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7 Erste Begegnung

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Hannah befand sich, seit Tomo seine Liebe zu Nakita entdeckt hatte, wieder öfter auf Sovo und bei Tarik, als eines Tages drei Fremde auf Ars erschienen. Eine immer noch nicht ganz alltägliche Begebenheit auf diesen wenig verlockenden, der Macht der Elemente ausgesetzten Planeten. „Am Hofe von Tomo und Hannah…“ Die Männer, sichtlich amüsiert von dieser Bezeichnung, „am Hofe“ über die sie schon seit ihrer Ankunft deftige Witze gerissen hatten, konnten ein weiteres Lachen nicht unterdrücken, den das Gebäude war nicht mehr als eine etwas größere, zweistöckige Lehmhütte.

Ein paar aufgescheuchte Hühner flatterten wild über den verstaubten Hof, Schweine suhlten sich behaglich in den wenigen schlammigen Pfützen und anderes domestiziertes Getier tat das ihrer Art entsprechende.

„Xedek de Torquaret della Barraira, Graf von Herso“ stellte ihn sein Diener vor. Tomo der alte Haudegen tat höchst erfreut. Ein echter Graf…, das kam, abgesehen von den unregelmäßig wechselnden Arbeitern, noch seltener vor als Besuch von normal Sterblichen. Der letzte war ein verirrter Aufklärer, doch das muss schon Monate zurückliegen, verkündete er stolz seinen noblen Gast.

Tomos Geschwätz interessierte den Grafen nicht, er kam sofort zur Sache.

„Wenn auf dem Planeten, wie vermutet Bodenschätze lagern“, erklärte näselnd sein Begleiter, ein bekannter Mineraloge und Beamter der staatlichen Gesellschaft zur Förderung noch nicht erschlossener Bodenschätze, „würde dies große Geldmengen mit sich bringen.“

Das Geschäft das der Graf ihm vorschlug sei, wie Tomo betonte, verlockend. Er zeigte sich interessiert, kooperativ und präsentierte alsbald Unmengen an Gesteinsproben. Material, das man in weiser Voraussicht zuvor von allem was von Interesse hätte sein können befreit hatte, und zeigte ihnen, wie auch den anderen „Schatzsuchern“, den blanken, nun wertlosen Stein.

Material das angeblich tief aus der inneren Wüste stammte. Steine von den Zwölftausendern, massive Bergketten, die der Graf bereits bei seinem Anflug in Augenschein nehmen konnte.

All das präsentierte er mit gierigem funkeln in den Augen. Er musste sich nicht anstrengen, dieser Mann war der geborene Schauspieler. Masheba die das alles durch einen verborgenen Sehschlitz in der Wand beobachten konnte, amüsierte sich köstlich, dies waren Momente in denen sie ihren Vater noch mehr liebte.

Auch blieb ihr die körperliche Attraktivität des Grafen nicht verborgen, doch schreckte sie die brutale Kälte seiner Augen. Faszination und Abscheu, ein Gefühl das sie bislang noch nicht kannte.

„Nichts“, musste der Mineraloge feststellen, „alles nur wertloses Gestein was du mir hier vorzeigst.“

„Nichts…? meinte Tomo betrübt. „Dabei war ich mir so sicher…! Doch wenn Sie mir genügend Männer, Verpflegung und Wasservorräte schicken, so wie es auch die anderen Kompanien derzeit tun, bin ich überzeugt letztendlich doch noch fündig zu werden. Seit wir das Lehen über Ars bekamen können wir uns vor Angeboten kaum noch retten, doch Eure Exzellenz“, fügte Tomo, sehr zu Belustigung derer die hinter dem Sehschlitz das ganze beobachten konnten, mit einer tiefen Verbeugung hinzu, „wäre mir ein willkommener Geschäftspartner.“

Das Erdöl das man beharrlich weiterförderte, und das Tomo seinen Gast nun als einstweilige alternative ans Herz legte, interessierte den Grafen genauso wenig wie den Imperator.

Mit einigem Bangen hatte Nakita das Gespräch der Männer belauscht, doch konnte sie sich nicht erklären warum Tomo so sehr darauf pochte letztendlich doch noch mit dienen Männern ins Geschäft zu kommen. Masheba begriff seine Strategie.

