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Kapitel 7 Der Weg hinaus

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Wernher kroch zu ihr herüber und besah sich die Lücke. „Da könnten wir hindurchkommen. Ihr auf jeden Fall, bei mir müsstet ihr fest ziehen, oder schieben, dann könnte es vielleicht gehen.“ „Los, wir versuchen es!“ Lene wand sich durch die Lücke und stand in einem breiteren Gang. „Seht ihr etwas? Geht es da drüben weiter?“ wollte Wernher ungeduldig wissen. „Ja, ich kann gut stehen hier und breiter ist es auch!“ rief Lene freudig. Wernher schob sich ein Stück durch den Spalt und Lene zerrte und zog so lange an ihm, bis er auch hindurch war. Erleichtert nahm sie seine Hand und führte ihn, mit der Lampe in der Hand, weiter. Eine Kurve, dann wurde der Gang niedriger und sie mussten eine Weile kriechen. Mann, ist das beklemmend, hoffentlich kommen wir bald raus hier, dachte Lene. „Wollt ihr mich nicht vorlassen, Weib? Ich bin der Mann und beschütze euch!“ Er nahm ihr die Lampe aus der Hand und leuchtete. „Das ist ja ein komisches kleines Ding, staunte er. Aber so hell wie das, habe ich noch nichts gesehen, außer der Sonne am Mittag!“ „Warte mal Wernher!“ rief Lene mit erschöpfter Stimme. „Ich kann nicht mehr, ich muss kurz ausruhen und wenn der Traum recht behält, sind wir bald draußen. Aber wo? In deiner oder in meiner Zeit? Das ist die Frage und das macht mir eine Riesenangst!“ „Gut, wir rasten ein wenig“, Wernher ließ sich neben Lene fallen und leuchtete sie an. „Wenn ihr nicht so komische Sachen anhättet, würdet ihr gar nicht so übel aussehen“, meinte er taktvoll. „Du auch nicht!“ rief Lene wütend. „Du siehst in deinen Klamotten, wie ein Hinterwäldler aus!“ „Das bin ich ja auch und stolz darauf!“ Wernher war eingeschnappt. „Ach so, hm.“ Lene betrachtete ihn nachdenklich. Er war mindestens einen Kopf größer als sie mit ihren 165cm und hatte einen Brustkorb wie ein Bodybuilder. Nur, dass der vom Arbeiten kam und nicht von irgendwelchen Fitnessgeräten oder gar Medikamenten. Sicher war er stark wie ein Bulle. Ach ja, die Haare waren wohl wirklich blond, sah sie nun im Lampenschein. Und einen Bart hatte er auch noch. Übel sah er wirklich nicht aus. Vor allem hatte er gute Augen. Lene beschloss, ihm zu vertrauen. Etwas anderes blieb ihr sowieso nicht übrig, wenn sie hier heil wieder herauskommen wollte. Apropos heil heraus. Heraus ja, aber wo? „Was habt ihr denn, Weib? Heult jetzt bloß nicht. Wir werden schon wieder heraus kommen hier!“ Er gab Lene das Handy und sie schaltete das Licht aus. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sahen sie einen Lichtschein, es musste hinter der Kurve hereinscheinen – etwa die Sonne? Wie in meinem Traum! schoss es Lene durch den Kopf und sie erinnerte sich an ihr beklemmendes Gefühl darin. So ähnlich fühlte sie sich jetzt auch, nur dass sie nicht allein war. Wernher war bei ihr und das war besser, als in ihrem Traum. Es gab ihr ein beruhigendes Gefühl, dass er bei ihr war. Und das beklemmende Surrren aus ihrem Traum fehlte zum Glück auch. Wernher nahm sie an der Hand und zog sie weiter. „Kommt Weib!“ flüsterte er jetzt. „Wir sind bald draußen. Ich schaue erst einmal nach, wo wir sind. Ihr wartet!“ Lene schob wie in ihrem Traum einige Efeuflechten auseinander und Wernher arbeitete sich durch die Lücke hinaus. „Geh nicht weg!