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I. Allgemeines

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Der Aufbau und die Aufrechterhaltung von diplomatischen Beziehungen zwischen Staaten sind von elementarer Bedeutung für ihr friedliches Zusammenleben. Ein wesentlicher Beitrag zu ihrer Förderung wird durch die wechselseitige Entsendung von Repräsentanten im Rahmen von diplomatischen Missionen geleistet, deren Aufgaben vor allem in der Unterhaltung einer ständigen Kommunikation zwischen Entsende- und Empfangsstaat, der Information des Entsendestaates über die politischen Verhältnisse im Empfangsstaat sowie im Schutz der Staatsangehörigen des Entsendestaates im Empfangsstaat liegen (s. auch unter II.2.). Die Erfüllung dieser Aufgaben hilft, Lösungswege bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Staaten aufzuzeigen und bereits im Vorfeld Konfliktpotentiale zu verringern.

Aufgrund seiner großen Bedeutung für die Pflege der zwischenstaatlichen Beziehungen gehört das Diplomatenrecht seit der Antike, zunächst rudimentär in der Form von Vorschriften über den Schutz von Gesandten, zum festen Bestand der Völkerrechtsordnung (→ Völkerrechtsgeschichte). In der Folge entwickelte sich das Diplomatenrecht vorrangig durch bilaterale völkerrechtliche Verträge weiter. Mit dem Abschluss des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) von 1961 (Sart. II, Nr. 325) gelang es erstmals, die grundlegenden Vorschriften über den Status diplomatischer Missionen und ihren Schutz in einem multilateralen völkerrechtlichen Vertrag zu kodifizieren. Das WÜD wurde mittlerweile von über 180 Staaten ratifiziert und zählt aufgrund dieses hohen Ratifikationsstandes nach der Ansicht von weiten Teilen der Völkerrechtslehre zum → Völkergewohnheitsrecht. Die Regelungen des WÜD werden durch Normen des Völkergewohnheitsrechts ergänzt, soweit sich aus den bilateralen Verträgen eine hinreichend verfestigte Staatenpraxis und entsprechende Rechtsüberzeugung ergibt (s. auch Abs. 5 der Präambel zum WÜD). Abzugrenzen sind die Regelungen des Diplomatenrechts von denjenigen des → Konsularrechts.

Die herausgehobene Stellung des Diplomatenrechts in der Völkerrechtsordnung wurde auch vom → IGH in seiner Entscheidung zum Teheraner Geiselfall (Urt. v. 24.5.1980, ICJ Rep. 1980, 3 Rn. 86 f. – Case Concerning U.S. Diplomatic and Consular Staff in Tehran) betont. Darin entschied das Gericht, das Diplomatenrecht bilde ein in sich geschlossenes System (→ self-contained régime), daher seien die im WÜD vorgesehenen Reaktionsmöglichkeiten auf eine Verletzung der diplomatenrechtlichen Vorschriften grundsätzlich abschließend. Auf allgemeine völkerrechtliche Reaktionsmöglichkeiten (→ Gegenmaßnahmen) kann nicht zurückgegriffen werden. Über Ausnahmen von diesem Grundsatz bei einem extremen Missbrauch der diplomatischen Vorrechte wird in der völkerrechtlichen Lehre kontrovers diskutiert (s. insb. unter III.1.b.).

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