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2.3RUDERN WIRD POPULÄR UND EROBERT DEN KONTINENT

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Trotzdem entwickelte sich das Rudern als Freizeitvergnügen und Sportart schon bald nach den ersten Anfängen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Das wohl bekannteste Rennen ist der Universitätenwettstreit zwischen Oxford und Cambridge, der erstmals 1829 ausgetragen wurde.

Zwei Freunde (Charles Wordsworth und Charles Merrivale) hatten die Idee dazu. Beide kamen aus Oxford, Merrivale ging aber nach Cambridge zum Studium, besuchte weiterhin regelmäßig seinen Freund, der in seinem Heimatort studierte und ruderte. Irgendwann hatten sie dann die Idee zu einem größeren Rennen und steckten damit auch ihre Professoren an den beiden Hochschulen an. So kam es am 10. Juni 1829 zum ersten „Boat-Race“. 1845 zog man dann auf die noch heute genutzte Strecke der Themse zwischen den Londoner Stadtteilen Putney und Mortlake. Seitdem haben nur die beiden Weltkriege und im Jahr 2020 die Corona-Krise für einen Ausfall des legendären Wettstreits gesorgt.

Das Besondere ist übrigens die Abhängigkeit des Regattadatums von Ebbe und Flut. Die Themse in London wird von den Gezeiten – englisch Tide – beeinflusst, der Abschnitt des Rennens wird deshalb auch der Tideway genannt. Dieser Umstand sorgt dafür, dass als Datum immer ein Wochenende zwischen Ende März und Anfang April festgelegt wird, bei dem das auflaufende Wasser des Flusses zwischen Vormittag und spätem Nachmittag seinen Höchststand erreicht. Nur dann ist die Themse dort breit genug, um genügend Platz für die meist spannenden Bord-an-Bord-Kämpfe auf den gefahrenen 6,8 Kilometern zu bieten. 165 Rennen gab es bisher, 84-mal gewann Cambridge, 80-mal Oxford. Und das eine Unentschieden ist der Legende geschuldet, dass der Zielrichter 1877 wohl zu betrunken war, um am Ende ein Ergebnis festzulegen.

Inzwischen fahren auch die Frauen der beiden Universitäten ihre Rennen auf dem Tideway aus. Wie heute noch die Leichtgewichtsmannschaften und Ehemaligen der Universitäten starteten sie bis 2011 in Henley auf dem dortigen, etwa 2.250 Meter langen Regattakurs. Dort findet bis heute eine legendäre Regatta statt mit königlichem Status. Dazu auch später etwas mehr.

Von der britischen Insel aus verbreitete sich der Rudersport in Richtung europäisches Festland. Schon 1830 gründeten englische Kaufleute, die mit ihren Kollegen in Hamburg eifrigen Handel unterhielten, in der Hansestadt den ersten Klub auf deutschem Boden. 1836 hatten sie die Hamburger Kaufleute so sehr für das Rudern begeistert, dass diese den ersten deutschen Klub gründeten. Er zählt auch wegen seiner Historie noch heute unter dem Namen „Der Hamburger und Germania Ruderclub“ zu den erfolgreichsten und bedeutendsten Rudervereinen in Deutschland.

Die Austragung von Regatten stand an erster Stelle des Vereinszwecks und bald gründeten sich weitere Vereine und Regattainitiativen unter anderem in Berlin, Frankfurt und Mannheim. Gefördert wurde das nicht zuletzt durch das Kaiserhaus in Berlin, wenn auch mit einem eher unsportlichen Hintergrund. Da Rudern den ganzen Körper in Anspruch nimmt und die Disziplin unter dem Kommando eines Steuermanns eine große Rolle spielt, betrachteten die Monarchen und ihre militärischen Berater den Rudersport als eine gute körperliche und moralische Grundausbildung kommender Soldatengenerationen. Wohl auch deshalb ist hier die Grundlage für viele Vereinsgründungen von Ruderklubs in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts zu suchen.

Doch der sportliche Gedanke kam nicht zu kurz. Sport braucht Regeln und um diese zu vereinheitlichen, damit man landesweit gegeneinander Wettkämpfe austragen konnte, gründete sich 1883 der Deutsche Ruderverband (DRV), unter dessen Dach die Vereine und Regattaausrichter sich koordinierten und sich auf einheitliche Austragungsformen von Ruderrennen verständigten. Der DRV gilt damit als der älteste deutsche Sportverband. Heute hat er seinen Sitz in Hannover, rund 500 Vereine, Regattaverbände und Schülerrudervereinigungen sind in ihm zusammengeschlossen. Insgesamt sind über die Vereine rund 83.000 Einzelmitglieder dem Verband mittelbar angeschlossen, von denen der größte Teil das Rudern vor allem als Freizeit- und Breitensport zur eigenen Fitness ausübt. Nach wie vor gehört aber der Wettkampfsport, aus dessen frühen Anfängen mal alles entstand, zu den prägenden Verbandsaufgaben.

Auch in anderen europäischen Staaten hatte inzwischen das Rudern an Stellenwert im Sport gewonnen, nicht zuletzt gefördert durch die höheren Schichten der Gesellschaft. So kam es dann 1892 zur Gründung des internationalen Ruderverbandes durch die Schweiz, Frankreich, Italien, Belgien und die damals eigenständige Region am nordöstlichen Mittelmeer. Da Französisch in diesen Staaten die gebräuchliche Amtssprache war, einigte man sich auf den Namen Fédération Internationale des Sociétés d'Aviron, kurz FISA genannt. Diese internationale Föderation der Ruderverbände gilt als ältester Sportverband der Welt, dem heute 155 nationale Verbände angeschlossen sind und der seinen Sitz in Lausanne/Schweiz hat.

An dieser Stelle soll es zunächst mit der Schilderung der Historie des Ruderns genug sein. Auf weitere Begebenheiten und Entwicklungen des Rudersports wird noch in späteren Kapiteln des Buchs eingegangen. Eines aber soll hier noch erwähnt werden: Vergleicht man das Rudern mit anderen heute populären Sportarten, wird man feststellen, dass die gesellschaftliche Entwicklung genau entgegengesetzt gelaufen ist. Stand das amateurhafte Freizeitvergnügen bei vielen Sportarten zunächst im Vordergrund, bevor es zu professionellen Formen des Sports mit heutigem Ausmaß kam, war es beim Rudern genau umgekehrt. Handel, politische Interessen und Lebensunterhalt standen bei den antiken Völkern und dann den Watermen im Vordergrund, als sie zu den Ruderriemen griffen.

Vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Europa nach und nach friedlicher wurde, entwickelte sich das Rudern zur Sportart mit ausgeprägtem amateurhaften Charakter. Und auch wenn heute vor allem im Hochleistungssport die rudernden Akteure durch berufliche Absicherung in staatlichen Institutionen oder Sponsoren in der Zeit ihrer sportlichen Karriere finanziell abgesichert sind, gibt es keinen professionell ausgeübten Rudersport auf der Welt. Einige Topathleten haben nach ihrer Karriere hier und da die Möglichkeiten, ihre sportlichen Erfahrungen, verbunden mit entsprechenden Studienabschlüssen, auch weiterhin beruflich einbringen zu können. Aber das sind die Ausnahmen mit denkbar größtem Abstand zur heutigen professionell betriebenen Sportausübung in den populären Sportarten unserer Zeit.

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