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Donnerstag

Prinzessin der Kelche

Freude. Das Gefühl, schwerelos zu sein und in der Luft zu schweben. Diese Karte hätte ich gerne öfter.

"Woher wusste er, dass wir im Hausflur waren?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Wahrscheinlich war er die ganze Zeit zu Hause und hat uns gehört."

"Wir haben uns nicht unterhalten", wandte Vanessa ein.

"Doch, haben wir. Leise zwar, aber wir haben miteinander gesprochen."

"Stimmt." Vanessa schwieg für einen Augenblick und runzelte die Stirn. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck. Sie dachte nach. Mehr als einmal hatte sie darüber gewitzelt, es wäre an der Zeit, an Botox zu denken.

"Wie wäre es, wenn wir eine Kamera installieren? Es gibt winzige Linsen, die sieht kein Mensch. Wenn wir die gegenüber von seiner Wohnungstür anbringen, kannst du an deinem Computer genau verfolgen, wer ihn besucht."

"Das ist Stalking. Aber nicht nur das, es ist peinlich und mit Sicherheit illegal."

"Ist ja gut. Du hast recht." Vanessa hob abwehrend die Hände. "Es war eine blöde Idee. Ich bin nur so neugierig."

"Ich auch. Aber das geht zu weit."

"Hast du ihn seit gestern gesehen?" Vanessa sah mich prüfend an. Meiner Freundin entging nichts. Was Lex anbetraf, so schwebte ich im Moment im siebten Himmel. Das Gespräch mit ihm hatte mir gutgetan. Seine ehrliche Anteilnahme und seine Reaktion auf meinen Job als Kartenlegerin hatten mich fast vergessen lassen, was der Tarot über unsere Beziehung und seine Entscheidungsprobleme gesagt hatte.

Die große Liebe. Ich war sicher, sie gefunden zu haben. Dumm nur, dass Vanessa mir gerade wieder den Ausgang dieser Liebe ins Gedächtnis gerufen hatte. Ich wünschte, ich hätte nie diese zweite Karte gezogen. Dann könnte ich mich in eine Beziehung mit Lex stürzen, ohne an die Konsequenzen zu denken.

"Ich habe ihn heute Morgen getroffen und er hat mich zum Frühstück eingeladen", gab ich zu.

"Ich wusste es! Der Mann ist in dich verliebt."

"Zumindest hat er Interesse", versuchte ich ihren Überschwang zu zügeln.

"Glaubst du wirklich, er arbeitet? Lex scheint selten im Büro zu sein."

"Er hat keine normalen Arbeitszeiten. Manchmal hat er tagsüber frei und muss dafür abends im Büro sein. Außerdem hat er ein Home-Office."

"Soso. Du weißt einiges über ihn." Vanessa musterte mich. "Wann siehst du ihn wieder?"

"Freitagabend."

"Ihr seid verabredet?"

"Er hat mich gefragt, ob ich Lust habe, mit ihm ins Paulaner Bräuhaus zu gehen."

"Ihr habt ein Date!"

"Nein, eine Verabredung."

"Eine Verabredung ist ein Date, Jana."

"Okay." Ich grinste. "Wir haben ein Date."

"Was ziehst du an?"

"Jeans. Wir gehen ins Paulaner, da werde ich nicht in einem Minirock und High Heels auftreten."

"Bist du verrückt?"

"Vanessa, was trägst du, wenn du dorthin gehst? Ein Cocktailkleid?"

"Nein. Aber Jeans sind das Langweiligste, was es gibt."

"Sehr viel mehr wirst du in meinem Kleiderschrank nicht finden", murmelte ich.

"Das glaube ich nicht." Vanessa nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Im Flur vor dem Badezimmer befand sich ein Einbauschrank, der meine wenigen Kleidungsstücke beherbergte. Ohne um meine Erlaubnis zu fragen, begann Vanessa die Kleiderbügel hin und her zu rücken. Dabei murmelte sie vor sich hin. "Nein, das geht nicht. Zu viel. Das auch nicht. Zu wenig."

Ich hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte. Nur eines war klar: Sie sah nicht das, was sie suchte.

"Die sieht gut aus, auch wenn es eine Jeans ist." Vanessa warf mir eine Hose entgegen, dann musterte sie mit gerunzelter Stirn die übrigen Klamotten, die vor ihr hingen. "Du brauchst dringend mehr als die paar T-Shirts. Hast du keine Blusen?"

"Ich hasse bügeln", entgegnete ich und zog die Hose über. Meine Freundin musterte mich.

"Dreh dich um."

Gehorsam drehte ich mich einmal um die eigene Achse.

"Ich wünschte, ich hätte deine Figur. Die Jeans ist toll. Dazu leihe ich dir eine Trachtenbluse."

"Lieber nicht." Ich zog eine Grimasse. "Ich kann es mir nicht leisten, eine Eintausendeurobluse mit Rotwein zu beflecken.

