Читать книгу Liebe in der Hochtal-Heimat: 7 Bergromane - Cedric Balmore - Страница 28

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Zu dieser Stunde ist Dina noch am Leben. Sie stemmt sich gegen die eisige Wand des steilen Höhlenganges. Aus der Tiefe kommt ein Murren und Grollen, das manchmal anschwillt. Das Wasser steigt bis zu Dinas Füßen und fließt wieder ab. Immer von Neuem wiederholt sich dieses schreckensvolle Schauspiel, wenn sich die Flut in einen neuen Nebenkanal ergießt.

Dann aber steigt das Wasser höher und höher!

Es ist gut, dass Dina die Laterne hat, die ihr der Schmuggler in den Gang gelegt hatte. Sie spart mit der neuen Kerze und wagt es nur, sie von Zeit zu Zeit anzuzünden.

Wie lange Dina in der Finsternis gesessen war, weiß sie nachher nicht mehr. Sie hört ein Donnern und Krachen, das sie fast betäubt. Mit zitternden Fingern setzt Dina die Kerze in Brand. Ihr Gesicht ist vor Angst verzerrt. Sie denkt krampfhaft nach, was geschehen ist.

Stürzt die Höhle ein? Ist ein Gang vom Wasser unterspült? Sie hört ein dumpfes Brausen, irgend etwas muss sich verändert haben, denkt Dina. Ein jäher Luftzug jagt durch den Quergang, in dem sie an der Wand kauert. Er bringt ihre Laterne zum Erlöschen. In ihrer Todesangst zündet sie die Kerze wieder an und flüchtet ein Stück weiter in die Höhle. Das Wasser kann wieder fallen! Dina klammert sich in ihrer Verzweiflung an diese Hoffnung, aber das Brausen kommt näher. Der Fluss steigt, füllt immer mehr Gänge und Seitenhöhlen an.

Dinas Laterne wirbelt tanzende Lichtreflexe auf die vereisten Wände. Wenige Meter von ihr entfernt steht der Wasserspiegel, die Oberfläche ist schwarz und schmutzig, langsam glucksen Luftblasen auf.

Dina sinkt auf einem glatt geschliffenen Felsblock zusammen. Sie blinzelt mit irren Augen um sich, richtet sich langsam auf und bemüht sich, mit der zitternden Hand die Phantasiegebilde von den Augen zu scheuchen.

Ich muss in einen anderen Gang, denkt sie. Ich muss es sehen können, wenn das Wasser zum oberen Höhlenausgang strömt. Wenn mich jemand zu retten sucht, kann er es nur dort tun. Und wenn das aufgestaute Wasser in die Seitengänge fließt, kann ich mich nur dort am Leben erhalten.

Dina kriecht weiter, bis sie den zugeworfenen Ausgang erreicht.

Sie kann nicht aufrecht gehen, der Höhlengang ist hier kaum einen Meter hoch und der Boden glatt. In der rechten Hand hält sie die Laterne. Sie weiß, dass die Kerze bald erlöschen muss, die nur mehr drei Finger hoch ist. Dicht vor Dina flieht eine Schlange mit zuckenden Windungen in den Spalt eines großen, geborstenen Felsens. Dina kann sie nicht erkennen, und sie weiß nicht, ob es eine Höhlennatter ist oder eine Viper. Ihr Herz schlägt heftig vor Angst, die Schlange könne sie aus dem tiefen Felsenspalt erspähen.

Plötzlich senkt sich der Boden vor Dina, schräg geneigt gegen einen mehrere Meter tiefen Abgrund. Dina kommt ins Gleiten, sie spürt einen dumpfen Schlag, ihr wird schwarz vor den Augen.

Dinas Kopf saust, und sie hört von ferne eine Stimme rufen. Peers Stimme! Sie kann darauf schwören, dass es Peers Stimme ist.

Dann ist es ihr, als ob eine Trompete blasen würde. Dina sieht eine riesenhafte Gestalt durch die Höhle kriechen, die in ein schwarzes Tuch gehüllt ist. Dina versteht nicht, was das ist, sie weiß auch nicht mehr, ob sie vor dem Tod Angst hat. Während sie de Ausgang zu weiterkriecht, der finster und versperrt ist von Blöcken und Steinen, fühlt sie in ihren Beinen und Armen kein Gewicht. Nur ihr Kopf und ihre Augen brennen, und ihr Herz klopft wie rasend.

Das Rauschen des Wassers schwillt an. Dina glaubt wieder Rufe zu hören, sie schreit, bis sie leiser wird, aber das Rauschen und Dröhnen verschlingt ihre Stimme. Es scheint Ewigkeiten zu dauern, bis es ruhiger wird, so dass Dina atemlos auf ein Geräusch in der beklemmenden Stille horcht. Die Luft wird allmählich schlecht.

Ich kann nickt mehr atmen, denkt Dina. Nur einmal noch tief atmen können!

Die Laterne ist ihren Händen entfallen, eine undurchdringliche Finsternis liegt um Dina. Es würgt sie in der Kehle, ein sandiges Gefühl reizt zum Würgen, sie wünscht sich fast das Wasser herbei, um etwas trinken zu können.

Nur weiter, weiter! Dina kriecht zum Ausgang zurück, durch eine tote, erstorbene, eisige Welt. Die schweißfeuchte Kleidung klebte ihr auf die Haut.

Was war jetzt? Dina horcht auf. Wird die Stille der Höhle von lautem Donner zerrissen? Woher kommt das wahnwitzige Gelächter? Gibt es hier jemanden, der noch lachen kann? Oder ist es nur schlagendes Geröll, das sie narrt?

„Ist hier jemand?“, ruft Dina. Aber kein Laut dringt aus ihrer Kehle, die wie ausgedörrt ist. Sie taumelt, stürzt in die Knie, sie kann kaum mehr atmen.

„Peer!“, schreit sie in ihrer Verzweiflung. „Wo bist du? Was ist mit mir geschehen? Kommst du zu mir?“

Dann hört sie von Ferne Schüsse fallen, ein dumpfes Krachen und Bersten. Und dann ist nichts mehr um sie.

Liebe in der Hochtal-Heimat: 7 Bergromane

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