlich, sondern ich trete ja hier als der echte Großmogul Tscholu Fandamino auf. Und es ist eben das Ansinnen des Großmoguls als mächtigster Mann des gesamten Kartells, Superkrieger zu erschaffen.“

„Ich verstehe kein Wort!“, gab Conina Dorino zu. „Wie soll das denn geschehen? Und was hat das jetzt mit uns zu tun?“

„Ach, ist das immer noch nicht klar? Ja, dann: Stellen Sie sich vor, es gibt Menschen mit PSI-Kräften. Schon davon gehört?“

„Das gibt es nicht!“, behauptete Admiral Sandor Shatmari fest.

Das Konterfei von diesem angeblichen Großmogul lächelte mitleidig.

„Ich sehe schon, ich muss leider ein klein wenig weiter ausholen. Versuchen wir es doch einmal so: Vorausgesetzt, dass es so etwas wie PSI wirklich gibt, dann wäre es doch eine gute Sache, Kämpfer aufzustellen, die über solche Superkräfte oder Superfähigkeiten, oder wie auch immer man es nennen mag, verfügen, nicht wahr?“

„Wäre!“, betonte der Admiral.

„Sehen Sie, genau das ist mein Ziel. Leider ist das nicht ganz so einfach, obwohl ich wirklich alles dafür tu, was überhaupt zu tun ist. Unter anderem benutze ich Freiwillige und natürlich auch Unfreiwillige – diese vielleicht zugegebenermaßen überwiegend - um diesem Ziel näher zu kommen. Nachdem das alles natürlich ausgiebig an Tieren getestet wurde. Da vor allem an einer ganz speziell dafür gezüchteten Labormaus. Es gelang doch tatsächlich, sie zu einem überaus fähigen PSI-Wesen zu machen.“

„Aha?“, machte der Admiral, weil er kein Wort glaubte.

Ungerührt fuhr das Konterfei des Großmoguls fort:

„Leider haben meine Laborleute dabei ein wenig übertrieben und machten die Labormaus dermaßen stark, dass sie fliehen konnte.“

„Fliehen? Aus dem Labor? Auf einem unbewohnten Planeten? Aber wohin?“

„Keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Sie war plötzlich weg! Sicherlich teleportiert. Was sonst? Glauben sie mir, wir haben den gesamten Planeten sorgfältig abgesucht. So sorgfältig, dass uns unmöglich eine Maus entgehen konnte. Aber sie war einfach nicht mehr da. Es legt sogar den Verdacht nah, dass es ihr gelungen ist, sich auf eine ganz andere Welt zu teleportieren.“

„Was soll diese Geschichte?“, klagte jetzt Zolan Schubur. „Wurden wir nur deshalb gefangengenommen, damit Sie uns zu Tode langweilen können? Das ist jedenfalls wie Folter. Eine Geschichte über eine teleportierende Labormaus? Also bitte! Das ist zumindest beinahe wie Folter.“

Das Konterfei lachte jetzt wie amüsiert.

„Egal, ich werde Sie weiter in Kenntnis setzen, bevor ich Ihnen klar zu machen versuche, wieso ich das überhaupt mache.

Also: Wir wussten nach dem Debakel mit der Labormaus, dass wir vorsichtiger vorgehen müssen. Und der Bedarf an Freiwilligen und Unfreiwilligen wurde immens. Vor allem, als wir feststellen mussten, dass bei weitem nicht jeder dafür geeignet ist. Die meisten Menschen kollabieren sehr schnell, und danach sind sie zu nichts mehr zu gebrauchen. Entweder lallende Idioten oder bereits tot.“

„Aber das ist ja schrecklich!“, rief Conina Dorino erschüttert.

„Nicht wahr?“, rief das Konterfei beipflichtend. „Wenn man allein nur bedenkt, was das alles kostet...“

Das Konterfei ließ sich ansonsten jedoch nicht aus dem Konzept bringen:

„Deshalb haben wir ja die Fliegenfallen aufgebaut. Jede Menge, über die ganze Welt verteilt. Ein ziemlicher Aufwand, wie Sie zugeben müssen. Falls also irgendwann tatsächlich sich ein Schiff hierher verirren würde, könnten wir die Besatzung zum Kampf zwingen.“

„Diese Kriegsspiele dienten also einer Art... Auslese?“, unterbrach Conina Dorino ungläubig.

