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Das Männliche – das Weibliche

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Einige behaupten, Mann und Frau könnten von verschiedenen Planeten stammen; andere wiederum erklären, dass wir uns jenseits unserer kulturellen Konditionierung fast überhaupt nicht voneinander unterscheiden. Diese Diskussion werde ich hier nicht vertiefen; ich denke jedoch, wir können darin übereinstimmen, dass wir alle multidimensionale Wesen mit einer beeindruckenden Vielfalt von Charaktereigenschaften und Talenten sind. Wenn wir sorgsam auf unser Inneres hören, können wir den Ruf nach einer Spiritualität vernehmen, die sowohl die männliche als auch die weibliche Seite umarmt. Wir haben als Männer und als Frauen beide Aspekte in uns. Die weiblichen Qualitäten, die zur Umgestaltung unserer Welt so dringend gebraucht werden, stehen gewiss nicht nur Frauen zur Verfügung, sondern sind auch ein wesentlicher Aspekt eines jeden Mannes. Eigenschaften, die ich als weiblich bezeichnen würde, sind beispielsweise: nährend, umfangend und gefühlvoll zu sein; im Augenblick zu sein; im Fluss zu sein; mitfühlend, rund, strahlend, weich, fürsorglich, spielerisch, nachgiebig, leidenschaftlich, empfänglich zu sein; Erdhaftigkeit, Körperlichkeit, bildhafte und kinästhetische Wahrnehmung. Eigenschaften, die ich als männlich bezeichnen würde, sind beispielsweise: zweckmäßig, durchdringend, konzentriert, linear, anleitend, präsent, zuversichtlich, rivalisierend, entschieden, visionär, ideenreich, transzendent. (Natürlich gibt es viel mehr als die hier genannten Aspekte in uns. Gestatte es dir, einigen meiner Vorschläge nicht zuzustimmen.)

Selbst wenn Frauen häufiger (doch keineswegs immer) weibliche Aspekte verkörpern und sich darin eher zu Hause fühlen und für Männer dasselbe eher bei männlichen Aspekten zutrifft, verfügen wir alle über Aspekte der genannten Eigenschaften. Die Frage, ob aufgrund von Konditionierungen und kulturellen Erwartungen oder aufgrund von biologischen Gegebenheiten, ist wohl noch ungeklärt.

Wenn wir den Blick auf die komplette Existenz ausdehnen, können wir die gesamte Welt als Manifestation des weiblichen Prinzips betrachten, das fortwährend vom männlichen, nicht realisierten Bewusstsein durchdrungen wird. In Indien bezeichnet man dies als den Tanz von Shiva und Shakti – das göttlich Weibliche und das göttlich Männliche –, und im Taoismus spricht man vom Gleichgewicht zwischen Yin und Yang.

Das Eine kann nicht ohne das Andere existieren, da es sich um Aspekte einer Ganzheit handelt. Und uns bietet sich nun die Gelegenheit, das Männliche und das Weibliche im eigenen Leben auszugleichen. Ich glaube, dass der Prozess, die Tiefe der weiblichen Dimensionen auszuloten und zu erneuern, zunächst von den Frauen erfüllt werden muss, da wir diejenigen sind, die den Verlust des Weiblichen am dringlichsten spüren – wenngleich er prinzipiell sowohl in Männern als auch in Frauen stattfinden muss. Diese Dringlichkeit wird uns gelegen kommen, wenn wir feststellen, wir wandern ohne Landkarte, die uns den Weg weisen könnte, durch vergessene Gebiete.

Ich glaube, dass das Weibliche am besten gemeinsam mit anderen Frauen zurückgewonnen werden kann. Manchmal nenne ich die Arbeit, die wir miteinander leisten, Genesungsarbeit – Genesung von spirituellen Konzepten und von dem ausgeprägten Ungleichgewicht zugunsten des Männlichen, mit dem wir schon so lange gelebt haben. Wenn wir Frauen einander treffen und die innewohnende Weisheit der Mutter Gottes, das erwachte Weibliche, in einander erkennen, schöpfen wir wieder Vertrauen in die Weisheit unserer tiefsten Sehnsucht. Der Einfachheit des Herzens treu bleibend, beobachten und lernen wir von dem sorgfältig ausgewogenen Gleichgewicht in der Natur, wo das Männliche und das Weibliche nicht voneinander zu trennen sind. Einzig dank der verzerrten Wahrnehmung unseres Verstandes haben wir es geschafft, das Eine über das Andere zu stellen.

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