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16 Xedek - Die Entführung

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Das Xedek sich verändert hatte musste auch Salamos, sein treuer Majordomus feststellen. Xedeks meist unbegründete Wutausbrüche ließen selbst den erprobten, im Dienste des Grafen ergrauten Hausverwalter und Vertrauten aufhorchen.

Das Kapitel Ars und Ehefrau hatte Xedek längst - wie andere Nebensächlichkeiten auch - aus seinem Gedächtnis gestrichen, und wäre es geblieben, wenn Salamos ihn nicht daran erinnert hätte.

„Graf…“ die vertraute Stimme Salamos riss Xedek aus seinen Gedanken. „Eure Ehe mag vor den Göttern bis in alle Ewigkeit bestehen, doch vor dem Gesetz, dem auch Ihr unterworfen seid, wird sie nach fünf Jahren der Trennung automatisch geschieden. In zwei Wochen, wenn ich Euch erinnern darf, ist diese Frist verstrichen, wenn die Ehe bis dahin nicht von neuem vollzogen wurde.

Verärgert schlug der Graf mit der Faust auf den Schreibtisch, der ihn von seinem Visavis trennte.

„Warum bei allen Dämonen der Unterwelt wurde ich nicht früher informiert.“

„Mit Verlaub, auch mir ist diese Gesetzesänderung erst heute Morgen zu Ohren gekommen.“

Es musste handeln, umgehend, das war Xedek klar. Er würde seine Frau aufsuchen.

Er kannte die Gerüchte die sich erneut um Ars rankten. Gerüchte, alte längst todgeglaubte Gerüchte, des vermeintlichen Reichtums waren nichts Neues, doch eben nur Gerüchte und Spekulationen auf die er bislang wenig Wert gelegt hatte.

Marab brachte den erwünschten Profit, doch konnte es nicht schaden seinen durch Heirat erworbenen Besitz nun einen Besuch abzustatten, bevor andere es taten. Unnötige Auseinandersetzungen mit rivalisierenden Großkonzernen mussten vermieden werden, noch waren seine Truppen nicht stark genug.

Noch bevor Salamos den Raum verließ, fuhr er mit der gleichen unbeteiligten Stimme fort, mit der er gewisse Gespräche zu führen pflegte: „Ich habe meinen Neffen Sergei und dessen Frau eingeladen, ihr eintreffen ist noch vor der Kälteperiode zu erwarten. Du weißt was zu tun ist!“

Masheba war nun kein Kind mehr, schöner und entschlossener denn je trat sie ihren ungebetenen Gast entgegen. Die Schwangerschaft hatte ihrer Schönheit nicht geschadet, im Gegenteil. Weiblicher und sinnlicher, mit dem kleinen Ricky vor sich auf dem Pferd, begrüßte sie als Abgesandte ihres Vaters die verdutzte Horde die Xedek seine Armee nannte. Man war sich sicher diesen primitiven Planeten mit einer Handvoll energischer Männer einnehmen zu können…, wenn man gewollt hätte. Die Dakuai galten weithin als wildes doch friedfertiges Volk und umso überraschter war man, dass bereits ihre Ankunft bemerkt wurde.

Bei seinem letzen Besuchen war das anders. Man hätte den Planeten leer räumen können, keiner hätte etwas bemerkt, trotz des Radars und sonstiger Sicherheitsmaßnahmen die man angeblich besaß.

Zweifelsohne eine naive dümmliche Regierung, wenn man Tomo überhaupt als Kopf einer solchen bezeichnen konnte. „Saufkumpanen“, so hatte er sie bezeichnet. Und jetzt standen sie Spalier. Allem voran, hoch zu Ross seine Frau, dahinter diszipliniert eine nicht geringe Anzahl entschlossener Frauen und Männer die seiner verwegenen Idee, Frau und Kind einfach zu entführen, vorerst ein Ende setzten. Dieser Umschwung, dieser neue Wind der nun auf Ars blies kam nicht von ungefähr. Die Zeit mit Tarik hatte wertvolle Früchte getragen. „Strategien für alle Lebenslagen ausarbeiten, den Ernstfall üben“, lautete seine Devise. So zärtlich seine Liebe zu seiner Geliebten und seinem Sohn, so leidenschaftlich war sein Kampf für die Freiheit.

Xedek war brutal aber nicht dumm und auf eine offene Konfrontation wollte er es nicht ankommen lassen. Und so setzte er, wie immer wenn er in „ausweglosen“ Situationen etwas erreichen wollte, auf seinen Charme.