„Ja, meine Liebe, richtig erfasst. Nur die besten, klügsten und stärksten Menschen durften es schaffen.“

„Nur um sie in das Experiment einzubinden, wobei sie entweder zum lallenden Idioten wurden oder einfach nur... starben?“, wollte Conina jetzt wissen.

„Nicht ganz, meine Liebe, denn nicht jeder wird halt zum lallenden Idioten oder stirbt bei den Versuchen. Ein paar haben es tatsächlich geschafft, nicht nur zu überleben, sondern gewissermaßen zu wachsen. Sie wurden zu PSI-Fähigen.

Dabei hat sich allerdings das nächste Problem offenbart. Das heißt, eigentlich war es ja nicht ganz so neu, denn ähnliches hatten wir ja schon mit unserer besonderen und ganz speziell gezüchteten Labormaus erlebt: Sie durften auf keinen Fall ihren freien Willen behalten, weil sie sonst nur wieder...“

„...ausgerissen wären?“, schlug Conina vor.

„Noch nicht einmal, aber das Ganze würde ja nur dann einen Sinn ergeben, falls es mir gelänge, die Superkrieger einzig und allein auf mich einzuschwören. Sie mussten auf jeden Fall hundertprozentig und unverbrüchlich loyal sein.“

„Und das habt ihr bei keinem von ihnen geschafft?“

„Meine Liebe, ich sehe schon, Sie sind die Einzige, die mir wirklich folgen kann – so richtig meine ich. Und Sie haben natürlich recht. Also blieb mir letztlich nichts anderes übrig, als die neu entstandenen Superkrieger in einen künstlichen Schlaf zu versetzen. Nicht so tief natürlich, damit ich noch über sie und ihre Kräfte verfügen konnte. Aber tief genug, dass keiner von ihnen auf die Idee kam, sich gegen mich oder auch nur gegen das Projekt zu wenden.“

„Und das Ergebnis?“

„Das Ergebnis sind die bestens funktionierenden Fliegenfallen, die sich dadurch erst so richtig perfektionieren ließen.

Oder was habt ihr denn gedacht, was hier vorgeht? Mehrere Superkrieger wurden natürlich zusammengeschlossen, um aus ihren Fähigkeiten zu schöpfen. Allein dadurch war es möglich, geisterhafte Raumschiffe zu projizieren, die mit genauso geisterhaften Waffen echte Schäden verursachen konnten.

Auf diese Weise wurde euer Schiff genau dorthin dirigiert, wohin wir euch haben wollten. Bis zum Absturz an der richtigen Stelle zum richtigen Zeitpunkt, nahe genug an der nächsten Fliegenfalle, also nahe genug von hier!“

„Wir befinden uns immer noch in dem zentralen Gebäude des Geisterdorfes?“, wollte jetzt der Admiral wissen.

„Natürlich! Unterhalb! Und entschuldigen Sie, dass wir am Ende keine Gegner mehr schicken konnten für Sie. Das war deshalb nicht möglich, weil wir uns alle zurückziehen mussten. Wegen eurer Verstärkung, die versprochen wurde.

Wir haben es mitbekommen über den abgehörten Funk. Da durften wir kein Risiko mehr eingehen.“

„Ich verstehe immer noch nicht!“, gab Donar Änn zu.

„Deshalb erzähle ich das doch alles!“, belehrte ihn das Konterfei geduldig. „Als Großmogul Tscholu Fandamino, nachdem dieser sich natürlich selber rechtzeitig in Sicherheit gebracht hat, genauso wie all seine Leute.

Eigentlich war es vorgesehen gewesen, vor der Flucht die gesamte Laboranlage zu sprengen, aber der echte Großmogul hat es einfach nicht übers Herz gebracht. So ließ er nur jene Apparaturen zerstören, die einen echten Hinweis auf den Fortschritt seiner Forschung geliefert hätten. Ansonsten blieb alles erhalten. Und er trug mir auf, euch an eurem Ziel zu betäuben und nach der Betäubung umfassend über all diese Zusammenhänge aufzuklären.“

„Und wieso?“

„Damit ich die Superkrieger in ihren Tanks töten kann, bevor sie erwachen und irgendwelchen Unsinn mit ihren neuen Kräften anrichten können. Jetzt sind sie alle tot. Also gibt es auch keinen Ortungsschutz mehr.

