Читать книгу Die Neunte Dimension - Arden della Fenice - Страница 19

14 Maude und Xedek

Оглавление

„Du hast dich verändert!“

„Maude, teure Freundin es ist über sechs Jahre her seit wir uns zum letzten Mal sahen.

Wir alle verändern uns.“ In Xedeks knapper Antwort schwang ein bitterer Unterton.

Auch ihn hatten die Besuche beim Imperator verändert, unmerklich zuerst, doch in letzter Zeit nahmen diese Veränderungen krasse Formen an. Aggressionen, die er vorher nicht kannte, machten es zeitweise nicht nur seinen Mitmenschen schwer mit ihm auszukommen. In solchen Momenten hasste er sich selbst. Doch auf die Idee, all das mit seinem Aufenthalt auf dem Weißen Planeten in Verbindung zu bringen, wäre er nicht gekommen. Dieser Wechsel seiner Stimmung kündete sich stets mit leichten Kopfschmerzen an, das war auch ihn schon aufgefallen, doch dann war es meist zu spät. Diejenigen die das Unglück hatten in diesen Momenten in seiner Nähe zu sein kannten die Konsequenzen.

„Du bist überarbeitet. Ein paar Wochen fernab deiner Verpflichtungen werden dir gut tun. Du bist mein Gast solange es dir gefällt.“ Er musste Grinsen. Seine gute alte Freundin versuchte es doch immer wieder. Mit Erfolg.

„Meine Mädels sind schon außer sich vor Freude.“ Sein Grinsen wurde breiter. Ja die Mädels von Madam Maude waren die schönsten weit und breit. Ebenso ihr Haus, wohlgeführt und nur der Elite zugänglich. Maude besaß den bestgeführtesten Nachtclub auf Sovo. Bekannte Stars, Sänger und Artisten tummelten sich auf ihrer Bühne.

Die Mädels hingegen, die den Gästen zur Unterhaltung dienten, hatten meist ein ähnliches Schicksal wie das ihrer Chefin, und das machte sie zu einer großen einträchtigen Familie. Maude wachte streng über das Leben ihrer Zöglinge, doch wenn Amor seine Pfeile zückte war selbst sie machtlos.

Xedek war kein gewöhnlicher oder gar bezahlender Gast des Hauses, doch gute Trinkgelder waren den Mädels bei seiner Abreise sicher, was jedoch nicht der Grund war weswegen man ihn liebte.

„Deine kleine Freundin erwartet dich schon sehnsüchtig. Du hast sie vernachlässigt.“ Sie konnte gut verstehen was dem jungen Mädchen an diesem Mann gefiel, sie selbst wäre beinahe seinem rauen Charme erlegen, doch dann war Yadin in ihr Leben getreten.

Ihre gemeinsame und stürmische Vergangenheit war die Bradforth Universität von Sovo, die bekannt dafür war, dass sie die unterschiedlichsten Talente zu fördern wusste. Nicht dass ihr Beruf auf dem Lehrplan des renommierten Institutes stand, doch entließ es auch ungewöhnliche Charaktere wie den ihren ins tägliche Leben. Ihre Freundschaft war viel mehr als nur die alter Studienfreunde. Es hatte sich jene Vertrautheit entwickelt die man nur zwischen Kameraden mit gemeinsamer Vergangenheit finden kann.

Ihre unkomplizierte Freundschaft endete auch mit dem erscheinen Yadins nicht. Und als dann jene Schwierigkeiten eintraten, denen junge Menschen häufig begegnen, bewährte sich ihre Kameradschaft. Als Sohn reicher Eltern konnte Yadin es sich erlauben sie zu schwängern und sie, ohne die Konsequenzen mitzutragen, sitzen lassen. Mit dem Geld das seine Eltern ihr für einen Schwangerschaftsabbruch angeboten hatten, war, wie diese meinten, die Jugendsünde ihres Sohnes beglichen. Ihre eigenen Eltern waren längst verstorben, von der Schulleitung war keine Hilfe zu erwarten, nur ihre drei Freunde standen ihr mit Rat und Tat, und Xedek, der es sich noch am ehesten leisten konnte, auch finanziell zur Seite.

