Читать книгу Liebe in der Hochtal-Heimat: 7 Bergromane - Cedric Balmore - Страница 14

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„Gehen Sie jetzt in das obere Magazin und stellen Sie die Listen zusammen“, befiehlt Androt seinem Buchhalter. Blust steht vor dem Schreibtisch und rührt sich nicht.

„Haben Sie nicht verstanden? Die Kisten sind mit Schafwolle zugedeckt. Sie brauchen bloß die Nummern aufzuschreiben. Der Inhalt geht Sie nichts an.“

„Sollten wir nicht lieber bis zum Neumond warten?“, fragt der kleine Buchhalter.

„Ich weiß selber, was ich zu tun habe“, fährt ihn Androt an. „Scheren Sie sich hinüber. Die kleinen Zinnkisten links sind mit den Chemikalien für drüben gefüllt.“

„Ist es … ist es Heroin?“, fragte Blust. Sein Gesicht ist bleich, seine Augen blicken unstet von Androt auf die Tür und wieder auf Androt.

Dieser gibt keine Antwort.

„Die Kisten werden ab heute jede Nacht in die Malosa-Höhle gebracht. In den vereinbarten Seitengang. Der Weg zur Höhle ist sicher, weil er nicht zur Grenze führt. Immer nur zwei oder drei Mann werden dazu eingesetzt. Erst wenn oben alles bereit ist, wird der Schlag ausgeführt, alle Mann für einen einzigen Grenzgang eingesetzt! Nach einem Hochwetter, wenn Nebel und Regen das Joch bedecken. Sie können sich wohl denken, warum ich Sie jetzt rufen ließ?“

Blust gibt keine Antwort. Sein Gesicht ist noch bleicher geworden.

„Weil Sie den großen Grenzgang anführen werden!“

Androt sieht den Buchhalter aus seinen dunklen Augen prüfend an.

„Ich bin kein Bergmensch, Herr Androt. Ich bin schwach.“

„Schwach? Dann will ich Ihrem Gedächtnis nachhelfen, Blust. Nachdem Sie seinerzeit das Postamt in Unterwaldau ausgeraubt hatten, suchten Sie über den Falleinergrat das Ausland zu erreichen. Obwohl Sie das Pech gehabt hatten, nur einige Tausender erbeutet zu haben. Wenn Sie nicht das Glück gehabt hätten, damals meinen Leuten in die Arme zu laufen, hätten Sie die Grenzer gefasst. Still jetzt, es ist jemand draußen. Wir reden später weiter. Wer ist es?“

Blust öffnet vorsichtig die Tür. „Der Walch!“

„Lassen Sie ihn hereinkommen. Und warten Sie drüben im Kontor.“

Einige Augenblicke später schließt sich hinter Walch die Tür.

„Heute können Sie Ihre Geschicklichkeit beweisen, Walch!“ Androt steht auf und reicht dem Burschen eine Zigarette. „Sie bekommen eine Schachtel über die Grenze. Nichts Schweres. Kaum ein Kilogramm, aber verflucht kostbar, Walch. Ein weißes Pulver. Sie nehmen den Weg über das Larennjoch. Oben queren Sie die Wasserwand. Wenn Sie den Auftrag ordentlich ausführen und die Schachtel drüben abgegeben haben, erhalten Sie den doppelten Lohn.“

„Ich gehe nicht“, sagt Walch kurz. Er blickt verlegen zu Boden.

„Was soll das heißen?“ Das Gesicht Androts ist vor Wut entstellt. Seine Augen sind zusammengekniffen. List und Verschlagenheit leuchten jetzt aus ihnen.

„Das ist meine Privatsache, Herr Androt. Über die bin ich Ihnen keine Rechenschaft schuldig. Ich werde Ihnen jede Arbeit leisten, beim Bau oder anderswo. Und wenn es sein muss, an gefährlichen Stellen, Herr Androt. Aber das, was Sie wollen – nein.“

„Sie – Sie Kerl, Sie!“ Androt will Walch an der Schulter packen.

Dann besinnt er sich. „Wissen Sie, was Sie sind, Walch? Ein erbärmlicher Schwindler. Sie haben sich von mir anwerben lassen, aus dem Dreck habe ich Sie gezogen, aus dem Nichts! Durchgefüttert habe ich Sie, bis Sie wieder zu Kräften gekommen sind. Und jetzt wollen Sie den großen Herrn spielen? Ich brauche nur ein Wort zu sagen, dass Sie mir einen Vorschuss herausgeschwindelt haben, und Sie wandern dorthin zurück, woher Sie gekommen sind.“

„Aber mit Ihnen, Herr Androt!“ Walch lacht höhnisch auf. „Dann werde ich eben sagen, wozu Sie mich aufgenommen haben und mir wochenlang einen Lohn zahlen.“

„Gut, mein Sohn!“ Androt wird auf einmal ganz still. Er zuckt mit den Schultern. „Wozu sollen sich zwei Kerls, wie wir es sind, etwas vormachen? Ich bin kein Heiliger, und Sie auch nicht, Walch. Ich war vorhin etwas grob. Also nichts für ungut. Zünden Sie sich ruhig die Zigarette an. Wir wollen die Sache einmal von zwei Seiten besehen. Natürlich zahle ich nicht doppelten Lohn, damit Sie mir im Mühlbach Schotter ausheben. Ein Mechaniker sind Sie nicht, von den neuen Maschinen, die ich bestellt habe, verstehen Sie auch nichts. Wozu sollte ich Sie sonst wirklich verwenden? Ich will ganz offen zu Ihnen reden. Als Mann zu Mann. Hören Sie, Walch, ich will gar nicht, dass Sie dauernd für mich über die Grenze gehen. Ich beabsichtige einmal einen großen Fischzug zu machen, damit ich die neuen Maschinen bezahlen kann. Einen ganz großen Grenzgang mit Waren, die heutzutage in manchen Ländern mehr wert sind als bei uns das Gold. Diesmal sollen Sie nur eine Probe hinüberbringen, damit das große Geschäft zustande kommt.“

Androt öffnet die Schreibtischlade und zeigt Walch eine Schachtel, die mit einem weißen Pulver gefüllt ist.