Aufmerksam beobachtete er den Jungen der so selbstsicher bei seiner Mutter auf den nervös tänzelnden Rappen saß. Das muss mein Sohn sein, überlegte er, seine Frau dabei nicht aus den Augen lassend.

„Ist sie nicht wunderschön…?“ Er erwartete keine Antwort, doch seine Männer konnten ihn nur stumm zustimmen, auch ihr Blick hing wie gebannt an dem Bild das sich ihnen bot. Mashebas Schönheit war in der Tat überwältigend. Schweigend betrachtete er von neuem das Kind. Unverkennbar…! Das Profil…, die dunklen Haare… Xedek war sich sicher, dass dies sein Sohn sein musste.

„Willst du mich nicht ins Haus bitten?“ Seine sonore Stimme durchbrach, trotz der lastenden Hitze, die eisige Kälte die diesen Augenblick einzufrieren drohte.

„Ich wüsste nicht was wir uns zu sagen hätten, doch Gastfreundschaft ist in meiner Heimat Tradition.“ Kühl forderte sie ihn zum Eintreten auf.

Vieles hatte sich geändert. Die alte Lehmhütte von damals, „Tomos Hof“, er konnte bei der Erinnerung daran ein Grinsen nicht unterdrücken, war einer komfortablen Hazienda gewichen. Im Inneren war von der brütenden Hitze, die ihnen seit der Ankunft den Atem genommen hatte, nichts mehr zu spüren. Alles war sauber und gepflegt. Doch am meisten beeindruckte ihn der Wandel dieser Frau…, seiner Frau.

Eigentlich hatte er an sie nie als seine Frau gedacht, sie vielmehr als ein Intermezzo, als eine weitere belanglose Affäre seines Lebens angesehen.

Doch im Gegensatz zu all den anderen Affären, hinterließ - wenn er sich je die Mühe gemacht haben sollte an sie zu denken - dieser Farce, wie er ihren Aufenthalt auf Herso nannte, ein ärgerliches Gefühl. Eine Frau hatte sich seinen Willen zu unterwerfen, oder als gleichgesinnte sein Spiel mitzuspielen…, doch diese Göre konnte sich einfach nicht anpassen, nicht unterordnen.

Ihre momentane Kälte reizte ihn, sie würde sich legen, dessen war er sich sicher.

„Warum hast du mir meinen Sohn vorenthalten?“

Er stand nun ganz dicht bei ihr. Seine kühle Hand legte sich auf ihre bloßen Schultern, strich ihr durchs Haar. Sie konnte seinen Atem spüren als er versuchte sie zu küssen, sie fordernd an sich zog. Geschickt, mit einer Wendung entzog sie sich seinem Zugriff, dass ihr Herz trotzdem heftig pochte konnte sie nicht verhindern.

„Warum hat du mir meinen Sohn vorenthalten?“ der drohende Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören.

Kühl und gelassen, ohne lange nachzudenken ergriff sie nun zum ersten Mal seit sie das Haus betreten hatten das Wort. Die längst vergangene Trauer und der Hass loderten erneut auf. Doch dieses Mal siegte der Hass, sie konnte reagieren. Mochte die Entscheidung auch falsch sein, das war in diesen Moment für sie nicht von Bedeutung.

„Er ist nicht dein Sohn. Denn wenn er es wäre würdest du ihn heute nicht hier sehen, ich hätte ihn gleich nach der Geburt eigenhändig getötet. Jedes fremde Kind würde ich eher großziehen als einen Bastard von dir.“

Diese Worte, diese Gleichgültigkeit, diese spöttische Stimme, trafen ihn wie Nadelstiche, ihm, den bislang noch keiner gewagt hatte zu widersprechen. Kein Mann, geschweige denn eine Frau. Dieses Mädchen, in seinen Augen immer noch ein Kind, besaß eine Entschlossenheit und Leidenschaft der er bislang noch nirgends begegnet war.

Befremdet, neugierig blickte er ihr ins Gesicht als ob er es zuvor noch nie gesehen hätte. Eine unbekannte Seite seiner selbst öffnete sich, Achtung vor ihrem Mut. Sein Alter Ego, seine Arroganz jedoch gewann rasch wieder die Oberhand. Diese Demütigung konnte und wollte er nicht hinnehmen.

„Ich werde dich und deinen Balg jagen…, bis in die Hölle wenn es sein muss.“ Drohend, mit hasserfüllten Augen näherte er sich nun der jungen Frau.

„Ich werde euch töten…, beide…, ebenfalls eigenhändig wenn es sein muss. Das verspreche ich dir.“

Auf diese Worte war sie vorbereitet, sie lächelte.

