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2. Zentrale Gestaltungsbefugnis der Exekutive
ОглавлениеDie inhaltliche Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt fällt nach h.M. in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Exekutive, soweit eine Beteiligung der Legislative vom Grundgesetz nicht ausdrücklich angeordnet wird. Diese grundsätzliche Zuweisung der auswärtigen Gewalt in die Zuständigkeit der Bundesregierung beruht auf der Annahme, dass institutionell und auf Dauer allein die Bundesregierung sachlich, personell und organisatorisch in der Lage ist, auf wechselnde außenpolitische Lagen zügig und sachgerecht zu reagieren und somit die staatliche Aufgabe, die auswärtigen Angelegenheiten verantwortlich wahrzunehmen, bestmöglich zu erfüllen.
Allerdings fehlt es für diese Ansicht an einem normativen Anhaltspunkt im Grundgesetz. Das BVerfG (E 68, 1 [82 f.]) geht in Übereinstimmung mit der Praxis von einer (ggf. stillschweigenden) Delegation der Kompetenz durch den Bundespräsidenten aus. Nach einer teilweise vertretenen Ansicht wird die auswärtige Gewalt dagegen von der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers gem. Art. 65 S. 1 GG umfasst. Gegen diese Herleitung wird angeführt, dass Art. 65 S. 1 GG selbst keine Kompetenzen begründen könne, sondern nur regierungsintern bereits vorhandene Kompetenzen verteile.
In jüngerer Zeit wird über die Notwendigkeit einer extensiveren Auslegung der Mitwirkungsrechte der gesetzgebenden Körperschaften bei der Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt diskutiert. Aufgrund der Ausweitung der außenpolitischen Verflechtungen kollidiert die prinzipielle Zuordnung der auswärtigen Gewalt an die Exekutive nämlich in zunehmendem Maße mit den Anforderungen des Demokratieprinzips. Danach müssen die zentralen Entscheidungen von dem demokratisch am stärksten, nämlich direkt durch den Wahlakt legitimierten Hoheitsträger getroffen werden. Dennoch wird man aus dem Demokratieprinzip keinen generellen Gesetzesvorbehalt zugunsten der Legislative bei außenpolitischen Entscheidungen herleiten können. Um die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht zu gefährden, darf der Parlamentsvorbehalt nicht überdehnt werden. Die Exekutive ist angesichts der oben genannten Gründe zur Wahrnehmung der auswärtigen Gewalt in praktischer Hinsicht besser geeignet als die Legislative. Insofern wird man ihr einen ausreichenden Spielraum für diplomatische Verhandlungen belassen müssen. Zudem ist auch die Exekutive demokratisch legitimiert. Das BVerfG hat daher in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass nicht alle weitreichenden politischen Entscheidungen einem parlamentarischen Zustimmungserfordernis unterliegen müssen (E 68, 1 [89]).