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Kapitel 10 Ein Festmahl

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„Ich habe euch etwas mitgebracht!“ Stolz präsentierte er Lene seine Ausbeute. „Die sind aber klein!“ wunderte sich Lene. „In meiner Zeit ist alles größer. Gedüngt bis zum Gehtnichtmehr und hochgezüchtet.“ Wernher schüttelte missbilligend den Kopf und putzte eine Rübe mit der Hand notdürftig ab und reichte sie Lene, die heißhungrig hineinbiss. Hm, so süß schmeckten die heutzutage nicht mehr. „Schmeckt die aber gut!“ Wernher freute sich und bot ihr nun auch die Maiskölbchen und Radieschen an. Sie wollte jedoch nur weiteressen, wenn er auch etwas äße. Er brauchte seine Kraft. „Was machen wir denn jetzt? Hast du eine Idee, Wernher?“ Wernher kaute bedächtig und holte dann tief Luft. „Ich habe nachgedacht, als ich vorhin unterwegs war, zu meinem geheimen Garten und ihr geschlafen habt. Es kann jederzeit passieren, dass mich meine Häscher erwischen und mir endgültig den Garaus machen. Was wird dann aus euch? Das darf nicht passieren. Ich habe Freunde in Erlenbach. Weitläufige Verwandte. Die bitten wir um Hilfe und Geleitschutz. Mit ihrer Hilfe kehren wir hierher zurück und versuchen, das Loch wieder zu finden, um hineinzuklettern. Vielleicht kommt ihr dann auf diese Weise wieder zurück. Genauso, wie ihr herkamt. Was meint ihr?“ „Klingt gut“, meinte Lene und kaute begeistert an ihrem Radieschen. „Du bist ein guter Gärtner, hm!“ Sie verdrehte verzückt die Augen. „Wenn man Hunger hat, schmeckt alles gut“, meinte er. „Hast du auch etwas zu trinken, Wernher?“ „Dazu müssten wir zum Brunnen gehen, oder an den Bach. Ich habe gedacht, wir trinken später etwas, wenn wir daran vorbeikommen, denn wir müssen, auf dem Weg zu meinen Verwandten, sowieso in diese Richtung.“ „Gute Idee“, meinte Lene und dachte nach. „Moment mal, liegt mein Rucksack irgendwo?“ „Meinst du das blaue Ding da?“ Wernher reichte ihn ihr ihren hinüber. „Ja, genau der!“ Lene öffnete den Reißverschluss, während Wernher ihr gebannt zusah. „Das ist ja schön, zeigt mal dieses Ding – funktioniert das ganz ohne Knöpfe?“ Lene ließ ihn ein paarmal den Reißverschluss auf- und zuziehen, bevor sie ihm den Rucksack aus der Hand nahm. „Sieh mal, ich habe da noch etwas.“ Sie nahm die Flasche Fruchtschorle heraus und reichte sie ihm zum Trinken zu. „Ein Schraubverschluss ist das!“ „Aha.“ Wernher schraubte sie mühelos auf und hielt bewundernd den Deckel in der Hand. Im Dunkeln hatte er gar nicht darauf geachtet. „Trink!“ Er setzte die Flasche an die Lippen und trank ungefähr die Hälfte, bevor er sie Lene zurückreichte. „Ihr auch!“ Lene trank ganz bewusst, mit geschlossenen Augen und schloss den Deckel. Wer weiß, wann sie wieder etwas aus ihrer Zeit trinken konnte. „Wir können die Flasche am Brunnen füllen und mitnehmen, damit wir unterwegs etwas zum Trinken haben.“ „Gute Idee“, meinte Wernher lächelnd. „Ihr seid praktisch veranlagt, Lene!“ Stolz öffnete sie den Rucksack, verstaute die Flasche und nahm eine Tafel Schokolade heraus, die sie in einem Seitenfach als Notration fast immer dabeihatte. Endlich wurde sie auch wirklich in einer Notsituation gebraucht, dachte Lene. Sie brach eine Reihe ab und reichte sie Wernher zu. „Was ist das?“ fragte er sie mit großen Augen. „Schokolade mit Nüssen.“ „Hm“, begeistert schloss er die Augen und ließ ein Stück auf seiner Zunge zergehen. „Ist das gut!“, so etwas Gutes habe ich noch nie gegessen!“ Lene lächelte glücklich und freute sich, dass es ihm schmeckte. „Aber wir müssen langsam los, oder?“ Lene sah ihn fragend an. Er legte die Stirn in Falten und antwortete zögernd. „Eigentlich wäre es sicherer, im Dunkeln zu gehen, damit uns niemand sieht. Ich weiß nicht, was passiert, wenn wir entdeckt werden. Immerhin haben sie meinen Tod in Kauf genommen als sie mich in das Loch warfen und eure Geschichte wird auch niemand glauben, ihr würdet höchstens noch der Hexerei verdächtigt werden.“ „Stimmt, du hast recht, Wernher!“ Bedrückt ließ sich Lene zurück auf ihr Lager fallen. „Was machen wir jetzt?“ Er setzte sich zu ihr und legte sich seinerseits zurück. „Wir versuchen zu schlafen. Die Hütte ist gut getarnt und niemand hat Grund, uns zu suchen. Keiner weiß, dass ich noch lebe und dass ihr hier seid, weiß auch Niemand.“ Lene antwortete nachdenklich. „Gut, ich denke, du hast recht. Du kennst dich hier aus und kannst eher beurteilen, was am besten ist. Versuchen wir zu schlafen. Ich glaube zwar nicht, dass ich es kann, aber ausruhen ist auch viel wert. Schläft mer nit, so ruht mer doch, sagte schon meine Oma immer.“ Wernher lächelte zufrieden, zog sie in seine Arme und legte sich gemütlich hin. Lene ließ es ganz selbstverständlich geschehen und ruckelte sich zurecht, bis sie bequem an ihn gekuschelt lag.

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