„Das wirst du nicht, denn dann wirst du nie erfahren ob das Kind nicht doch dein Sohn ist. Dein einziger legitimer Erbe. Ein Barraira…, der Letzte…

Und jetzt geh, sonst lasse ich dich aus dem Hause peitschen.“

Ihre jetzt kühle, gebieterische Stimme weckte ihn. Nur langsam kehrte er in die Wirklichkeit zurück. Die Abgründe der Seele geben ihr Opfer nur ungern frei.

Sie lächelte wieder, und für einen Augenblick sah man jene Sinnlichkeit der sie es verdankte, das Männer, jung oder alt ihr zu Füßen lagen. Mit demselben Lächeln verwies sie ihn des Hauses, des Landes, etwas das einer Kriegserklärung gleichkam. Xedek schwor Rache, diese Kränkung konnte er nicht auf sich ruhen lassen. Mit diesen Gedanken kehrte er zurück nach Herso.

„Mit Frauen kämpfe ich auf meine Art. Ein Kampf der auch ohne Truppen bereits im vorneherein für mich entschieden ist. Sieg.“ Diese seine sonst so gerne zitierten Worte schienen nach seinem letzten Besuch auf Ars etwas von seinem alten Glanz verloren zu haben.

Doch das er den Kampf, der noch nicht einmal begonnen hatte, aufgeben würde stand außer Frage. Zu wichtig schien ihm gerade jetzt den Sieg davonzutragen. Es war keine Zeit zu verlieren. Noch war sie seine Frau, doch in einer Woche würde er sie und seine Ansprüche auf Ars unweigerlich verlieren. Mit unlauteren Mitteln zu kämpfen war für ihn nichts Neues, er wusste was zu tun war. In wenigen Tagen könnte er wieder bei ihr sein, dann würde er sich nehmen was ihm zustand, mit Gewalt wenn nötig.

Und wieder kam ihn ihr Lächeln in den Sinn. Dieses Lächeln…, war es nun eine Liebeserklärung oder eine Kampfansage? Egal, er würde es als das nehmen was immer es auch war.

„Dein Sohn befindet sich an Bord meiner Maschine, also ist es besser du tust was ich dir sage.“ Masheba war nicht erstaunt, auch nicht von der Heftigkeit seiner Worte. Sie hatte so etwas Ähnliches erwartet, nur nicht das es so schnell gehen würde. Nun war es zu spät um Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.

Wenn nur Tarik hier wäre…! Doch im gleichen Augenblick verwarf sie diesen Gedanken, sie wusste, dass ein Blutbad dann unvermeidlich gewesen wäre.

„Es ist also besser du kommst freiwillig mit.“ Seine Worte rissen sie aus ihren Gedanken und die folgenden machten ihr grausam die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation klar.

„Solange du nicht beweisen kannst, dass ich nicht der Vater bin, bin ich es. Kein Gericht in diesem Universum wird sich anders entscheiden. Also wie du siehst meine geliebte Gattin mache ich nichts Illegales. Und jetzt komm du kleines Biest, lass uns gehen. Den Rest der mir zusteht den hole ich mir später.“ Fassungslos starrte sie auf diesen Mann der tatsächlich immer noch ihr Ehemann war und den sie jetzt bedingungslos, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein würde. Gegen Gewalt in der Ehe gab es kein Gesetz. Das Gesetz der Dakuai galt hier nicht mehr. Sie musste sich den Regeln ihres Mannes, den Gesetzen des Landes ihrer Eheschließung beugen.

Sie würde freiwillig mitkommen, er hatte sie in der Hand. Ein geschickter Schachzug, das musste sie ihm zugestehen. Ihm eine hysterische Szene bieten über die er nur lachen würde…, nein! So konnte sie sich vor ihrem Volk, doch vor allem nicht vor ihm erniedrigen.

Ihr letzter Gedanke galt Tomo der sich auf seinem Zimmer befand. Er würde auch ohne sie zurechtkommen, seit ein paar Tagen schien es ihm wieder besser zu gehen.

Ihr Blick aus dem Fenster streifte die Wipfel der letzten Bäume die den Rodungen noch nicht zum Opfer gefallen waren. Nur über einer alten Eiche zog träge ein Falcke seine Runden. Ziellos, so wie sie selbst in den letzten Wochen, in denen sie um ihrer Einsamkeit zu entrinnen, gedankenverloren durch die kalten Räume irrte.

Ein heftiges pochen riss Masheba aus ihren Gedanken. Es war ihr Mann der wutentbrannt in der Türe stand. Mit drohender Gebärde näherte der Graf sich seiner Frau.

