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13 Tomos Geständnis

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Vor nun mehr als sechzehn Jahren war er, ein Vagabund, ein Pirat, mit den kläglichen Resten einer Mannschaft, wenn man diese dann so nennen wollte, aus den Tiefen des Alls gekommen. Aus einer Dimension ohne Gesetze und ohne Skrupel, da wo Bündnisse geschlossen und genauso schnell wieder gebrochen werden. Drei abgemagerte und zerlumpte Gesellen denen Haraikos das Asyl um das er bat gewährte. Bei den Dakuai, in deren Vergangenheit sich „ähnliche“ Dramen abgespielt hatten, von denen jedoch niemand sprach, fand er Verständnis. Hier war ihnen und allen Verfolgten ein Platz sicher. Man wusste, da draußen in den Tiefen des Alls tobt immer noch ein gnadenloser Kampf ums Überleben. Ein immerwährender Kampf, und nicht nur der der Elemente.

Grausige Wahrheiten lauern dort draußen. Grausige Geheimnisse die nie eines Menschen Gedanken auch nur streifen würden.

Große Geheimnisse umgaben aber auch das Volk der Dakuai. Mysterien denen die Mythen die man sich in der Außenwelt erzählte jedoch nicht gerecht werden können. Nur Geheimschriften, verschlossen in bleiernen Truhen, erzählten die wahre Geschichte.

Sie bergen auch, verborgen von den Dunklen Mächten, die Mysterien der Großen Weihen. Ein Wissen das helfen wird sich dem letztendlichen Geheimnis dieses Universums zu nähern…, dann wenn die Zeit gekommen ist.

Doch in Tomos Fall waren es nicht die bösen oder gar dunklen Mächte die ihn verfolgten, viel eher hatte er in den Reihen krimineller Individuen selbst einen nicht unwichtigen Platz eingenommen.

Als jüngster Spross einer adeligen Familie hatte er wenig Aussicht auf ein angemessenes Erbe, und so zog er, was auch eher seiner Natur entsprach, in die Ferne. Da war das Naheliegendste, da mit ehrlicher Arbeit weder Reichtum noch Ruhm zu erlangen war, sich einer Gruppe führerloser Kleinkrimineller anzuschließen, von denen es allerorts nur so wimmelte.

Der nächste Schritt, ihr Anführer zu werden, war schnell getan.

Er war der geborene Befehlshaber und seine kleine Gruppe verbreitete bald Angst und Schrecken. Wenn ihr kleines, dafür umso wendigeres Raumschiff am Himmel zu erkennen war, dann war es bereits zu spät.

Er beherrschte den Raum, willkürlich, tyrannisch. Doch auch die Konkurrenz schläft nicht. Es gibt immer einen der noch schneller, noch skrupelloser ist. Angeschossen, mit letzter Kraft schaffte es die noch halbwegs lebendige Mannschaft mit dem stark beschädigten Gefährt zu entkommen und unerkannt auf Ars zu landen.

„Es hätte schlimmer kommen können“, meinten die Beduinen die die Bruchlandung aus sicherer Entfernung miterlebt hatten. Als man sie dann endlich fand lebten nur noch drei von ihnen. Durch die gute Pflege der Einheimischen verbesserte sich ihr angeschlagener Zustand zusehends.

Tomo wusste, dass die Wiederherstellung seines Raumschiffes dauern konnte, wenn es überhaupt eine Möglichkeit dazu gab - der Bordmechaniker hatte den Absturz nicht überlebt. Der Verlust sei zu verschmerzen, meinten die Überlebenden, da auf diesen primitiven Planeten ganz sicher keine Ersatzteile zu finden sein würden.

Es war von Nöten zu handeln…, rasch zu handeln. Ein teuflischer Plan war schnell gefasst. Er konnte nicht riskieren erkannt zu werden.

Man glaubte ihm seine Geschichte vom Handlungsreisenden der Opfer eines immer gefährlicher werdenden Berufsstandes geworden war - doch wie lange noch?

