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Sonntag

VI: Die Liebenden

Ich treffe meine große Liebe. Ha, ha.

Zweifelnd sah ich die Karte an, die vor mir auf dem Tisch lag. Jeden Abend zog ich eine Karte aus meinem Tarotdeck, um herauszufinden, was mich am nächsten Tag erwartete. "Die Liebenden" hatte ich noch nie gehabt.

"Bei jedem anderen würde ich sagen, er trifft die Liebe seines Lebens", murmelte ich und zog das bunte Bild näher. Ich benutzte den Röhrig-Tarot. Ein Kartendeck, das ich normalerweise für die Fragen zurate zog, die mir meine Klienten stellten. Für mich persönlich bevorzugte ich den Haindl-Tarot. Heute aber war mir danach gewesen, das fast kitschig wirkende, moderne Deck zu befragen.

Ich wickelte eine Haarsträhne um meinen Zeigefinger, noch immer skeptisch, wie ich das Bild interpretieren sollte. "Die Liebenden" ist eine der wenigen Tarotkarten, die so eindeutig in ihrer Aussage sind.

"Liebe? In meinem Leben?"

Ich war seit zwei Jahren Single. Anfangs hatte ich das Alleinsein genossen, aber das war lange vorbei. Vielleicht würde ich bald den Mann meiner Träume treffen?

Unwahrscheinlich, flüsterte eine Stimme in meinem Kopf. Die Skeptikerin in mir war mit nur einer Karte nicht zu überzeugen.

Vielleicht sollte ich eine weitere ziehen? Nur um sicherzugehen?

Mit den Fingern trommelte ich einen nervösen Rhythmus. Ich sollte es dabei belassen. Es ist nie gut, zu viel wissen zu wollen.

"Eine einzige kleine Karte kann nichts schaden", wandte ich laut ein. "Dann höre ich auf. Ganz bestimmt."

Meine Hand zitterte ein wenig, als ich sie ausstreckte, zögernd das Deck berührte und dann begann, die Karten zu mischen. Glatt und geschmeidig glitten sie durch meine Hände. Ein gutes Zeichen, denn es gab Tage, an denen sie fast aneinanderklebten. Tage, an denen sie nicht gefragt werden wollten.

Ich fächerte sie mit dem Bild nach unten vor mir auf, dann zog ich mit der linken Hand, der Hand der Gefühle, eine Karte und drehte sie um.

"Verdammt! Ich wusste es."

Ich sprang auf und stapfte in die winzige Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Was ich jetzt brauchte, war eine gehörige Dosis Koffein. Meine Version des Frustessens.

"Könnte auch sein, dass die 7 der Schwerter mein Misstrauen anzeigt", argumentierte ich, während ich ein Pad in die Kaffeemaschine legte und nach einer sauberen Tasse suchte. "Ich hätte nicht nachfragen sollen."

Ich drückte den Startknopf und starrte aus dem Fenster auf die Tegernseer Landstraße hinaus. Der Autoverkehr wälzte sich durch die Stadt. Obwohl es Sonntagabend war, drängten sich die Autos dicht an dicht.

Ich wollte mir die tatsächliche Aussage der 7 der Schwerter nicht eingestehen. Ich würde meine wahre Liebe treffen, aber das Ganze wäre von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

"Ich glaube, der Tarot konfrontiert dich mit deinen eigenen Sorgen und Ängsten", sagte Adriana, eine Kollegin von mir. Wir zogen uns gegenseitig zurate, wenn wir einen Ausblick in die Zukunft haben wollten.

"Möglich, aber du weißt, dass ich immer dazu tendiere, die Karten so auszulegen, wie ich es gerne hätte. Jedem anderen würde ich sagen, die Sache wäre zum Scheitern verurteilt."

"Dann ist es wohl so."

Ich zog eine Grimasse. Normalerweise mochte ich Adriana, eben weil sie so direkt in ihren Aussagen war. Heute hätte ich gerne darauf verzichtet.

"Könntest du für mich nachsehen?", fragte ich zaghaft.

"Nein. Du hast bereits gefragt. Also sei mit der Antwort zufrieden."

"Hmmmm."

"Das ist genau das, was du selbst deinen Klienten sagst", erinnerte sie mich.

"Ich weiß, trotzdem muss ich es nicht gut finden."

"Stimmt." Adriana schwieg für einen Augenblick. "Ziehst du immer noch jeden Tag eine Karte?", fragte sie dann.

Ich seufzte. Eine Kollegin zu haben, die Hellseherin war, konnte ganz schön nerven.

"Nein, nur noch jeden Sonntag, um zu sehen, wie die Woche wird", log ich. Es war keine richtige Lüge. Ich hatte die Absicht, nur noch einmal die Woche den Tarot zu befragen, und das klappte. Fast. Mittlerweile war ich so weit, nur noch einmal am Tag nachzusehen und nicht mehrmals.

"So, so." In Adrianas Stimme schwang Skepsis.

"Ja, wirklich. Ich muss jetzt Schluss machen. Morgen schreiben wir eine Klausur."

"Na, dann viel Glück."

Kaum hatte ich das Gespräch beendet, als sich auch schon das schlechte Gewissen regte. Auch diese letzte Aussage war eine Lüge gewesen. Klausuren schrieben wir erst am Ende des Semesters. Also in etwa sechs Wochen. Aber wahrscheinlich wusste sie das ohnehin.

Lügner küssen besser

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