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a) Schutzpflichtlehre und Grundrechtecharta
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Während die (eingeschränkte!) Geltung der Grundfreiheiten zwischen Privatpersonen plausibel zu begründen ist, ist dies für die Grundrechtecharta wesentlich problematischer. Zum ersten richtet sich die Charta, wie bereits dargelegt, mit Art. 51 Abs. 1 ganz klar an bestimmte Adressaten. Sie greift, anders als die Grundfreiheiten, auch für die nationalen Gerichte überhaupt nur bei der Durchführung des Rechts der EU. Solange gar kein EU-Recht anzuwenden ist, kann eine Privatperson sich daher von vorneherein nicht auf die Charta berufen (dazu oben Rn. 41).
Für die Schutzpflichtlehre bleibt somit allein die Frage, ob die Gerichte, wenn sie in Durchführung des Rechts der EU entscheiden, die Einhaltung der Grundrechte der Charta auch innerhalb eines Rechtsverhältnisses zwischen Privaten sichern müssen. Das wäre genau die Aufgabe, die die deutsche Schutzpflichtlehre für das Grundgesetz anerkennt.
Bisher hat diese Frage keine erkennbare praktische Relevanz erlangt. Der EuGH hat die Charta zwar einige Male angewendet, immer aber geschah dies vor dem Hintergrund einer Richtlinie (dazu sogleich Rn. 83).
Damit bleibt es vorerst bei dem allgemeinen, unangefochtenen Grundsatz, dass die Charta bei der Auslegung der privatrechtlichen Normen des EU-Rechts anzuwenden ist. In das eigentliche Rechtsverhältnis zwischen zwei Privaten vermag sie dagegen derzeit nur unter zusätzlichen Voraussetzungen auszustrahlen.