„Du Hure…, wer ist der Vater des Kindes? Nun gib es endlich zu?“ bislang hatte auch er dieses Thema strikt vermieden, doch hatte sie diese Frage schon lange erwartet, wenn auch nicht mit solcher Heftigkeit.

„Ich weiß es nicht.“ Klar und deutlich kam ihre Antwort, fest und entschlossen ruhte ihr Blick auf ihm. Nichts hätte ihn mehr in Erstaunen setzen können, nicht einmal der Name eines Dienstboten.

„Mit wie vielen Männern hast du sonst noch geschlafen…?“ Brutal umfasste er ihren Arm, riss sie an sich. Furchtlos, den festen Griff ignorierend, blickte sie ihm ins Gesicht.

„Nur mit einem, doch kennst du ihn nicht. Also behalte deine Rachepläne für dich. Sein Name ist Roman, Roman Jevitch.“ Diese Lüge fiel ihr nicht schwer, da Tarik schon einmal unter falschen Namen sogar die Einwanderungsbehörde täuschen konnte. „Roman“, sie musste lächeln als ihr der Name plötzlich wieder einfiel.

Tarik geliebter Freund, was hätte ich ohne dich getan… Ein zärtliches Lächeln umspielte ihr Gesicht, und nur das kühle Licht der späten Sonne reflektierte ihre Gedanken.

So wie ein Vulkan seine todbringenden Massen ausspeit, die schon zu lange unter der Oberfläche brodeln, so öffnete sich nun ihre Seele, um die erneute Einsamkeit der letzten Monate hier auf Herso herauszuschreien.

Ein stummer Hilferuf, ein lautloser Schrei, der solange auf Erlösung gewartet hatte.

Ich liebe dich…, wollte sie hinausschreien, stattdessen sagte sie nur mit leiser erstickter Stimme: „er ist mein bester Freund, doch du… du hast mir so gefehlt…“

Worte nur, doch öffneten sie eine Schleuse.

„Seit der ersten Sekunde, damals auf Ars, wusste ich das ich dich liebe.“ Entsetzt hielt sie inne…, wie konnte sie nur…!

Ihr war klar, sich mit diesen unbesonnenen Worten ausgeliefert zu haben. Doch nun war es zu spät. Sie musste zu ihren Gefühlen stehen. Nur so, das wusste sie, würde sie sich auch von ihnen lösen können. Diese Worte, den Mut zu diesem Eingeständnis, so plötzlich und unerwartet sie auch kamen überraschen in diesem Moment jedoch keinen von beiden. Unausgesprochene Worte bisher, auf die er, der kühle, arrogante Machtmensch unbewusst doch sehnsüchtig schon allzu lange gewartet zu haben schien.

Im flammenden Grün des Sonnenuntergangs wirkte seine Erscheinung, seine Nähe nicht mehr bedrohlich. Tief drangen ihre Stimme und ihre Worte, die nichts mehr mit seiner Frage zu tun hatten, bis in sein Innerstes vor. Tiefer noch. Bis dorthin, wohin seit Menschengedenken kein Sonnenstrahl, kein belebender Nektar, in das Brachland der Gefühle vorgedrungen war. Dort regte sich ein Funke, schwach, doch stark genug um eine Liebe, eine verschüttete Sehnsucht neu zu entfachen.

„Und ich liebe dich immer noch…, mehr denn je.“

Das Schweigen in dem sich nur ihre Blicke trafen vertiefte das Gefühl der Verbundenheit, räumte keinen Platz ein für Gedanken, die sich seiner sonst skeptischen Persönlichkeit wie von selbst aufdrängten. Die Sekunden wurden zu Stunden, zu Tagen. Die zärtlichen Umarmungen, die sinnliche Erregung ihrer Sinne, ihrer Körper, der süße Duft ihrer Haut in den er sich verlor, ließen keinen Raum für Fragen und Gedanken. Nach langem Schweigen löste sich ihre Verschmelzung, heraus kristallisierten sich zwei Persönlichkeiten die sie beide vorher nicht kannten. Eine Erfahrung die nur wenigen zuteile wird. Jeder Blick, jede Geste entführte sie wieder in das Reich der Sinne, dahin wo jede Bedeutung relativ ist, in eine Dimension in der nur ihre innersten Wahrheiten von Bedeutung waren.

Sie war nun kein Kind mehr, sie war eine wundervolle Geliebte und erfahren und genoss es ohne Scheu und Scham.