„Nakita“, flüsterte sie ihrer um einiges älteren Freundin zu „verstehst du das denn nicht….. Taktik!“ Die begrenzte Logik der Erwachsenen war für sie wieder mal schwer zu verstehen. Wie war sie doch stolz auf ihren Vater.

„Taktik Mädels, Taktik“, erklärte er später, nachdem der Graf und seine Begleiter sich zurückgezogen hatten, zufrieden schmunzelnd den Frauen.

Für den Grafen hingegen war das Ergebnis enttäuschend, die Vorkommnisse würden auf keinem Fall den Aufwand lohnen. Man war entschlossen den unrentablen Planeten bei Sonnenaufgang zu verlassen.

Das karge Abendmahl aus Reis und Gemüse, dazu ein Huhn, das angeblich für den hohen Besuch und alleine zu diesem Anlass geschlachtet wurde, verstärkte noch den Eindruck der Armut. Doch an eines hatte Tomo nicht gedacht, an seine fast erwachsene Tochter - für ihn war sie immer noch ein Kind. Tomo bemerkte seinen Fehler, doch nun war es zu spät. Die kühle Arroganz seines Gastes konnte ihn nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies nicht sein letzter ungebetener Besuch sein würde.

In der Tat, man beschloss noch einen Tag länger zu bleiben. Einen Ausritt in die naheliegenden Berge zu unternehmen war der Graf nun auch nicht mehr abgeneigt.

Auch den Rat seines Begleiters, sich von den angeblich fehlenden Bodenschätzen nicht in die Irre führen zu lassen, zog er erneut in Erwägung.

Schon früh am Morgen, es war noch relativ frisch, die erste Sonne präsentierte sich gerade in ihrem kühlen roten Gewand, waren Xedek und sein Begleiter bereit den neuen Tag zu beginnen. Es sei die beste Zeit für einen Ausritt wurde ihnen noch erklärt, denn in wenigen Stunden würde das weißglühende Schwestergestirn ihre sengenden Strahlen erbarmungslos auf alles richten das sich ihnen schutzlos darbot.

Kein Wölkchen beschwerte den tiefblauen Himmel, der nur langsam aus seinem nächtlichen Schwarz erwachen wollte. Zwei Pferde standen bereit um den Gästen den Abschied zu verschönen. Xedeks Kennerblick fiel jedoch auf einen feurigen schwarzen Hengst, den Tomo, sehr zu seinem bedauern nicht mehr rechtzeitig vor seinem Gast verbergen konnte. Hendrex der Mineraloge, musste sich mit einen alten schwerfälligen Gaul begnügen, ähnlich dem, der ursprünglich auch seinem Begleiter zugedacht war.

Ihm blieb nichts anderes übrig, denn kein anderes Geschöpf hätte so gutmütig den überdimensionalen Fleischberg getragen wie dieser alte Ackergaul, der in seinem langen harten Leben schon manch schwere Last zu tragen hatte.

Der Ausblick der sich beiden nach kurzer Zeit darbot war überwältigend. Von den Dünen und den noch höher gelegenen felsigen Hängen aus konnte man über die unendliche Weite der Wüste blicken, die jetzt in der Morgensonne golden schimmernde. Am Horizont reihten sich im Licht des rotglühenden Feuerballes gigantische Bergketten auf, die wie Zinnsoldaten Spalier zu stehen schienen. Ein atemberaubender Anblick der von einem noch eindrucksvolleren überboten wurde. Es war wieder dieses Mädchen, dessen Schönheit Xedek bereits gestern bemerkte, doch jetzt stand sie nicht schüchtern an die jungen Frau gedrängt, die ihm mit Nakita vorgestellt wurde, sondern ritt auf einer gefährlichen Wildkatze. Er kannte diese Tier nicht, doch konnte er erkennen, dass es gefährlich war.

„Faszinierend…, so schnell laufen nicht mal meine besten Rennpferde.“ Die Worte waren mehr an sich selbst als an seinen Begleiter gerichtet.

Er konnte seine Bewunderung nicht verbergen. Empfand er für diesen Mann, der tatsächlich ihr Vater zu sein schien zur Spott, so empfand er für dieses Mädchen nun so etwas wie Hochachtung.

„Überhaupt ein eigenartiger Mann dieser Tomo“, mit diesen Worten richtete er sich erneut an seinen Begleiter, nachdem das Mädchen ihren Blicken entschwunden war.

„Ein cleverer Bursche, doch von der Optik her kann er unmöglich ein Dakuai sein. Mit seinen dunklen Haaren und seinem kräftigen Körperbau würde er eher in meine Welt als in diese hier passen. Ich denke da gibt es mehr zu wissen als das was das Auge sieht.“ Hendrex’ Meinung war geteilt, auch der Landschaft konnte er nichts abgewinnen. Sein Körper schmerzte. Ein Ritt zu so früher Morgenstunde und dazu noch ohne Sattel, waren seiner Laune mehr als abträglich.

Die zweite Sonne war am aufgehen und schickte bereits ihre Vorboten. Das tiefe dunkelblau wich grellen Silberstreifen, die in kürzester Zeit die Herrschaft am Himmel übernahmen. Die Pforten der Hölle schienen sich zu öffnen. Die angenehme Kühle der frühen Morgenstunden schwand langsam aber sicher vor dem alltäglich wiederkehrenden Inferno. Auch auf Herso, den Heimatplaneten des Grafen, konnte man das Schauspiel der zwei Sonnen die in Eintracht ihre Bahnen zogen beobachten, doch dieses unvergleichliche Wechselspiel der Farben konnte man sonst nirgendwo so ausgeprägt miterleben wie hier auf diesen wunderlichen Planeten.

Mit der aufgehenden zweiten Sonne kehrte auch Masheba zurück. Schon aus der Ferne konnte man die Staubwolke sehen die ihr herannahen erkennen ließ.

Wie immer, in etwa einer Meile Entfernung von Zuhause stieg sie ab um den Rest des Weges mit ihrem Freund um die Wette zu laufen. Erschöpft doch glücklich kehrten sie dann, rechtzeitig, bevor der Sand regelrecht zu kochen begann, der Wüste den Rücken. Auch Hendrex, dessen Laune immer schlechter wurde umso mehr die Temperatur anstieg, beobachtete die beiden… und dann ging alles sehr schnell.

Noch bevor Xedek ihn daran hindern konnte legte er an und schoss.

„Wir wollten doch jagen!“ Lachend - seine missmutige Stimmung schien wie verflogen - schwelgte er in seinem Jagderfolg. Mit hämischen Grinsen und Genugtuung beobachtete er das fassungslose Mädchen und ihr verzweifeltes Weinen. Das schöne Tier lag Tod zu ihren Füßen.

Ein markerschütternder Schrei der nicht enden wollte zerriss die Stille und legte sich wie ihre Verzweiflung, die selbst Xedek als körperlich spürbar empfand, über den aufgehenden Tag.

„Als Euer Befehlshaber hier auf Ars würde ich Euch noch weitere und bessere Trophäen einbringen. Xedek ich verspreche Euch, in einem Jahr, spätestens, würdet Ihr der mächtigste Mann weit und breit sein…, und ich mit Euch. Dieser Planet ist die beste Beute seit Jahren. Wenn es um Geld geht habe ich mich noch nie geirrt. Außerdem liebe ich diese jungen Dinger…!“ so wortkarg und übelgelaunt er bis vor wenigen Augenblicken noch gewesen war, so vergnügt und mitteilsam wurde er nun.

„Sie wird meine Mätresse werden…, und einen Vorgeschmack werde ich mir noch heute Nacht holen. In so einem Zustand sind sie am gefügigsten und dankbar für Mitgefühl.“ Sein schwabbeliger, verweichlichter Körper bebte vor Vorfreude.

„Nein mein lieber Hendrex das wirst du nicht, ich werde sie mir nehmen. Nicht heute Nacht und auch nicht morgen, später, wenn sie eine Frau sein wird. Siehst du den nicht, dass sie fast noch ein Kind ist…?“ Die feiste Gestalt Hendrex‘ schien in sich zusammenzusinken, doch gegen seinen Herrn aufzubegehren traute er nicht.