Man würde eventuell Erkundigungen einholen, man würde ihn ausliefern. Die Kerker und Arbeitslager des Imperators sind kein angenehmer Aufenthaltsort… hatte er doch selbst sehr vielen zu einem verlängerten Aufenthalt dorthin verholfen.

Sein Entschluss war schnell gefasst. Haraikos musste beseitigt werden. Er würde seinen Platz einnehmen. Die Legende der Dakuai war auch ihm zu Ohren gekommen…, der Sieger ist der neue Anführer. Im fairen Zweikampf, das war ihm rasch klar, würde der blonde Hüne kaum zu besiegen sein. Doch listenreich war Tomos Plan und gut gefüllt seine Giftküche an Bord.

Jetzt scheint mich jemand mit meinen eigenen Mitteln zu schlagen…, seit Monaten schon ging ihm dieser Gedanke nicht mehr aus dem Kopf. In geringen Dosen ein nicht tödliches Gift, ein nicht sofort tödliches Gift. Nur allzu gut kannte er die Symptome…, allzu oft hatte er damit unliebsamen Gegnern außer Gefecht gesetzt

„Wer konnte jetzt, nach all den Jahren Interesse daran haben meinen Tod zu wünschen?“ Dieser laut ausgesprochene Gedanke war mehr an ihn selbst als an das Mädchen gerichtet, das bereits seit Stunden an seinem Lager harrte.

Erneut schweiften seine Gedanken ab, zurück in die Vergangenheit, und den beiden Kameraden die die Bruchlandung überlebt hatten. Mackee war längst Tod und Zeboz S. Labinsky von den Dakuai des Landes verwiesen. - Tomos „Bordküche“ enthielt nicht nur Gift, sondern auch Drogen. Zeboz wurde dabei erwischt, wie er sich damit eines der jungen Mädchen gefügig machen wollte.

Tomos Vorschlag, ihn am höchsten Baum aufzuknüpfen wurde abgelehnt, die Todesstrafe kam in ihren Gesetzbüchern nicht vor.

Er konnte sich noch gut an diesen Mann erinnern. Einen einst leitenden Angestellten, eines jener Pharmakonzerne die nie rote Zahlen schrieben, und der von seinen Kollegen, die vielleicht nicht skrupelloser, aber in der Überzahl waren, ins Abseits gedrängt, und wegen Veruntreuung kurzerhand vor die Türe gesetzt wurde. ‚Veruntreuung, das ich nicht lache‘, so erzählte er es später seinen Kumpanen ‚alles erstunken und erlogen, denn das was ich wirklich gemacht hatte konnten diese Hallunken so und so nicht begreifen. Man wollte mich einfach nur los werden, warum teilen…‘

Ganz deutlich konnte er ihn wieder vor sich sehen. Seine dicke Hornbrille, schwarzgerändert, den kahlen Kopf und seinen watscheligen Gang. Tomo kannte die Gedanken seines ehemaligen Kumpels nicht, doch fiel es ihm nicht sonderlich schwer sich diese vorzustellen. Ein geistig verwahrlostes Subjekt…, doch er war weit. Wer also konnte ihm das Gift verabreicht haben…? Immer und immer wieder derselbe Gedanken, doch er kam zu keinem Ergebnis.

Die Sonne war längst untergegangen, der Mond stand hoch am Himmel als Tomo die Augen öffnete und schwer atmend fortfuhr:

„Deine Heirat mit Xedek kam mir sehr gelegen. Da ich selbst keine Kinder habe, weder mit deiner Mutter noch mit deiner Tante, warst du der Schlüssel zu meiner Macht. Zu schade, dass du nicht schwanger bist. Sogar jetzt, verstoßen“, verdrießlich verzog er den Mund „wäre dir als Mutter des Thronfolgers das Erbe gesichert.“ Mashebas fragender Blick entlockte ihm nur ein mattes Lächeln.