Mit grenzenloser Zärtlichkeit strich er ihr durchs Haar, über ihr Gesicht, ihren schönen Körper und verweilte auf ihrer Brust um den Herzschlag verebbender Leidenschaft zu fühlen.

„Ich liebe dich mein Kleines, hilf mir mit diesem Gefühl fertig zu werden.“

Das was Xedek nun erlebte war etwas ihm Unbekanntes. Es war Liebe. Keine bloße Leidenschaft, nicht nur körperliches Begehren, es war viel viel mehr. Es überfiel diesen kalten Machtmenschen mit solcher Urgewalt, dass er nicht anders konnte, als davor zurückzuschrecken.

Die Stärke seiner Frau entführte ihn in bislang unbekannte Höhen, doch fast genauso schnell fand er sich wieder mit beiden Beinen auf den Boden der „Tatsachen.“ Glück ist Stillstand, raunte eine innere Stimme aber du willst mehr.

Sein altes Gewand, in einer Welt des fressen oder gefressen werden abzulegen wäre auch nicht ratsam gewesen. Die andere Seite, die Dunkle, hatte ihn schon bald wieder fest im Griff.

Ihre Ehe, was das zwischenmenschliche betraf, beruhte von vorneherein auf einem Missverständnis. Ihre damalige Schüchternheit empfand er als Zurückweisung, sie seine stürmische Zärtlichkeit als rohe Gewalt. Tariks Liebe hingegen als den Balsam der ihre seelischen Verletzungen heilte. Die Zeit mit ihm machte sie auch zu dem was sie nun war, eine Frau die den stürmischen brachialen Leidenschaften ihres Mannes gewachsen war.

Um jedoch seine Psyche zu verstehen dazu reichte ihr Wissen nicht aus.

Während sie sich ihm in den folgenden Monaten zu öffnen versuchte verschloss er sich wieder. Ihre letzten Worte damals auf Ars hatten ihn zutiefst verletzt meinte er jetzt, und andererseits Schleusen geöffnet, denen er seinerseits nicht gewachsen war. Liebe und Hass, mit diesen zwei Extremen, die doch so nahe beieinander liegen, konnte dieser Mann, verankert in seiner eigenen Realität nicht klar kommen.

Seinen Hass entlud er bei ihr, seine Begierden bei den zahlreichen willigen Mätressen. Seine Liebe, das zarte Pflänzchen, das erst jetzt wieder als einsamer Spross auf zubetonieren Boden zu keimen begonnen hatte, erstickt er, noch bevor es die Möglichkeit hatte Früchte zu tragen.

Waren die ersten sechs Monate ihrer Ehe von Einsamkeit geprägt, würde dieser Aufenthalt in den kühlen Gemäuern zur Hölle werden, aus der nur ein Wunder sie erretten konnte.

Mashebas Kräfte schwanden. Konfrontiert mit der dunklen Seite konnten ihre positiven Kräfte, die durch die Liebe erst voll zum Leben erwacht waren, dieser eisigen Kälte nicht standhalten. Einer Hölle entronnen, schien sie nun in eine noch tiefere zu fallen. Die Höhen der letzten Wochen, unbekanntes Terrain auch für sie, in denen sie sich jedoch gut zurechtfand, blieben ihr jetzt verschlossen. In die schwarzen Abgründen in denen ihr Geliebter sich gut zurechtfand, in die er sie nun mitzureißen drohte, stand sie auf verlorenem Posten.

Beider Charakter trennte Welten die mit normalen Mitteln nicht zu überbrücken waren.

Nur in den Augenblicken in denen er den Dämonen seiner Welt, den apokalyptischen Vorboten, dem Hass, dem Argwohn und all den anderen Mächte der dunklen Seite entkam, schwebten beide wie Kinder über blühende Felder und Wiesen. Schwester und Bruder, Mutter und Kind, Geliebte in alle Ewigkeit. Die Begierde ihrer Körper entrückte in weite Ferne. Sie spielten das Spiel der Trolle und Kobolde, Elfen und Götter, so wie sie es seit Anbeginn der Zeit kannten. Durch die Angst sich im „Chaos“ der Gefühle zu verirren, einen Narren aus sich zu machen, baute er die Mauer, die in solchen Momenten wieder am einstürzen war, erneut und endgültiger auf.

Neue Barrieren entstanden, die ihn immer weiter die Freiheit nahmen Mensch und frei zu sein, ihn immer mehr zur dunklen Seite mit ihren negativen Emotionen hindrängten. Ein Blutbad der Gefühle auf beiden Seiten.

Die Neunte Dimension

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