„Was heißt hier Kind…! In meiner Heimat ist sie fast schon über das heiratsfähige alter hinaus.“

„Ich will eine lebendige, temperamentvolle Frau“, war die gelangweilte Antwort Xedeks, „nicht eine, von impotenten „Zärtlichkeiten“ versaute Kreatur. Du pädophiler Narr, wie nennst du eigentlich deine kleinen sabbernden Lustobjekte?“ Schmunzelnd dachte er an Azara, der Frau des Botschafters, dessen Besuch er demnächst erwartete. Heiß, keine leichte Beute. Ein bisschen „Gewalt“ konnte da nicht schaden, beim letzten Mal war sie ihm entwischt.

„Bei mir haben Frauen zwar auch keine Chance, doch gebe ich ihnen die Möglichkeit sie zu nutzen.“ Sein herzliches Lachen drang wie beißender Hohn bis an Mashebas Ohr.

Der beleidigte Gesichtsausdruck Hendrexs hingegen wich einem bestürzten nicht Verstehen, mit kryptischen Feinheiten konnte sein eher simpler Verstand nichts anfangen.

„Weise Worte für einen jungen Mann wie Euch, doch folge ich nur den Traditionen meines Vaterlandes. Es schmerzt mich dafür getadelt zu werden. Außerdem“, fügte er schmollend hinzu „war meine Lehrmeisterin auch eine fette alte Vettel, so wie Ihr mich zuweilen zu nennen pflegst, und ich achte sie heute noch. Auch ist die Knabenliebe unter unseren Männern sehr beliebt. Leider hatte ich nicht das Glück von einem Gönner mit diesen Ambitionen auserwählt zu werden.“

Die Sonne näherte sich allmählich dem Zenit, die Hitze wurde unerträglich, der Hunger auch. Hendrex‘ Geschwafel tat den Rest um auf schnellstem Wege zu dem einsamen Gehöft „der höfischen Resistenz“ wie Xedek immer wieder lachend wiederholte, zurückzukehren.

Xedek gab seinen Hengst die Sporen, das Geschwätz seines Begleiters interessierte ihn nicht.

Von dem Mädchen war bei ihrer Ankunft nichts zu sehen. Besser so, mit Tränen und Vorwürfen jeglicher Art konnte er nicht gut umgehen. Umso erstaunter war er als er feststellen musste, dass Tomo noch gar nichts von dem Vorfall wusste. Das Kind sei angeblich gleich auf ihr Zimmer, so wie immer eben, wurde ihm mitgeteilt. Trotzdem, eine Entschuldigung wäre angebracht überlegte der erstaunte junge Mann.

Ein Versehen meinte er, sein Begleiter wollte das Mädchen vor einem wilden Tier retten. Als er den Irrtum bemerkte war es leider schon geschehen.

Den immer noch beleidigten Hendrex blieb nichts anderes übrig als einstweilen mit seiner Heldentat, aus mehr als hundert Meter Entfernung ein wildes Tier erlegt zu haben, zurückzuhalten. Eine Version für seinesgleichen, doch vor Tomo spielte er sich als Helden, als Lebensretter seiner Tochter auf. Mit packenden Worten schilderte er die Verfolgungsjagd. „Im letzten, wirklich im allerletzten Moment konnte ich mit einem einzigen Schuss die vermeintliche Katastrophe verhindern. Mein lieber Tomo, verzeiht dieses Missgeschick, doch anderweitig würdet ich tief in Eurer Schuld stehen!

Tomos Mine verfinsterte sich, wortlos verließ er das Zimmer. Der nachdenkliche Mann, dem seine heranwachsende Tochter sonst wenig interessierte war fassungslos, er wusste was das Tier für sie bedeutet hatte.

Das Mädchen wälzte sich fiebernd auf ihrem Lager, als er das Zimmer betrat. Nakita stand erschüttert daneben, auch sie wusste von nichts, ahnte nur schlimmes als sie ihre kleine Freundin alleine, mit schreckensweiten Augen, zurückkommen sah.

Die Neunte Dimension

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