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Kapitel 9

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Donnerstagabend

Das Café Marrakesch bot weit mehr als marokkanische Backwaren. Ein Schriftzug auf dem Fenster verwies auf eine Shisha-Bar in der oberen Etage; in dem Schaukasten neben dem Eingang lockte ein Poster mit samstäglichen Bauchtanzveranstaltungen.

Die Tür öffnete sich und drei junge Männer traten auf die Straße.

Emi erkannte sie sofort.

Mujahid griente. Seine Zahnfehlstellung mit den spitzen Eckzähnen verlieh ihm etwas Draculahaftes. An seiner Seite schlenderte Hakem. Seine Fingerknöchel waren mit Tätowierungen überladen wie die Wüste Erg el M’hazil mit Sand. Der Letzte im Bunde musste Askari sein, denn er klebte stets an seinem Bruder Hakem wie Kaugummi unterm Schuh.

Ihre latente Wut rauschte durch ihren Körper und erhöhte die Durchblutung ihrer Arme und Beine. Ihre Hände kribbelten und zitterten. Um das Beben zu verbergen, umklammerte sie das Halteverbotsschild, als wäre es eine Pole-Dance-Stange und sie die nächste Tänzerin, die auf ihren Auftritt wartete. Sie atmete bewusst ein und aus, wobei sie beim Luftholen bis vier und beim Entleeren der Lunge bis sechs zählte. Ihre Atmung wurde ruhiger; ihr Herzschlag fand sein normales Tempo wieder.

»Kein Grund zur Aufregung«, beschwichtigte sie sich. Im Gegenteil. Es lief wie gewünscht. Letzte Woche war Maggie, der dürre Teenie, Paulas Angreifern hierher gefolgt und hatte sie von dem gegenüberliegenden Bistro aus observiert. Auch heute hatten die Kerle wieder Zeit im Marrakesch verbracht.

»Bingo«, jubilierte sie leise, als die Tür sich nicht abermals öffnete, sie also zu dritt blieben. Und Mujahid war sogar unter ihnen. Zweifellos hätte sie sonst mit einem seiner Kumpel vorliebgenommen. Hauptsache, sie konnte einen nach dem anderen außer Gefecht setzen. Trotzdem beruhigte es sie, wenn alles gemäß Marias Plan lief. Es war ein gutes Omen. In Anbetracht dieser erleichternden Situation brauchte sie sich nicht einmal zu einem Lächeln zu zwingen.

»Halloho«, zwitscherte sie, sobald die Truppe sie passierte, und entblößte ihre strahlend weißen Zähne. Sie wären für jede Zahnpasta-Werbung geeignet gewesen, wenn an einem der oberen Schneidezähne nicht eine Ecke gefehlt hätte. »Ich könnte ein bisschen Trost gebrauchen.«

»Verpiss dich«, fuhr Mujahid sie an.

Askari beäugte sie verstohlen.

Hakem vollführte eine anzügliche Handbewegung, woraufhin Mujahid lachte.

Ein Schuss Adrenalin sauste durch ihren Körper. Ihre Wangen röteten sich. Ich kriege dich noch, hallte es in ihrem Kopf. Trotz ihrer unbändigen Wut und dem Drang, Mujahid zu dominieren, erschien ein geübtes Lächeln in ihrem Gesicht, ohne die Augen zu erreichen. Diese versteckten sich hinter einer dunklen Sonnenbrille. Kühl betrachtete sie den jungen Mann.

Emi öffnete leicht die Lippen und neigte den Kopf zur Seite. Eine Hand griff in ihre Mähne und spielte mit einer Strähne. Sie löste sich von der Pole-Stange und tänzelte mit schwingenden Hüften auf ihn zu. Zögerlich nahm sie die Brille ab und präsentierte ihm das leuchtende Veilchen. »Ich habe ein bisschen Spaß nötig und«, ihre Aufmerksamkeit glitt von seinem Gesicht zu seinen Schultern, »einen starken Beschützer.« Sie sprach betont langsam, um sicherzustellen, dass er sie verstand.

Mujahid kniff die Lider zusammen und musterte den Bluterguss, der blau-grün-violett leuchtete. Seine Lippen verzogen sich spöttisch. Mit gesenkter Stimme, als könnte sie seine Sprache verstehen, wechselte er Worte mit Hakem.

Sie hoffte, sein Deutsch und sein Verstand würden ausreichen, um ihre Andeutung zu begreifen. Sie rang sich ein dümmliches Lächeln ab, während sie merkte, wie ihr Herzschlag sich erneut beschleunigte.

»Einen Beschützer?«, schnauzte er.

Sie klimperte mit den künstlichen Wimpern. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht in Anbetracht dessen, dass er auf ihren Trick hereinfiel und sie als eine neue Einnahmequelle neben den bisherigen Drogengeschäften in Betracht zog. »Ja!« Sie nickte. »Und wenn mein Beschützer auch noch gut aussieht, umso besser.« Sie kochte innerlich und spürte die Lust auf einen Kampf. Provokativ wischte sie mit ihrem Daumen über seine Unterlippe.

Blitzschnell schlug seine Hand ihren Arm zur Seite und umschloss in einer fließenden Bewegung ihr Handgelenk.

Ein stechender Schmerz schoss von seinem Griff in ihren Oberarm. Sie biss die Zähne zusammen, unterdrückte die Lust, ihm mit der freien Hand ins Gesicht zu schlagen, ignorierte das Brennen in ihrem Arm und säuselte: »Einen kräftigen Beschützer. So einen wie dich!«

»Und warum sollte ich das tun?«

Sie fixierte seinen Mund mit den scharfen Eckzähnen und flüsterte: »Das würde ich dir sehr gern zeigen. Aber allein!«

Mujahid schleuderte ihr Handgelenk abrupt weg und wandte ihr den Rücken zu. Dann sagte er etwas zu Hakem.

Askari schenkte ihr einen weiteren Blick aus den Augenwinkeln und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.

Sie gab vor, es nicht zu bemerken, verlagerte ihre Aufmerksamkeit auf Mujahids breites Kreuz, grinste stoisch und verbot ihren Kiefern, wütend aufeinander zu mahlen. Wenn er ihr nicht folgte, würde Maria ein neuer Trick einfallen. Sie durfte nur nicht mehr als einen mitnehmen. Sich auf nichts einlassen. Einer nach dem anderen. Das war der Plan. Sie musste die Kontrolle behalten.

Schließlich drehte er sich zu ihr um und sprach Deutsch. Sie vermutete, um sowohl ihr als auch seinen Freunden seine Überlegenheit zu demonstrieren. »Geht schon mal vor. Ich kümmere mich um die Nutte.«

Artemis

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