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4. Kontrollbefugnis der Judikative
ОглавлениеDie Aufgabe der gerichtlichen Überprüfung der auswärtigen Gewalt wird auf der verfassungsrechtlichen Ebene vom BVerfG wahrgenommen. Für die Kontrolle steht kein spezielles Verfahren zur Verfügung; deshalb sind die im Grundgesetz in Art. 93 GG aufgeführten allgemeinen Verfahrensarten anzuwenden. Als Maßstab liegen der Überprüfung des auswärtigen Handelns dabei zumeist keine Regelungen zu konkreten Sachbereichen zugrunde, sondern Staatszielbestimmungen und Verfassungsgrundsätze sowie die Wahrung der Grundrechte gem. Art. 1 Abs. 3 GG. Zu den Staatszielsetzungen und Verfassungsgrundsätzen zählen u. a. die Pflicht zur internationalen Kooperation (Präambel, Art. 23, 24 GG), sowie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Sozialstaatlichkeit (Art. 20 GG).
Im Prinzip wird heute nicht mehr bestritten, dass die Bundesorgane bei der Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt in formeller und materieller Hinsicht an die Vorschriften des Grundgesetzes gebunden sind und die Einhaltung dieser Anforderungen der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die früher vertretene „Lehre vom gerichtsfreien Hoheitsakt“ hat sich nicht durchsetzen können. Nach dieser Lehre sollten die Akte der auswärtigen Gewalt „ihrer Natur nach“ einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sein. Die Handlungen der Regierung würden sich durch ihre staatsleitende Tätigkeit auszeichnen, die aufgrund ihres politischen Charakters einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sei. Diese Ansicht ist allerdings mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, wonach jede öffentliche Gewalt an die Verfassung gebunden ist, unvereinbar. Die Bindung an Recht und Gesetz kann nur garantiert werden, wenn eine unabhängige Instanz die Einhaltung überprüft. Zur Absicherung dieser Kontrolle besteht die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, die gegen jeden Akt der öffentlichen Gewalt die Möglichkeit eines gerichtlichen Rechtsschutzes vorsieht. Eine verfassungsgerichtliche Kontrolle der Akte der auswärtigen Gewalt ist nicht von vornherein schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine Handlung im Bereich des „Hochpolitischen“ handelt.
Dennoch bestehen in der Rechtsprechung des BVerfG Unterschiede gegenüber der Kontrolle von rein innerstaatlichen Sachverhalten. Das Gericht akzeptiert in ständiger Rechtsprechung (E 40, 148 [178 f.]; 55, 349 [365]; 94, 12 [35]), dass den zuständigen Organen wegen der Besonderheiten der Außenpolitik, die eine einseitige Durchsetzung der Auffassung der Bundesrepublik Deutschland im Regelfall nicht ermöglichen und eine gewisse Flexibilität bei der Akzeptanz von Kompromissen erforderlich machen, ein weiter Einschätzungs-, Prognose- oder Ermessensspielraum bei der Beurteilung außenpolitischer Lagen und der Zweckmäßigkeit des Einsatzes außenpolitischer Handlungsinstrumente verbleiben muss. Diesen Spielraum gewährleistet das Gericht, indem es sich eine Selbstbeschränkung (judicial self-restraint) bei der Kontrolle der auswärtigen Gewalt auferlegt und seinen Entscheidungen eine reduzierte materielle Kontrolldichte zugrunde legt. Daher werden Einschätzungen und Wertungen außenpolitischer Art nicht daraufhin überprüft, ob sie zutreffend sind, sondern ob sie die Grenze offensichtlicher Willkür überschritten haben (E 68, 1 [97]) bzw. ob sie sich im Rahmen der Ermächtigung durch ein Vertragsgesetz bewegen (E 104, 151 [210]). Diese Rechtsprechung wird von Teilen des Schrifttums unter Berufung auf Art. 1 Abs. 3 GG, der nicht zwischen auswärtiger und innerstaatlicher öffentlicher Gewalt differenziere, kritisiert. Dem wird man entgegenhalten können, dass das Grundgesetz selbst z. B. in Art. 23 und 24 GG gewisse Relativierungen der verfassungsrechtlichen Anforderungen bei außenpolitischen Akten gegenüber rein innerstaatlichen Sachverhalten vorsieht.