Читать книгу Liebe in der Hochtal-Heimat: 7 Bergromane - Cedric Balmore - Страница 16

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Die Auracherin sitzt in der Stube und strickt. Ihr gegenüber am Tisch liest Dina in einem alten Kalender.

„Du gefällst mir in der letzten Zeit nicht“, sagt die Auracherin.

„Aber geh.“ Dina wird rot. „Warum denn, Tante Lena?“

„Ich habe Angst, dass dir der Veit nicht mehr so lieb wär’ wie im Anfang. Und er bemüht sich doch so um dich.“

Dina neigt den Kopf. „Ich will dir etwas sagen, Tante Lena. Der Veit gefällt mir immer noch so wie damals, als ich nach Korins kam. Wir vertragen uns und sind Freunde. Das ist alles. Und leid tut es mir nur, dass er meinetwegen die Gertrud vernachlässigt.“

Die Auracherin blickt erschrocken auf. „Der Förster wird es nie erlauben, dass die Gertrud einen Bauern heiratet.“

Dina seufzt auf. „Mir tut sie leid.“

„Sie braucht dir gar nicht leid zu tun“, meint die Auracherin bissig. „Leid können nur wir uns tun! So ein schönes Mädel wie du bist – und der größte und gescheiteste Bauer von Korins möchte dich vom Fleck weg heiraten. Und ist dazu noch Bürgermeister und der hübscheste Bursche weit und breit.“

„Wer ist der hübscheste Bursche?“

Die beiden fahren herum. Veit steht in der Tür.

„Ihr seid ja so vertieft, dass ihr gar nicht mein Klopfen gehört habt.“

„Wir haben von einem Jäger in Körtschach gesprochen“, erklärt ihm Dina, die feuerrot geworden ist.

„Ja, die Körtschacher!“, meint Veit heiter. „Die haben es gut, da man sogar in Korins von ihnen spricht!“

„Was führt dich so spät abends her?“ Dina will ablenken.

„Ich habe mit dem Förster etwas zu reden gehabt. Der Kommandant der Finanzwache hat mich darum gebeten. Es geht wieder zu am Larennjoch. Jemand hat einen Zettel an die Tür des Postenkommandos gesteckt, dass heute Nacht die Schmuggler wieder unterwegs sind.“

„Und was hat das mit dem Förster zu tun?“, fragt Dina neugierig.

„Viel und doch wieder nicht viel. Damit kein Jäger nachts durch die Malosa-Schlucht aufsteigt. Er könnte die Schmuggler verscheuchen, die sonst den Grenzern oben in die Hände fallen müssen, wo der Posten schon gewarnt ist. Und dass auf einen der Jäger versehentlich geschossen wird. Das ist alles.“

„Wie geht es Gertrud?“, fragt Dina und wirft der Auracherin einen bedeutsamen Blick zu.

„Der Gertrud? Gut natürlich. Sie ist heiter wie immer. Sie hat uns ein wenig Gesellschaft geleistet und ist dann verschwunden. Wohin, weiß ich nicht. Kümmert mich auch nicht.“

„Um so ein schönes Mädchen würde ich mich an deiner Stelle schon kümmern“, meint Dina. „Und lieb ist sie auch. Ich habe sie von Herzen gern.“

„Ich muss noch in die Küche“, sagt die Auracherin plötzlich.

„Hoffentlich hast du die Gertrud nicht wieder gekränkt?“, fragt Dina, nachdem die Tante gegangen ist.

Veit schüttelt den Kopf. „Nein, gekränkt sicher nicht, das täte ich nie. Aber ich spiele keine Komödie, Dina. Dazu ist mir Gertrud zu gut.“

„Du musst keine Komödie spielen. Du tust kein Unrecht, wenn du zu Gertrud gut und lieb bist. Oder schrecken dich die Hindernisse, weil der Förster gegen einen Bauernsohn ist?“

„Nein, solche Hindernisse schrecken mich nicht. Aber ein anderes Hindernis gibt es. Dass ich immer an dich denken muss!“

Die Hände im Schoß gefaltet, das Gesicht über den Tisch geneigt, verharrt Dina einige Herzschläge lang in regungslosem Sinnen.