„Das bringen Sie mir hinüber. Die Adresse wird Ihnen Blust geben. Und wenn Sie die Sache in Ordnung gemacht haben, mein Gewährsmann diese Schachtel in Händen und den Inhalt geprüft hat, brauche ich Sie nicht mehr! Für diese Geschäfte nicht mehr! Ich baue die neue Schleuse und den Wehrkanal. Dann können Sie das Wächterhaus beziehen, Sie bekommen Gehalt, freie Wohnung und freies Holz. Sie können heiraten, Walch! Sie haben doch sicher eine Braut! Oder etwa nicht?“

Blust schiebt seinen grauhaarigen Kopf zur Tür herein.

„Ich habe keine Zeit“, wehrt ihn Androt ab.

Er wischt sich den Schweiß von der Stirne. Er weiß ganz gut, dass er jetzt in der Hand dieses Walch ist. Er weiß auch, dass Walch der Mann ist, der sich mit Dina im Walde trifft.

„Also wie ist das, Walch? Gibt es da noch etwas zu überlegen? Einmal nur müssen Sie hinüber! Und dann die neue Stellung. Denken Sie doch zum Teufel an Ihr Mädel!“

Androt setzt sich in seinen Lehnsessel und spielt mit einem dicken, roten Bleistift, der auf dem Schreibtisch liegt.

Walch denkt krampfhaft nach. Schleusenwächter! Ein eigenes Heim! Endlich wieder eine Bleibe! Und hier in Korins … hier, wo Dina lebt? Wenn er jetzt nicht ja sagt, kann er morgen gehen. Und Androt anzeigen? Unsinn! Ob ihm jemand Glauben schenken wird, wenn er gegen Androt aussagt? Wer weiß, wen dieser Androt noch in der Hand hatte? Zuletzt würde man den Spieß umdrehen.

Androt sitzt hinter seinem Schreibtisch, zusammengekauert wie zum Sprung. Walch sieht nur seine Augen, seine stechenden Augen, die auf ihn starren.

„Es ist in Ordnung, Herr Androt“, sagt Walch heiser. „Ich werde gehen. Tragen Sie mir nichts nach. Ich habe Angst gehabt, ich will nicht mehr zurück, dorthin, woher ich gekommen bin!“

„Gut. Finden Sie sich um zehn Uhr abends hier ein, beim Blust“, befiehlt Androt, während Walch schon in der Tür steht. „Alles weitere wird er Ihnen erklären. Einen ortskundigen Führer bekommen Sie mit.“

Als Blust später hereinkommt, lacht ihm Androt zu. Er lacht, dass es ihn nur so schüttelt. Greller Hohn und nackte Freude ist in diesem Lachen. Der Sieg über den Nebenbuhler!

„Wer von den Leuten ist noch unzuverlässig?“, fragt Androt den Buchhalter.

„Der Nagiller. Er will nicht mehr lange mittun.“

„Schön. Geben Sie dem Walch den Nagiller mit. Walch kommt um zehn Uhr abends her. Die Schachtel lege ich hier auf den Tresor. Sie machen alles wie seinerzeit beim Dosamer. Sie lassen das Grenzkommando durch einen anonymen Zettel wissen, dass heute zwei Schmuggler am Wasserwand-Weg kommen. Einer von unseren Leuten muss hinauf ins Kar. Wenn die Grenzer den Walch sehen, muss unser Mann einen blinden Schuss abgeben. Dann nehmen die Grenzer sofort das Kar unter Feuer und jeden, den sie dort sehen!“

„Und wenn der Walch ihnen entkommt?“, wendet Blust ein. „Oder der Nagiller? Wenn sie dann auspacken?“

„Auspacken?“ Androt lächelt. Sein Gesicht ist wieder ruhig und freundlich wie immer. „Da habe ich keine Angst, mein Lieber. Ebenso wenig, dass Sie einmal auspacken könnten! Dieser Walch hat viel zu viel Angst, wieder ins Gefängnis zu kommen. Wenn die Grenzer mit ihren Gewehren einen kriegen, wird der andere schweigen wie das Grab. Einer wie der andere. Ich kenne meine Leute.“

Blust geht langsam gegen die Tür zu.

„Noch etwas“, ruft ihm Androt nach. „Wenn dem Walch irgend etwas zustößt … sagen wir also, eine Unannehmlichkeit, he? Dann sorgen Sie dafür, dass es Dina erfährt. Aber auf nette Weise, Blust! Und sind Sie nicht zudringlich dabei. Die Falk ist ein verdammt hübsches Mädchen.“

Liebe in der Hochtal-Heimat: 7 Bergromane

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