“ rief Lene ängstlich, aber leise.“ „Nein, ich bin doch da!“ beruhigte Wernher sie. Ich bleibe bei euch, keine Angst. Kurz darauf rief er: „Kommt heraus, Weib, ich weiß jetzt, wo wir sind!“ „Lene heiß ich, nicht Weib“, sagte Lene ruhig. „Lene ist ein guter Name. Kommt, gebt mir eure Hand!“ Wernher zog sie aus der Lücke nach draußen und Lene sah, dass sie auf einer großen Wiese standen, einer Lichtung. Sie kam ihr vage bekannt vor. Hier war sie schon gewesen! Das Kraftfeld, nannten sie es heute. Manche Menschen stellten sich an bestimmte Stellen dort und ließen sich bestrahlen – sie meinten, die heilenden Erdkräfte würden an verschiedenen Stellen der Lichtung ihre Krankheiten heilen. Es gab ein regelrechtes Raster mit Einzeichnungen, welche Stelle für welche Krankheit heilsam sein würde. Lene sah sich erstaunt um. Der Anblick war ihr vertraut und doch wieder nicht. „Wernher, ich kenne dieses Feld, aber es sieht so anders aus!“ Wernher drehte sich um. „Wie meint ihr das?“ Lene kniff die Augen zusammen: „Na, ich kenne es, aber es sah gestern noch anders aus als jetzt zum Beispiel.“ „Na, ja“ schüttelte Wernher, mit ungläubigen Augen, bedächtig den Kopf. „Anscheinend ist es wohl wirklich so, dass ihr durch irgendein Wunder aus der Zukunft in meine Zeit gekommen seid und deswegen kennt ihr zwar die Gegend hier, aber sie sieht eben ein wenig anders aus, als bei euch.“ Lene schossen vor Anspannung, die Tränen in die Augen. „Oh!“ Mehr brachte sie nicht heraus. Sie konnte nichts mehr sehen vor lauter Tränen und Angst. Was sollte denn nun werden? Sie fühlte sich völlig hilflos. Wernher sah sie an und erkannte sogleich ihren Zustand. Fest nahm er sie in die Arme. „Kommt Lene, ich bin doch da, ihr seid nicht allein. Ich helfe euch. Zusammen werden wir es schaffen, dass ihr wieder in eure Zeit zurückkommen könnt.“ Lene dachte zwar – Wie soll das denn gehen? Es fühlte sich dennoch beruhigend an, fest im Arm gehalten zu werden. Es vermittelte ihr die Sicherheit, die sie gerade dringend benötigte, um bei klarem Verstand zu bleiben und nicht in Panik auszubrechen. „Kommt Lene, ich bringe euch zu meinem Unterschlupf und wir suchen uns erst einmal Speis und Trank. Danach werden wir wieder besser denken können und eine Lösung finden. Lene drückte ihn dankbar und ließ sich auf die Füße ziehen. Vorsichtig um sich schauend, setzten sie ihren Weg fort, weiter nach oben. „Wo gehen wir denn hin?“ Lene konnte kaum folgen, so ein Tempo legte Wernher vor. „Ich weiß einen Brunnen in der Nähe, wo wir frisches Wasser finden und eine kleine verlassene Hütte im Wald, in der früher ein Einsiedler wohnte. Dort können wir uns verstecken heute Nacht. Morgen oder übermorgen suchen wir dann eine Höhle auf, die ich auf meinen Streifzügen fand. Dort sind wir sicherer. Kommt!“ Wernher zog Lene weiter. Sie machten sicher ganz schön Krach, so ungeschickt wie sie sich anstellte. Stolpernd versuchte sie, mit Wernher Schritt zu halten. „Pst!“ Wernher bedeutete ihr, leise zu sein. Ein Pferdefuhrwerk mit Holzladung fuhr den Weg entlang. Die armen Pferde, dachte Lene. Der Wagen war ganz schön voll und sah schwer aus. Als das Fuhrwerk vorbei war, gingen sie weiter. Nicht auf dem Weg, sondern querfeldein, noch weiter hinauf. Konnte denn gar nichts eben sein hier, dachte Lene missmutig.

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