"Lass das meine Sorge sein." Vanessa warf mir ein schwarzes T-Shirt entgegen, das schon bessere Tage gesehen hatte. "Oder willst du das hier anziehen?"

"Nein. Ich habe bestimmt noch etwas Besseres."

"Hast du nicht."

"In Ordnung. Ich ziehe deine Bluse an."

"Warum nicht gleich so? Und jetzt zu den Schuhen."

Die Schuhauswahl dauerte nicht lange, dank der Tatsache, dass ich nur fünf Paar besaß.

"Wie kann ein Mensch mit so wenigen Schuhen auskommen?"

"Das ist einfach. Ich muss mir nur überlegen, ob ich essen oder High Heels kaufen will."

"Sehr witzig."

Ich zuckte mit den Schultern und schwieg. Meine Freundin wusste nicht, wie knapp mein monatliches Budget war. Von dem, was ich in vier Wochen ausgab, würde sie sich nicht mal ein Paar Loubourtins leisten können.

"Das sollte gehen."

Die Skinny-Jeans sah zusammen mit dem einzigen Paar High Heels, das ich besaß, gut aus. Dank der zusätzlichen zehn Zentimeter durch die Schuhe hatte ich endlos lange Beine.

"Mir gefällt es auch." Ich drehte mich einmal vor dem Spiegel. Glücklicherweise konnte ich so ziemlich alles essen, ohne zuzunehmen. Aus diesem Grund passte mir die Jeans noch. Seit ich nach München gezogen war, hatte ich mein morgendliches Jogging vernachlässigt. Morgen fange ich wieder damit an, versprach ich mir. Auch wenn man es meiner Kleidung nicht ansah, so merkte ich, dass ich nicht mehr so fit war wie früher.

"Jetzt noch ein paar Strähnchen, dann kann ich dich gehen lassen." Vanessa zückte ihr Handy und begann in ihren Kontakten zu suchen. "Ich mache einen Termin für dich bei meinem Friseur. Wenn ich ihn ganz lieb darum bitte, wird Jean-Luc dich heute noch drannehmen. Oder morgen früh." Vanessa runzelte die Stirn. "Aber dann verpasst du die Mathevorlesung." Sie sah mit einem Grinsen hoch. "Das kann ich nicht verantworten. Vor allem, da ich weiß, wie sehr du Finanzmathematik liebst."

Ich streckte ihr die Zunge raus. "Sehr witzig. Außerdem will ich keinen Termin bei deinem Jean-Luc. Allein die Kosten, nur bei ihm Platz zu nehmen, würden mein Budget sprengen. Es muss ohne Highlights gehen."

"Bist du verrückt? Du hast so einen tollen Karamellton, den musst du unbedingt mehr herausbringen. Ich wünschte, ich hätte deine Locken."

"Ha! Du bist naturblond. Was willst du mit meiner Haarfarbe?"

"Wer will schon blond sein? Jeder denkt, ich sei blöd und würde mich auf dem Geld meiner Eltern ausruhen."

"Das stimmt nicht."

"Doch, das glauben sie alle, aber das ist jetzt nicht wichtig. Was machen wir mit deinen Haaren?"

"Nichts. Sie bleiben, wie sie sind. Auch wenn du die Farbe langweilig findest."

"Sie ist nur langweilig, weil du dich weigerst, sie mit ein paar hellen Strähnen zu unterstreichen. Glaube mir, du sähest umwerfend aus."

"Ich kann es mir nicht leisten, über hundert Euro dafür auszugeben."

"Ich könnte dir das Geld leihen."

"Damit fangen wir gar nicht erst an."

"Hmmm." Vanessa schwieg für einen Moment, dann klatschte sie in die Hände und sprang auf und ab wie ein kleines Mädchen, das Geburtstag hat. "Komm, ich habe eine Idee."

Eine halbe Stunde später saß ich in einem Friseurstuhl. Brav eingepackt in einen Umhang. Vanessa hatte mir die Künste eines Lehrlings vermittelt. Die Frau arbeitete bei Jean-Luc, was bedeutete, dass sie gut war. Zumindest behauptete das Vanessa. Hinter mir diskutierten die zwei, welche Farbe meine Strähnen haben sollten. Mich beachtete niemand bei dem Gespräch.

Es vergingen weitere fünf Minuten, die ich damit verbrachte, die neuesten Klatschnachrichten zu lesen.

"Zweiundzwanzig Euro", verkündete meine Freundin triumphierend, nachdem die Verhandlungen beendet waren. "Vorausgesetzt, du föhnst deine Haare selbst."

"In Ordnung. Dann esse ich die nächsten drei Tage nichts. Schadet mir ohnehin nicht."

"Sehr witzig."

"Okay, okay." Ich grinste. "Vielleicht finde ich noch ein paar Körner Müsli in meinen Vorräten."

Lügner küssen besser

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