„Als Schwiegervater wäre ein Besuch auf Herso wohl angebracht und nicht verdächtig gewesen. Nach seinem frühen Tod, dafür hätte ich schon gesorgt, wärst du als seine Frau, laut Gesetz noch vor seinen Kindern aus erster Ehe, die außerdem noch minderjährig sind, seine legitime Nachfolgerin geworden. Alleinherrscherin über Herso und seine Kolonien.

Doch jetzt ist alles umsonst, ich liege im Sterben und du bist nicht schwanger.“ Wehmütig schweifte sein Blick ab und seine Stimme, erschöpft vom vielen reden, senkte sich zu einem erneuten flüstern. Masheba musste sich über ihn beugen um ihn zu verstehen.

Einige Sekunden lang schwieg er und schien in sich hineinzuhorchen. Ein innerer Kampf schien ausgefochten, dann fuhr er fort:

„Eigentlich begann alles viel früher…, damals…, damals als ich deine Mutter zum ersten Mal sah. Ich habe sie begehrt…, von ersten Moment an.“

Es folgte eine lange Pause, er schien mit etwas zu kämpfen, dann: „Ich habe deinen Vater zum Duell gefordert und getötet“ diese Worte glichen eher einem trotzigen Aufschrei als einem Geständnis.

„Im Zweikampf… verstehst du!“

Doch dass dieser nicht fair war verschwieg er. Masheba schnürte es die Kehle zu, doch zwang sie sich ruhig zu bleiben.

„Es war Moira deine Mutter, die, hätte ich nicht schon den Plan gefasst, mir den letztendlichen Anstoß dazu gab. Das Begehren sie zu besitzen erfasste mich mit solcher Leidenschaft, dass ich eigentlich gar nicht anders handeln konnte.“

Er stöhnte und schwieg plötzlich. Erschöpft lehnte er sich in die Kissen zurück. Wenig später zeugten regelmäßige Atemzüge davon, dass er eingeschlafen war.

Gebannt hatte sie jedem Wort lauschte. So unglaublich es auch schien, wusste sie, dass dies die Wahrheit war nach der sie so lange gesucht hatte. Der Schmerz wich einem warmen Schauer der Freude. Also war das was sie tief in ihrem inneren verspürte die Wahrheit, die fast verblassten Bilder Teil ihres wirklichen Lebens! Ihr Vater…, ihre Mutter…, deren schützende Hand sie in manch verzweifelten Moment spürte, kein Trugbild. Doch warum hat Hannah ihr nie davon erzählt? Wollte sie sie etwa schützen…, doch vor was?

“Wenn du die Gegenwart verstehen willst musst du die Vergangenheit kenne“, und nur wenig später ihr plötzlicher Tod.

Die Worte die sie aus Tomos Mund vernahm, so grausam sie auch waren, konnten sie nicht mehr entsetzen. Die Wahrheit gab ihr einen Teil ihrer Identität zurück. Ihrem Ich, nach dem sie solange schon gesucht hatte. „Wer bin ich…? Warum bin ich so einsam…?“ Die entsetzliche Leere, die erst endete als Pasha, ihr geliebter Geparden, in ihr junges Leben trat. Für den Rest, was ihr gegenwärtiges Leben betraf, gaben Tarik und Chetosan ihr Halt und Zuversicht.

Obwohl ihr wenig Zeit blieb den alten Weisen zu besuchen, um am Unterricht, der ihr die Mysterien der eigenen Vergangenheit und die ihres Volkes verständlich machte, öffneten sich ihr mit dieser Lektion neue Horizonte. Diese Zeit reichte jedoch nicht aus um die verlorenen Jahre nachzuholen. Trotzdem, viele Fragen wurden beantwortet, doch noch mehr Fragen die nach einer Antwort verlangten blieben offen.

Dennoch, der alte Mann konnte sehen dass seine Schülerin bald so weit sein würde die Großen Weihen zu empfangen, doch er drängte sie nicht. Sie alleine würde wissen wann sie so weit war.

Die Neunte Dimension

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