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VIII. Verjährung

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Die Verfolgung von fahrlässiger Tötung und Körperverletzung (sowie der vorsätzlichen Körperverletzung) und damit die der für die strafrechtliche Produkthaftung wichtigsten Straftaten verjährt in fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist, jedoch nicht vor Eintritt eines zum Tatbestand gehörenden Erfolges (§ 78a StGB).[184] Unabhängig vom Zeitpunkt des pflichtwidrigen Handelns beginnt also bei vollendeter Tötung oder Körperverletzung die Verjährung nicht vor Eintritt der Personenverletzung. Diese gesetzliche Regelung bereitet erhebliche Probleme, wo eine Handlung erst nach Jahren oder gar Jahrzehnten solche Verletzungen hervorruft. Diese Konstellation ist beim Inverkehrbringen von Produkten durchaus naheliegend, etwa dort, wo sich ein Konstruktionsfehler erst nach jahrelanger Produktverwendung auswirkt.[185] Auch die fehlerhafte Errichtung von Bauwerken kann Jahrzehnte später zur Verletzung von Personen führen.[186]

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Derartige Fälle von Spätschäden[187] haben die Frage nach den zeitlichen Grenzen insbesondere der Fahrlässigkeitshaftung aufgeworfen.[188] Dieser Frage kommt für den Bereich der strafrechtlichen Produkthaftung besondere Bedeutung zu. Den Ausgangspunkt der hierzu angestellten Überlegungen bildet die Wertung, dass es solche Grenzen geben muss, des Näheren, dass die zeitliche Differenz zwischen Handlung und Erfolgseintritt so groß werden kann, dass eine Strafhaftung für die Herbeiführung dieses Erfolges unverhältnismäßig wäre. Für die zivilrechtliche Produkthaftung wird das weitgehend durch die Verjährungsvorschriften sichergestellt,[189] etwa durch § 13 Abs. 1 PHG, wonach unabhängig vom Zeitpunkt des Schadenseintritts der Anspruch gemäß § 1 PHG 10 Jahre nach dem Zeitpunkt erlischt, in dem der Hersteller das später schadensursächlich gewordene Produkt in Verkehr gebracht hat. Die strafrechtliche Verjährungsregelung leistet die gebotene zeitliche Begrenzung demgegenüber nicht,[190] sondern lässt die Verjährung erst mit dem Erfolgseintritt überhaupt beginnen (§ 78a Satz 2 StGB[191]). Da diese Regelung eindeutig ist und auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht[192], ist sie einer verfassungskonformen Korrektur[193] nicht zugänglich.[194]

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Damit bleibt nur der Versuch einer zeitlichen Begrenzung der Strafhaftung durch eine restriktive Bestimmung des tatbestandsmäßigen Verhaltens. Entsprechende Lösungsvorschläge für das Problem der Spätfolgeschäden setzen bei der objektiven Zurechnung des Erfolges zur Handlung an, sind jedoch erheblichen Einwänden ausgesetzt.[195] Zumindest wird man die, praktisch in derartigen Fällen besonders bedeutsame, Garantenpflicht des Herstellers unter dem Aspekt der Zumutbarkeit derart begrenzen müssen, dass auch bei Inverkehrbringen langlebiger Produkte nach dreißig Jahren, also nach Überschreiten der äußersten Verjährungsgrenze von § 199 BGB wie von § 78 StGB, eine Verpflichtung zum Rückruf gefährlicher Produkte nicht mehr besteht.[196] Im Einzelnen ist hier noch vieles ungeklärt.[197]

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