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2. Umfang der Umsetzungspflicht
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Dem Charakter der Richtlinie entsprechend braucht die Umsetzung nicht wörtlich zu erfolgen. Aber das nationale Recht muss inhaltlich so weit der Richtlinie entsprechen, dass nach dem angepassten nationalen Recht zugunsten des Bürgers jeder Fall so zu entscheiden sein wird, wie es die Richtlinie vorsieht. Der EuGH erleichtert dem Gesetzgeber die Umsetzung, indem er bei der Überprüfung der Umsetzungsmaßnahmen davon ausgeht, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten das nationale Recht richtlinienkonform auslegen werden. Erst wo eine solche richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts nicht möglich zu sein scheint, nimmt er eine Verletzung der Umsetzungspflicht an.[3]
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Grundsätzlich braucht die Umsetzung – jedenfalls im Bereich des Zivilrechts – deshalb nicht notwendig durch den Gesetzgeber zu erfolgen. Oftmals reicht eine Änderung der Rechtsprechung hin zu einer richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts aus. Diese Übertragung der Umsetzungspflicht auf die Rechtsprechung ist allerdings problematisch, weil das Verhalten der Gerichte weder vorhersehbar ist, noch die Gerichte zu einer bestimmten, nämlich der richtlinienkonformen Entscheidung, gezwungen werden können.[4] Der EuGH hat dementsprechend inzwischen entschieden, dass zwar generell der Umsetzungspflicht bereits genügt sei, wenn der Richtlinie durch Auslegung des nationalen Rechts entsprochen werde. „Die sich aus diesem Recht ergebende Rechtslage“ müsse aber „hinreichend bestimmt und klar“ sein. Wenn es – wie bei der in der Entscheidung in Rede stehenden Klausel-RL – darum gehe, den Angehörigen der Mitgliedstaaten (nämlich den Verbrauchern) Rechte zu verleihen, sei dies besonders wichtig, damit „die Begünstigten in die Lage versetzt werden, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen“.[5]
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Auch in Deutschland sind teilweise Bereiche, die zu bedeutend sind, der Auslegung bzw. Ausfüllung durch die Gerichte überlassen worden, so dass damit der Umsetzungspflicht nicht genügt worden war. So hatte es der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Klausel-RL für unnötig gehalten, die Transparenzkontrolle ausdrücklich in das damalige AGBG aufzunehmen.[6] Inzwischen hat der Gesetzgeber aber zumeist nachgebessert. So wurde die in der Klausel-RL vorgesehene Transparenzkontrolle von Hauptleistungspflichten ausdrücklich umgesetzt. Auch § 5 UWG (§ 3 UWG a.F.) wurde an die wettbewerbsrechtlichen Richtlinienvorgaben angepasst.
Es reicht also oft nicht aus, auf die gesetzgeberische Umsetzung der Richtlinie ganz zu verzichten, nur weil das bereits bestehende Recht sich im Sinne der Richtlinie auslegen ließe.