Читать книгу Handbuch Wirtschaftsstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 178
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A. Zivilrechtliche Produkthaftung
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Kommt es bei der Verwendung in Verkehr gebrachter Produkte, die deren Entsorgung einschließt,[1] zu Rechtsgutsverletzungen und darauf beruhenden Schädigungen, so stellt sich zunächst die Frage nach einem Schadensausgleich, danach also, ob der Schaden nicht vom Geschädigten selbst zu tragen, sondern vom Produkthersteller oder anderen Personen zu ersetzen ist. Diese Problematik der zivilrechtlichen Produkthaftung ist Gegenstand einer Fülle gerichtlicher Entscheidungen und juristischer Literatur.
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Zivilrechtliche Produkthaftung ist vorrangig deliktische Haftung[2], des Näheren Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB.[3] Der Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Schadenseintritt auf einer Rechtsgutsverletzung beruht, die durch rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Ersatzpflichtigen verursacht wurde. Diese allgemeinen Voraussetzungen der zivilrechtlichen Deliktshaftung werden für die Produkthaftung so konkretisiert, dass eine insgesamt sehr strenge Haftung des Herstellers resultiert.[4] Bewirkt wird diese rechtspolitisch erwünschte weitgehende Produkthaftung zum einen durch die Statuierung strenger Herstellerpflichten. Sie reichen thematisch von der Konstruktion und Produktion über die Instruktion des Verwenders bis zur Beobachtung des bereits in Verkehr gebrachten Produkts.[5]
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Zum anderen hat die Rechtsprechung dem Geschädigten den Nachweis der Haftungsvoraussetzungen im Bereich der Produkthaftung wesentlich erleichtert. Zwar obliegt dem Geschädigten der Beweis dafür, dass die Verletzung seines Rechts durch ein fehlerhaftes Produkt hervorgerufen wurde.[6] Doch kann dieser Beweis nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises[7] bzw. durch eine „tatsächliche Vermutung“[8] erleichtert werden. Über diese allgemein bestehende Möglichkeit hinaus hilft zudem im Produkthaftungsbereich die Rechtsprechung dem Geschädigten mit einer Beweislastumkehr zu Lasten des Herstellers. In seinem grundlegenden Hühnerpest-Urteil hat der BGH entschieden, dass bei nachgewiesener Schadensverursachung durch ein fehlerhaftes Produkt dem Hersteller der Beweis dafür obliegt, „dass ihn hinsichtlich des Fehlers kein Verschulden trifft“.[9] Das trägt dem Umstand Rechnung, dass der Hersteller „näher daran (ist), den Sachverhalt aufzuklären und die Folge der Beweislosigkeit zu tragen“[10], als der Geschädigte.[11]
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Neben die deliktische Verschuldenshaftung ist seit dem 1.1.1990 die Gefährdungshaftung nach dem Produkthaftungsgesetz (PHG) getreten. Weitergehend als § 823 Abs. 1 BGB statuiert das PHG eine Haftung für Schädigungen durch fehlerhafte Produkte, ohne ein fehlerhaftes Verhalten (Inverkehrbringen der Produkte) vorauszusetzen[12]. Da in manch anderer Hinsicht die Produkthaftung gem. § 823 Abs. 1 BGB weiter geht als die nach dem PHG (so ist z.B. nur sie der Höhe nach unbegrenzt und geht u.U. auf Schmerzensgeld)[13], hat aber § 823 Abs. 1 BGB seine Bedeutung als Grundlage einer zivilrechtlichen Produkthaftung behalten.[14]