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Jerusalem unter den Römern

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Die Römer setzten im Jahr 40 v. Chr. den Juden Herodes als Klientelkönig von Galiläa, Judäa und Samaria ein. Er war ehrgeizig und darauf bedacht, seine Spielräume möglichst auszureizen. Zur Absicherung seiner Macht ließ er etliche Mitglieder seiner eigenen Familie ermorden. So brutal er nach innen war, so viele Bücklinge machte er in Richtung Rom. Er spann seine Netzwerke bis in den römischen Senat, stellte sich mit Antonius und Oktavian so gut, dass sie ihm ein Upgrading zum „verbündeten König“ zukommen ließen. Vielleicht gefiel den Römern, dass sich hinter dem brutalen Machtpolitiker ein hochgebildeter, wenn auch exzentrischer Kosmopolit und Lebemann verbarg. Er wurde zum größten Bauherrn der jüdischen Geschichte. 34 bis 4 v. Chr. überzog er das Land mit Bauwerken von solcher Pracht, dass sich der jüdische Schriftsteller Flavius Josephus außerstande sah, sie zu beschreiben. Oktavian alias Kaiser Augustus schätzte Herodes sehr (der sich instinktsicher schon früh auf seine Seite geschlagen hatte). Ihm zu Ehren baute Herodes zwischen 22 und 12 v. Chr. die Hafenstadt Cäsarea Maritima mit Theater, Hippodrom, Aquädukt, Palästen und Marktplätzen, also dem gesamten Repertoire hellenistischer Stadtarchitektur. Aber auch sich selbst gegenüber war er nicht kleinlich. In Sichtweite von Jerusalem wuchs ab etwa 23 v. Chr. ein kostbar ausgestatteter, von Gärten und Teichen durchzogener Palastkomplex (Herodium) nach dem Vorbild der altorientalischen Paläste aus dem Boden, der auch genug Platz für den königlichen Harem von 500 Frauen geboten haben dürfte.

Ein Meisterwerk war auch die Erneuerung des Zweiten Tempels (manche sprechen vom Dritten Tempel) ab etwa 21 v. Chr. Er war 515 v. Chr. von den Rückkehrern aus dem babylonischen Exil geweiht worden. Die herodianische Version entsprach den altorientalischen und griechischen Üblichkeiten mit einem gestuften Zugang zum Allerheiligsten, das nur von Priestern betreten werden durfte. Der mit goldenen Platten verkleidete Tempel selbst war in wenigen Jahren fertig, die Gestaltung des gesamten Tempelplateaus samt umlaufender Säulenhalle und einer großen Basilika zog sich hingegen nach dem Tod des Herodes noch lange hin. Wenn Jerusalem damit nun auch in Kunst und Architektur ein gewisses Ansehen erhielt, handelte es sich dabei freilich nicht um eine spezifisch jüdische Kunst, sondern um hellenistische Kunst und Architektur.


Modell des herodianischen Tempels, Israel Museum, Jerusalem

Diese Bewunderung der hellenistisch-römischen Kultur fand außerhalb der Eliten keineswegs ungetrübte Zustimmung. Immer wieder begehrte man gegen die römische Herrschaft auf. Um die Zeitenwende waren es die Zeloten, die das verbreitete Unbehagen kanalisierten. Die Wut auf Rom schwoll besonders in der Regierungszeit Neros (54 bis 68) an. Er beutete die Provinzen rücksichtslos aus, um seine Eskapaden in Rom zu finanzieren. Das explosive Gemisch aus Nationalismus und Auflehnung gegen die Besatzung führte zu einem für Rom gefährlichen Aufstand. Um ihn niederzuschlagen, rückte Titus als Feldherr (Kaiser wurde er 79 n. Chr.) mit einem Viertel der gesamten römischen Streitkräfte an. Im Jahr 70 n. Chr. wurde Jerusalem erobert und der eben erst generalsanierte Tempel geplündert und dem Erdboden gleichgemacht. Drei Jahre später fiel das letzte Widerstandsnest einer Gruppe religiös-fanatischer Zeloten auf der Burgfestung Masada durch kollektiven Selbstmord der 960 Bewohner. Die Beutestücke aus dem Tempel, einschließlich eines großen siebenarmigen Leuchters (Menora), wurden beim Triumphzug durch Rom den Schaulustigen präsentiert. Die Szene ist auf dem Triumphbogen abgebildet, den man Titus errichtete. Die Zerstörung des Tempels war endgültig. Er wurde nie wieder aufgebaut. Nach jüdischer (eigentlich griechischer!) Vorstellung durfte der künftige (Dritte) Tempel nur von Gott selbst, aber nicht von Menschenhand gemacht sein.23 Die Juden griffen stattdessen zum „mobilen Tempel“, zu Bibel und Überlieferung.


Stützmauer des Tempelbergs („Klagemauer“) in Jerusalem

Kaiser Hadrian, ein bedingungsloser Verehrer der griechischen Kultur, der fließend Griechisch sprach, wollte 130 das Problem dieser aufsässigen Provinzler endgültig lösen. Der Plan war, Jerusalem aus der Geschichte zu tilgen und an seiner Stelle eine dem Jupiter geweihte Stadt zu errichten. Er baute also einen Jupiter-Tempel und, was die Juden besonders empörte, stellte eine Statue seines vergöttlichten Geliebten auf, des jungen Antinous, der unter ungeklärten Umständen im Nil ertrunken war, ein Ereignis, das den Kaiser in tiefe Depressionen stürzte. Doch der Widerstand war hinhaltend. In einem von Simon bar Kochba 132 bis 135 angeführten zweiten Aufstand gegen die Römer versuchten die Juden, die Entweihung ihrer Stadt zu beenden. Es war eine konzertierte Aktion. Auch in den Diaspora-Gemeinden des Mittelmeerraums flammten Unruhen auf. Der Aufstand wurde von Hadrians Legionen schließlich erbarmungslos und blutig (auch unter großen eigenen Verlusten) niedergeschlagen, Jerusalem und Dutzende andere Orte wurden von der Landkarte getilgt und der Landstrich von Judäa in Palästina (Syria Palaestina) umbenannt.

In Rom existierte eine jüdische Gemeinde bereits seit dem Makkabäeraufstand im 2. Jahrhundert v. Chr. Die Gesellschaft der Hauptstadt reagierte darauf zwiegespalten. Die einen, darunter viele Schriftsteller, polemisierten gegen das Judentum, auf andere übte es als orientalischer Kult einen gewissen Reiz aus. Seine Bewunderer taten sich als Wohltäter und Spender hervor und manche ließen sich später beschneiden.


Statue des Homer, Archeological Museum of Izmir

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