Читать книгу Abenteuer im Odenwald 1+2 - Birgid Windisch - Страница 5
Kapitel 2 Erkundungen
ОглавлениеNach Essen und Duschen wollte Lene nur noch ins Bett. Nicht zum Schlafen, nein, das Büchlein brannte ihr im Säckel und sie wollte unbedingt weiterlesen. Frisch geduscht lag Lene kurz danach im Bett und las, was dieser Georg Morschhäuser noch geschrieben hatte:
"Jedoch stand weiter in dem Schriftstück, dass ein gewisser Jorg von Bache, direkt neben der Kirche zu Nuwenstat, auf elterlichem Besitz eine kleine Wasserburg erbaut habe. Diese bewohnte er mit seiner Frau Agnes zu Erlebach. Er war ein armer Ritter und kam über seine Frau zu Bamberger Lehensgut. Dieser Ritter hat in seiner, für den Ritteradel sehr ungünstigen Zeit, mit allen Anstrengungen versucht, seine kleine Burg zu erhalten, aber er war gezwungen, sie dem Grafen von Wertheim zu Lehen aufzutragen. Seiner Frau ließ er dennoch Rechte daran sichern, da er es als ihren Witwensitz geplant hatte. Diese Grafen von Wertheim waren leider mit den oben erwähnten Herren von Breuberg im Bunde durch Heirat und Verschwägerung und auf die oben erwähnten Fischerei-, Grund- und Waidrechte aus. Der Streit wurde immer wilder, als es um den Besitz des Pfaffstangengutes ging, das auf dem ehemaligen Hausen hinter der Sonne als Fronhof stand und Jorg Bache von seinem Schwiegervater vererbt worden war. Da Ritter von Bache die Pacht (die Gült) nicht bezahlen konnte, wurde es dem Aschaffenburger Stift zugesprochen. Daraus wiederum entbrannte ein ewig schwelender Streit und als Folge wurde Jorg von Bache mit dem Kirchenbann belegt. Niemand weiß, wo er begraben liegt mit seiner holden Gattin - die Gruft war leer. Jedoch ihre beiden leiblichen Söhne hassten daraufhin die Pfaffen und ließen keine Gelegenheit aus, Reisende, die unter Geleitschutz des Erzbischofs zu Mainz standen, zu berauben. Schließlich wurde die Burg niedergebrannt von einer Abordnung des Erzbischofs Dieter von Erbach. Dies alles kommt mir sehr sonderbar vor und da ich erfahren habe, dass es noch Nachfahren der von Bache gibt, habe ich heimlich Nachforschungen angestellt. Die Söhne ließen sich kaufen vom Grafen zu Wertheim, als die Eltern gestorben waren und das Raubrittertum zum Niederbrennen der kleinen Wasserburg führte. Der eine zog auf die Burg Breuberg als Burgmann, der andere zur Veste Otzberg als pfalzgräflicher Dienstmann. Man munkelt jedoch, es habe noch einen dritten Sohn gegeben, wohl nur ein Ziehsohn, doch den beiden anderen Brüdern gleichgestellt. Dieser ist im Jahr 1441 spurlos verschwunden. Somit konnten Hans und Madern mit der Burg nach ihrem Gutdünken verfahren und der dritte Bruder ging leer aus. Ebenso wie seine Nachfahren, so es welche gibt und die nicht ahnen, dass sie Besitzrechte haben an der Ruine der kleinen Wasserburg und den Ländereien rundherum. Wahrscheinlich jedoch ist, dass der dritte Bruder von den beiden anderen heimtückisch ermordet wurde, wenn es ihnen auch nie nachgewiesen werden konnte. Meiner Meinung nach kommen am ehesten die Familie Faust in Betracht die Nachfahren jenes geheimnisvollen Bruders zu sein, weil ihre Vorfahren von Nuwenstat kommen und im Jahr 1450 nach Momlingen gezogen sind. Sie wohnen in einer kleinen Kate am Südrand von Momlingen und sind sehr arm. Da mir der Pfarrer strengstens untersagt hat, weitere Nachforschungen anzustellen, übergebe ich ihnen diesen Brief zu treuen Händen und hoffe, es wird ein wenig Licht in ihren dunklen Alltag bringen und ihre Armut vielleicht wenden können. Mehr kann ich nicht tun, wenn ich mir nicht selbst schaden möchte.“
Fassungslos ließ Lene das Büchlein sinken. Wie gemein. Dass so etwas überhaupt passieren konnte. Die Menschen von damals waren anscheinend auch nicht besser als die von heute. Sie war überrascht, wie sehr sie das Gelesene aufbrachte. Eine Weile dachte sie noch darüber nach und fiel schließlich in einen unruhigen Schlaf. Sie war in einem dunklen Gang, einer Art Gewölbe und konnte kaum etwas sehen. Unheimlich war es hier. Fieberhaft suchte Lene im Traum ihre Taschenlampe. Am Handy hatte sie doch eine Taschenlampen-App, da müsste sie nur draufdrücken und schon wäre es hell. Aber sie konnte ihr Handy nicht finden und auch eine Taschenlampe war nicht in Sicht. Stattdessen sah sie jetzt einen schwachen Schein, als sich ihre Augen ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Sie folgte ihm vorsichtig und streckte dabei ihre Hände aus, damit sie nicht irgendwo anstieß. Eine Kurve - es wurde heller, noch ein Stück geradeaus - noch eine Kurve - und nun sah sie Tageslicht herein schimmern, hinter einem Vorhang aus Efeu. Erleichtert atmete sie auf. Doch nun hörte sie ein Geräusch, eine Art Surren, das beängstigender war als die Dunkelheit vorher und es wurde immer lauter. Sie wollte wieder in den Gang rennen, aber sie war wie gelähmt.
Ruckartig wachte sie auf. Was war das denn? Ihr Herz klopfte schnell und sie atmete schwer, als wäre sie wirklich gerannt. Mit einem Satz sprang sie aus dem Bett und die Treppe hinunter in die Küche. Ein Glück, im Kühlschrank stand eine Fruchtschorle. Durstig trank sie ein paar Schlucke und nahm die Flasche mit hoch in ihr Zimmer. Sie stellte sie neben das Bett, legte sich hin und wollte nachdenken über den Traum, schlief jedoch sofort ein und wachte erst am Morgen vom Krähen der Hähne wieder auf.