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Einleitung Die tiefste Sehnsucht

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Weiterentwicklung ist nur durch Sehnsucht möglich. Und wie der Pfad der Entfaltung unendlich ist, so sollte die Sehnsucht unendlich sein. Also wird die Sehnsucht an sich zu einem Ausdruck des Unendlichen – erstrebenswert um ihrer selbst willen. Aus diesem Grund besingen die Mystiker die Sehnsucht. Ein anderes Wort für Sehnsucht ist Liebe.1

IRINA TWEEDIE

Was ist deine tiefste Sehnsucht?

Was ist das für ein Ruf in deinem Herzen, der dich in kalten Winternächten in das Kaminfeuer starren lässt und – sobald der Wind im Frühling umschlägt – unwillkürliche Freudensprünge machen lässt? Jenes Sehnen, das alle anderen Wünsche aufzehrt, die Flamme in deinem Herzen, die dich in Bewegung hält? Wenn du ein Leben ohne jede Zerstreuung führen könntest, was würde dich anspornen, am Morgen aufzustehen?

Diese Frage habe ich Frauen auf der ganzen Welt gestellt, und ich stelle sie immer wieder an mich selbst. Ich habe entdeckt: Außerordentlich viele Frauen setzen das herab, was sie in tiefstem Herzen für das Wesentliche halten. Das passiert in zahllosen verschiedensten Situationen, die wir in diesem Buch näher betrachten werden. Doch der Hauptgrund dafür, unsere tiefste Sehnsucht zu verraten, ist: Wir haben sie nicht wirklich gründlich erkundet.

Ich unterscheide zwischen Verlangen und Sehnsucht. Aus meiner Sicht ist Verlangen der Wunsch, etwas Fehlendes zu erlangen; es ist jener Impuls, der uns die Erfüllung im Außen suchen lässt. Spreche ich hingegen von Sehnsucht, beziehe ich mich auf ein intuitives Erkennen, ein ursprüngliches Erinnern des Lebens in seinem unmittelbarsten Ausdruck. Wir sehnen uns danach, tiefer in dem zu ruhen, was bereits da ist.

Wir verlangen nach einer vollkommenen Beziehung, während sich unser tiefes Sehnen auf eine echte liebende Bindung richtet. Wir verlangen nach Bestätigung, während unser tiefes Sehnen in der Vollkommenheit von allem verweilen möchte.

Selten allerdings halten wir inne, um uns zu fragen, wohin uns unsere tief gründende Sehnsucht ruft. Betrachten wir jene Ziele näher, denen wir in den westlichen Gesellschaften kollektiv nachjagen, könnten die Antworten auf diese Frage möglicherweise so ausfallen:

mehr Geld zu verdienen,

befördert zu werden,

ein größeres Haus zu haben,

Beziehungen zu führen, wie sie in Kinofilmen dargestellt werden,

cleverer als alle anderen zu sein,

so schlank wie nur möglich zu sein.

Wir leben in diesem Hamsterrad, immer „mehr“ zu erwerben und ein „besseres Ich“ zu finden – sofern wir uns nicht die Zeit nehmen, innezuhalten und jene tiefere Sehnsucht zu ergründen, die den uns antreibenden Wünschen zugrunde liegt.

Manchmal zwingt uns das Leben dazu, anzuhalten. Das kann bei Verlusten, bei Krankheiten oder bei einem finanziellen Ruin geschehen – in solchen Momenten legt das Leben uns nahe, zu erwachen und unsere Lebensweise zu hinterfragen. Möglicherweise ist es uns schon in jungen Jahren nie wirklich gelungen, die Leere aufzufüllen, von der jene Werte widerhallen, die unser Leben gestalten. Ich hatte schon als Kind den Verdacht, „das kann es nicht sein“, und ich suchte nach erfüllenderen Lebensweisen. Das brachte mich – wie viele andere auch – schließlich dazu, mich der Spiritualität als Alternative zuzuwenden. Spirituelle Lehren und Lehrer berühren jenen Teil in uns, der weiß: „Es muss noch mehr geben als das.“ Und das gibt uns andere erstrebenswerte Werte und Ziele vor.

Mir erschien diese Alternative umfassender und befriedigender als der ausgesprochen materialistische Ansatz, und ich nahm also diese Lehren als ausdrückliche Wahrheit an, doch ich unterließ es, die Essenz meiner Sehnsucht unmittelbar für mich selbst zu ergründen. Wenn wir uns näher mit den „Zielen“ der unterschiedlichen spirituellen Lehren beschäftigen – die viele von uns zu erfüllen versuchen –, liegt die Annahme nahe, dass unsere Sehnsucht dahin geht,

dass das Leben eines Tages vollständig still ist,

dass wir erlöst werden,

dass wir unseren Emotionen, unseren Gedanken und unserem Körper entwachsen,

dass wir ganz aufhören, insbesondere „negative“ körperliche Empfindungen und Gefühle zu haben.

Diese Liste ist offensichtlich überaus grob verallgemeinernd. Indessen sind diese Punkte meiner Erfahrung nach kennzeichnend für eine weit verbreitete Auslegung dessen, worum es bei der Spiritualität eigentlich geht. Um meine Sichtweise zu verdeutlichen, stelle ich nun kurz einige Stationen meines eigenen spirituellen Weges dar.

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