Übrigens sind Ihre Begleitschiffe soeben dabei, an der Absturzstelle zu landen, um dort die Spur aufzunehmen. Soll ich ihnen berichten, wo Sie sind?“

„Das – das würdest du tun?“

„Natürlich! Jetzt, da ich euch aufgeklärt habe, steht dem nichts mehr im Wege. Und natürlich nachdem die Superkrieger eliminiert sind, wie schon erwähnt.“

Sie sahen sich fassungslos an.

Bevor sich der Admiral entschied, hatte er doch noch eine Frage:„Was, um alles in der Welt, bezweckt dieser Großmogul mit dieser Vorgehensweise?“

„Ach, irgendwie hat er ein wenig den Narren an euch gefressen, wie er zugab. Ihm war zwar klar, dass ihr zunächst mal kein Wort von wegen PSI glauben werdet, aber er fand es besonders deshalb lustig, weil ihr alle fünf latente PSI-Fähigkeiten besitzt, ohne es selber auch nur zu ahnen. Ob ihr deshalb so zusammengewürfelt wurdet von eurem Flottenkommando, weil dort jemand ist, der sich damit auskennt?

Nun, deshalb ist es jedenfalls fast unmöglich, eure Gedanken zu lesen. Das einzige, was wir herausbekommen konnten, war eben die Tatsache, dass ihr durch Verrat auf diese Welt hier aufmerksam geworden seid. Und das haben nicht etwa eure Gedanken uns verraten, sondern die Gedanken eurer Besatzungsmitglieder, bevor sie starben.“

„So eine verdammte...“, setzte Conina Dorino an zu fluchen.

Der Admiral unterbrach sie:

„Melde meinen Leuten, dass sie uns hier abholen sollen! Und wie kommen wir jetzt wieder hinauf?“

„Kein Problem“, versprach das Konterfei und öffnete die Decke über ihnen. „Aber leider muss ich mich jetzt von euch verabschieden. Ich muss sozusagen Selbstmord begehen.

Können Computer überhaupt Selbstmord begehen? Na, egal, ich werde mich jedenfalls komplett löschen, damit euch keinerlei Daten in die Hände fallen. Sonst hätte ich euch ja nichts zu erzählen brauchen, nicht wahr?“

„Und jetzt mal ehrlich, ehe es zu spät ist: Wieso hat der Großmogul die Laboranlage am Ende doch nicht sprengen lassen?“

„Weil er fest entschlossen ist, sie eines Tages zurück zu erobern, logisch! Das könnte er nicht, wenn es sie nicht mehr gibt, und das war natürlich der Hauptgrund.“

„Und wo befindet sie sich eigentlich?“

„Ach, ich bin überzeugt davon, dass jetzt, wo es keinerlei Ortungsschutz mehr gibt, das kein Problem mehr bedeutet für euch. Immerhin steht draußen im All eine ganze Armada zur Verfügung. Wenn der Großmogul das noch mitbekommen hätte... Er würde sich wohl sehr geschmeichelt fühlen bei so viel Aufwand um seine Person und seine Anlage...“

Das Konterfei erlosch, während sich der Boden hob und sie am Ende wieder in dieser Halle standen.

Die Wände waren intakt. Was auch immer sie geglaubt hatten zu erleben. Es war anscheinend nur eine Illusion gewesen. Dabei hatten sie wohl das Bewusstsein verloren.

Mit gemischten Gefühlen traten die fünf vor das Gebäude.

Wie lange würde es dauern, bis die Kameraden hier auftauchten, um sie abzuholen?

Zeit genug, um zumindest halbwegs zu verarbeiten, was sie alles erfahren hatten. Obwohl sie gelogen hätten, wenn sie hätten behaupten wollen, alles wirklich verstanden zu haben.

Und dieser angebliche Großmogul wollte irgendwann sein Labor und natürlich diesen Planeten hier zurück erobern?

Nun, sollte er es getrost versuchen. Man würde geduldig auf ihn warten!

ENDE