„Unsinn, Veit. Sei nicht so ein Starrkopf.“

„Wenn ich dich aber so schrecklich lieb habe?“ Veit fühlt, wie ihm das Herz zum Zerspringen klopft.

„Ja, das weiß ich, Veit, das sagst du mir ja öfters. Aber glaube mir, es ist nur eine Verblendung. Diese Idee musst du endlich einmal aufgeben. Schämst du dich nicht? Wo dich die Gertrud von ganzem Herzen lieb hat. Und ich …“

„Du?“, fährt Veit auf. „Hast du einen anderen, Dina? Sage mir die Wahrheit. Die ganze Wahrheit.“

„Ob ich einen anderen habe?“ Fast traurig sagt es Dina. „Nein, Veit. Vielleicht hätte ich einen, wenn es schöner wäre in dieser Welt.“

Veits robuste Gestalt reckt sich empor. Durchdringend trifft Dina sein Blick.

„Aha – also doch?“, sagt er leise vor sich hin. „Steckt also doch etwas dahinter?“

Dina blickt zu ihm auf und fasst mit der Hand sein rechtes Ohr. „Du dummer Veit, du – sei doch nicht gleich so heftig!“ Mit tränenfeuchten Augen sieht sie in sein strenges Gesicht. „Ich habe keine schlimmen Dinge zu beichten, ganz gewiss nicht.“

„Und mir wohl am allerwenigsten“, setzt er bitter hinzu. Er sieht in das abgewendete Antlitz des Mädchens. „Ich will auch gar keine Beichte hören. Ich ahne vielleicht mehr, als du denkst.“

Nun sieht Dina auf. „Dann ist es ja gut, Veit. Dann wollen wir uns doch gegenseitig nicht das Leben schwermachen und gute Freunde bleiben.“ Es liegt etwas in ihrer Stimme, das ihn beunruhigt.

Warum ist bei Dina alles so unklar und verworren, denkt Veit. Wie ganz anders ist doch Gertrud. Da gibt es keine Tränen und keine Wehmut, sondern nur Lachen und Frohsinn. Bei Dina weiß ich nie, was unter ihrer Stirne für Gedanken wohnen. Und doch weiß er, dass er Dina nicht lassen kann. Keinem anderen, auch wenn es ein guter Freund wäre!

Aber Veit hat wenig Freunde. Hannes Peer ist der einzige Mensch, dem er sein unzugängliches Innere erschlossen hat, den er aufrichtig liebt und bewundert. Veit nimmt sich vor, einmal mit Peer über Dina zu sprechen. Peer wird ihm schon den richtigen Rat geben, Peer ist ja älter als Veit. Sein düsteres Gesicht ist plötzlich durch diesen Gedanken belebt. Noch brennt die Wunde, die Dina ihm durch ihre Unnahbarkeit geschlagen hat. Veit atmet schwer auf.

„Ich muss jetzt gehen, Dina. Ich möchte dir nur eines sagen – gerade weil ich der Bürgermeister bin – vergiss nicht, dass du in mir einen Freund besitzt, wann und wo es auch sei. Rufe mich, falls du Hilfe brauchst. Ich werde dir immer helfen, wenn ich damit keine Pflicht verletze.“

Veit stockt und beißt sich auf die Lippen. Sein Gesicht ist feuerrot geworden. Er sieht, wie Dina ihn ohne Verständnis anblickt.

„Ich weiß nicht, was du meinst“, sagt sie stockend. „Ich danke dir, aber ich weiß wirklich nicht, was du meinst.“ Angstvoll sieht sie zu ihm auf.

Krampfhaft presst Veit ihre Finger in seiner Rechten. Er fühlt, wie eiskalt ihre Hand ist. „Ich muss jetzt gehen, Dina. Leb wohl, nur um eines bitte ich dich – ob du mich lieb hast oder nicht – bleib brav und gut, Dina!“

Sie blickt ihn nachdenklich an. Ihre Stimme klingt wie ein Gelöbnis. „Ja, ich will gut und brav bleiben, das verspreche ich dir.“

Liebe in der Hochtal-Heimat: 7 Bergromane

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