Von der Schule verwiesen, keine abgeschlossene Ausbildung und schwanger, hatte sie keine anderen Aussichten als auf untergeordnete Jobs die sonst keiner tun wollte. Und so war sie, durch „glückliche Fügung“ wie sie es nannte, bei Rodany im Ariston, gelandet. Man suchte eine Sängerin…, ihr Zustand war ihr noch nicht anzusehen…, und…, sie hatte nichts zu verlieren. Der Entschluss war schnell gefasst, ihr Schicksal schnell entschieden. Ihre raue rauchige Stimme machte sie bald zu einer begehrten Künstlerin.

Angebote blieben nicht aus, die besten Häuser überboten sich, ihre Gagen übertrafen bald die der bestbezahltesten Stars des Landes. Doch kehrte sie immer wieder ins Ariston zurück. Nach Rodanys frühem Tod, und auch um in der Nähe ihres Kindes zu sein, übernahm sie dann die Führung des Hauses.

„Mein Sohn ist nun beinahe zehn Jahre alt, du wirst ihn nicht wiedererkennen.“ Voller Mutterstolz zeigte sie ihm ein Foto der hübschen Jungens, der zu ihrer Erleichterung seinem Vater in keinster Weise ähnlich sah.

Um anderen Mädchen ihr Schicksal zu ersparen gab sie ihnen nicht nur Arbeit in einer sicheren und freundschaftlichen Atmosphäre, sondern ermöglichte es jenen, die, aus welchem Grund auch immer ihr Studium abbrachen, es abzuschließen. Einige ihrer Schützlinge absolvierten mit Erfolg die Bradforth Universität, und wenn sie nicht die Bühne als Laufbahn wählten, einflussreiche Männer ehelichten. Niemand hätte gewagt ihre Vergangenheit als zwielichtig hinzustellen.

„Macht es den Männern nicht zu leicht. Sie schätzen nicht was sie zu einfach bekommen“, lautete ihre Devise.

„Du hast der kleinen Tamireh das Herz gebrochen, als sie von deiner Heirat erfuhr. Jetzt da du fast wieder Junggeselle bist, wirst du doch sicher ein paar Tage mit ihr verbringen. Deine Frau ist zwar die Nichte meiner Freundin, doch wie ich sehe willst du dich von ihr trennen und somit sehe ich nichts Verwerfliches in diesem Angebot. Tamireh wird dich auf andere Gedanken bringen. Und vielleicht…, wer weiß…, geben ein paar Tage in entspannter Atmosphäre deiner Ehe doch noch eine Change.“

Hannahs Tod, mit dieser Nachricht er bisher gewartet hatte, erschütterte sie sehr, waren sie doch die besten Freundinnen. Nicht nur in ihrer Studienzeit, sondern gerade dann als alle anderen sich von ihr abwandten. Das unzertrennliche Kleeblatt wie man sie damals nannte. Hannah, Tarik, Xedek und sie, die um einige Jahre älter war.

„Doch nun zu dir, zu deiner Heirat! Die Medien bezeichneten euch als das Traumpaar des Jahres.“

Xedeks Mine verfinsterte sich. „Traumpaar für die Außenwelt, doch mit einem halbwilden und störrischen Kind kann man nicht einmal den äußeren Schein aufrecht erhalten. Sie ist nicht reif für eine Ehe.“

„Vielleicht verkennst du den Charakter der Dakuai. Ohne ihren wilden und „störrischen“ Charakter, wie du ihn nennst, wäre ich heute nicht hier. Hannahs Philosophie hat mir über unzählige Schwierigkeiten hinweggeholfen. Du kennst sicher die Sagen und Legenden die man sich über dieses Volk erzählt…? vielleicht solltest du dich einmal mit ihnen befassen.“

Ja, auch er hatte davon gehört und gelesen. Die Sagen und Legenden die sich um Ars und dessen Ureinwohnern ranken, erzählen, dass diese von den Elfen und Feen, ja sogar von den Göttern selbst abstammen, und dass sie sich für die letzten freien Wesen in diesem Universum hielten. Doch feenhaftes, außer ihrer ungewöhnlichen Schönheit die ihm damals auch schon bei Hannah aufgefallen war, konnte er an seiner Frau nichts entdecken.

