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3. Mitwirkungsbefugnisse der Legislative
ОглавлениеDie Mitwirkungsbefugnisse der Legislative bei der Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt werden vom Grundgesetz enumerativ aufgezählt. Eine Beteiligung von Bundestag und Bundesrat sehen insbesondere die Art. 23, 24 Abs. 1, 59 Abs. 2 S. 1 GG vor. Über diese Kompetenzen hinaus besteht für die Legislative nach h.M. keine Berechtigung zur Teilhabe an der auswärtigen Gewalt.
Als Grundregel bestimmt Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, dass Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung der für die Gesetzgebung zuständigen Körperschaften (Bundestag unter Mitwirkung des Bundesrates) in Form eines Bundesgesetzes (sog. Vertragsgesetz) bedürfen. Die Legislative hat aber nur die Möglichkeit, den völkerrechtlichen Vertrag insgesamt anzunehmen oder abzulehnen; sie besitzt hingegen keine inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Unter dem Begriff des „politischen Vertrages“ sind „hochpolitische“ Verträge zu verstehen, die die Existenz des Staates, seine territoriale Integrität oder seine Unabhängigkeit bzw. maßgebliche Stellung in der Staatengemeinschaft zum Inhalt haben. Der Begriff der „Gegenstände der Bundesgesetzgebung“ wird von der ganz h.M. nicht etwa als Verweis auf die Abgrenzung zwischen Bundes- und Länderkompetenz verstanden, sondern erfasst solche Fälle, in denen die Erfüllung der völkerrechtlichen Verpflichtung allein durch den Erlass eines Gesetzes (auf der Bundesebene) möglich ist. Sollte dagegen ein Bundesgesetz gem. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nicht erforderlich sein, ist die Exekutive gem. Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG grundsätzlich allein zum Abschluss des Vertrages befugt. Allerdings verlangt Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG in einigen Fällen (z. B. i. V. m. Art. 84 f. GG) die Zustimmung des Bundesrates. Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 24 Abs. 1 GG enthalten schließlich Sonderregelungen für die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union bzw. auf „zwischenstaatliche Einrichtungen“, womit vorrangig → Internationale Organisationen gemeint sind. Art. 23 GG sieht zudem bestimmte Beteiligungserfordernisse für den Bundestag und den Bundesrat bei weiteren Integrationsschritten im Rahmen der Europäischen Union vor.
Die Beteiligung der Legislative an der Ausübung der auswärtigen Gewalt erfüllt zwei wichtige Funktionen. Als Element der demokratischen Kontrolle sollen bestimmte außenpolitische Entscheidungen von den gesetzgebenden Körperschaften präventiv überprüft und mitverantwortet werden. Daneben verhindert die Mitwirkung der Legislative einen späteren Konflikt mit der Exekutive. Damit wird zugleich die innerstaatliche Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtung und die Vertragstreue der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt.