Читать книгу Komm dir näher - Chameli Gad Ardagh - Страница 15

Im Augenblick sein: Das Leben echt zu leben

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Eine meiner Lieblingsfilmszenen ist aus A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn. Russell Crowe spielt John Forbes Nash, einen Nobelpreisträger für Mathematik. Im Film entdeckt Nash, dass viele seiner Freunde und einige andere umfangreiche Bereiche seines Leben nicht wirklich, sondern lediglich in seinem Verstand existieren; später wird ihm Schizophrenie attestiert. Dies ist natürlich sowohl für ihn als auch seine Frau eine tragische Botschaft. In meiner Lieblingsszene sitzen sie beide im Schlafzimmer, wo ihn seine Frau fragt: „Möchtest du wissen, was wirklich ist?“ Sie legt seine Hand auf ihr Herz und sagt: „Das ist real.“ Als sie ihre Hand auf seinen Kopf legt, fährt sie fort: „Vielleicht ist der Teil, der um das Erwachen aus dem Traum weiß, nicht hier.“ Sodann legt sie ihre Hand auf sein Herz und sagt: „Aber hier.“

Dieser Mann war ein mathematisches Genie, der, als er sein Problem entdeckte, selbstverständlich verzweifelt versuchte, es intellektuell zu begreifen. Je mehr er darüber nachdachte, umso mehr verirrte er sich im Dickicht seines überladenen Verstandes. Nach Einsteins bekanntem Aphorismus lassen sich Probleme nicht auf der Bewusstseinsebene lösen, auf der sie entstanden sind. Nashs Frau zeigte ihm – und uns –, dass er sich aus seinem Verstand herausbegeben musste, um jenseits des Denkens das Wirkliche zu begreifen. Obwohl dieser Kinofilm von einem Mann handelt, der ernsthaft gestört ist, sind wir alle – in unterschiedlichem Maß – leicht von unseren Gedanken zu verführen, manchmal so sehr, dass wir die Verbindung mit der Wirklichkeit verlieren.

Einige Jahre zuvor hatte ich als Therapeutin in einer Wohneinrichtung mit suchtkranken Heranwachsenden gearbeitet. Irgendwann war die Arbeitsbelastung gigantisch. Neben den Sitzungen mit den Patienten galt es, eine Milliarde von Einzelheiten im Gedächtnis zu behalten und eine Menge Papierkram zu erledigen. Die meisten Menschen, die dort arbeiteten und lebten, hasteten wie Lemminge durch den Tag und bewegten sich permanent am Rande einer chronischen Erschöpfung. Meinen ersten Weckruf erhielt ich, als ich mit Schlüsseln in der Hand vor einer Tür stand und mich nicht erinnern konnte, wie ich dorthin gelangt war beziehungsweise was ich tun wollte, sobald ich die Tür geöffnet hatte. An jenem Tag war das bereits zum vierten Mal geschehen. Der zweite Weckruf ertönte, als ich feststellte, dass ich auf der falschen Straßenseite fuhr, nachdem ich den „irrsinnigen“ Autofahrer beschimpft hatte, der mir auf der „falschen Spur“ entgegenkam. Glücklicherweise geschah das auf einer Landstraße und mir begegnete kein weiterer Wagen, ehe ich wie aus einer Trance aufwachte und mit klopfendem Herzen am Straßenrand anhielt. Was war mit mir los? „Ja, Burnout“, sagte der Arzt. Das Heilmittel? Innehalten, atmen, sein.

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