„Maude, teure Freundin, du bist und bleibst eine unverbesserliche Romantikerin. Außer den ganz Alten und den Weisen, die in alter Tradition die Vergangenheit durch Legenden am Leben zu halten versuchen, glaubt das doch dort selbst keiner mehr. Als Legende wird deren Vergangenheit wohl die Generationen überdauern…, doch eben nur als Legende. Als Kind liebte ich diese endlosen Geschichten, die mir meine Mutter vor dem Einschlafen erzählte, viele kannte ich auswendig.“

„Die Wahrheit hat nicht viel mit diesen Geschichten zu tun. Es wäre traurig aus ihnen diese lieblichen und engelgleichen Wesen zu machen die sie nicht sind“, meinte Maude nachdenklich. „Entschlossenheit und Charakterstärke zeichnen dieses kleine Volk aus.“

„Entschlossenheit und Charakterstärke recht und gut, doch das sind männliche Eigenschafften.“ Xedeks Einwand diesbezüglich ließen keine Widerrede zu und so fuhr er, in einem für ihn, was seine Umgangsformen mit Freunden betraf, unüblichen schroffen Tonfall fort.

„Du sagst das ihr Volk von den Elfen abstammt, warum bei Jupiter hat man ihr dann nicht wenigstens die wichtigsten Prinzipien des Lebens beigebracht.“

„Die Prinzipien der Dakuai haben nichts mit dem kleinbürgerlichen Denken einer von machtbesessenen Männern dominierter Welt zu zutun. Die Mittelmäßigkeit die viele Männer für ihre Frauen anstreben, würde deine Frau ihrer wahren Weiblichkeit berauben. Was bleiben würde wäre nur Trostlosigkeit. Verkenne den Charakter wirklicher Frauen nicht. Du bist es gewohnt nur „Weibchen“ und dienende Wesen um dich zu haben. Und…, mein lieber Freund, verfalle nicht dem irrigen Glauben, dass deine verführerische Azara viel mehr als das Mittelmaß darstellt.“

„Maude, nun gehst du zu weit. Azara ist die einzige Frau die mich nun schon seit Jahren zu fesseln weiß.“ Xedek wurde wütend, hatte sich aber augenblicklich wieder in der Gewalt. Das Xedek charismatisch war und Selbstkontrolle besaß, konnte sie heute nicht zum ersten Mal feststellen.

„Es ist eure beider Abhängigkeit die euch aneinander fesselt. Sklaven eurer eigenen Lust. Wenn du dich der Begierde hingibst lebst du nur eine Illusion, erst wenn du die Begierde besiegst siehst du die Wahrheit hinter den Dingen.“

„Maude, nun gehst du wirklich zu weit.“

„Ich spreche von Begierde und Abhängigkeit, wenn ich von dir und deiner Geliebten spreche, und von Freiheit und Stärke der Dakuai, wenn ich an deine Frau denke, die ich leider noch nicht kennen gelernt habe.

Gehe keine Kompromisse mit deinen eigenen Grundsätzen ein, nur um anderen zu gefallen, denn das ist der erste Schritt deine Persönlichkeit zu verlieren“, fuhr sie gelassen fort. „Das ist eines der obersten Gebote der Dakuai. Das Kind, wie du deine Frau nennst, wird in einer Welt in der es ihre ethischen Werte leugnen muss verwelken.“ Xedeks Mine verfinsterte sich zusehends. Keine andere Frau hätte je gewagt so mit ihm zu sprechen, was Maude jedoch nicht davon abhielt fortzufahren.

„Sie wird, wenn sie ihren Charakter beibehält nicht im großen Topf des Vergessens enden, wie es das Schicksal so vieler anderer Frauen unserer Zeit ist.“ Wütend erhob er sich aus seinem bequemen Sessel und schritt zum Fenster. Seine Stimme bebte vor Zorn als er sich wieder an sie wandte.

„Bei Adonay, deine liberalen Gedanken mögen für deine Mädchen Gültigkeit haben, doch nicht für eine anständige Frau.“ Sie überhörte diese Provokation, stattdessen wechselte sie das Thema.

“Wie ich sehe bist auch du ein Anhänger des Gottkaisers Adonay!“

„Ja Maude, das bin ich, sowie auch schon vor mir mein Vater. Ich stehe tief in seiner Schuld. Er hat mich zu dem gemacht der ich heute bin. Jehovin ist fern und das seit vielen Jahren.“ Diese kurze Unterbrechung hielt ihn nicht davon ab sich wieder mit der Gegenwart und seiner Frau zu beschäftigen.

„Was soll ich mich mit diesem dickköpfigen Balg herumärgern, geh und bring mir Tamireh.“

Xedek mein Freund, du hast dich wirklich verändert…, doch diese Worte behielt Maude nun für sich.

Die Neunte Dimension

Подняться наверх