Читать книгу Artemis - Charlotte Charonne - Страница 17

Kapitel 10

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Donnerstagabend

Emi öffnete die Zimmertür mit einer Schlüsselkarte und kreierte per Lichtschalter ein schmutzig rotes Ambiente. Ein süßlich-blumiger Duft schwängerte den Raum.

Mujahid betrat die Absteige, stemmte die Hände in die Hüften, weitete seinen Brustkasten und musterte den Raum.

Sie witterte seine Aggression, die sich in der Körpersprache manifestierte. Dennoch verspürte sie keine Angst. Sie war vorbereitet, und ihre unsagbare Wut überdeckte jegliches Mitgefühl.

»Mach’s dir schon mal bequem«, flötete sie und deutete auf das Bett mit dem obligatorischen Leopardenüberwurf. »Ich mach mich nur schnell frisch.« Sie stöckelte auf die Badezimmertür zu. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Mujahids Interesse von den Handschellen, die sie auf dem Nachttisch bereitgelegt hatte, um ihn an das goldene Bettgestell zu ketten, gefesselt wurde.

Sie schloss die Badezimmertür hinter sich. Eine alarmierende Unruhe knisterte in ihrem Körper. Unnötigerweise klappte sie den Toilettendeckel geräuschvoll hoch, betätigte die Toilettenspülung und ließ den Wasserhahn laufen. Dabei konzentrierte sie sich nochmals auf ihr Vorhaben. Sie würde ihn in ein Liebesspiel verwickeln und ans Bett fesseln. Danach wäre es ein Leichtes, ihn mit der Flunitrazepam-Injektion zu betäuben.

Doch was, wenn Mujahid sich nicht an ihre Spielregeln hielt? Die düstere Vorahnung, er würde die Zügel nicht aus der Hand geben wollen, mischte sich mit ihrer Wut, breitete sich wie Lava in ihrem Körper aus, brannte in ihren Augen und vernebelte ihre Sicht. Ein leichtes Stechen nistete sich in ihren Schläfen ein, begleitet von einem beklemmenden Gefühl in ihrer Brust. Sie riss sich zusammen, mahnte sich zur Eile und öffnete die Tür.

Er stand mitten im Zimmer, fletschte die Draculazähne und hielt eine Hand in die Höhe. Am Zeigefinger baumelten die Handschellen. »Deinen Arm!«, befahl er.

»Wollen wir es nicht langsam angehen lassen?« Sie bemühte sich um ein Lächeln und unterdrückte die düsteren Szenarien, die sich in ihrem Gehirn zusammenbrauten. Schläge waren wahrscheinlich noch das kleinste Übel.

»Den Arm«, raunzte er.

Sie zwang sich zur Ruhe und streckte den Arm aus.

Er legte die Metallfessel um ihr Handgelenk. »Rüber zum Bett!«, verlangte er.

»Mach die Kamera aus«, flehte sie und stierte auf die Wand in seinem Rücken.

»Was für ’ne Scheißkamera?«, fluchte Mujahid und drehte sich abrupt um.

Blitzschnell umfassten die Finger ihrer freien Hand den Elektroschocker, den sie aus ihrer Handtasche genommen und in den Gürtel hinter dem Rücken gesteckt hatte. Da Mujahid immer noch ihr Handgelenk festhielt, zögerte sie, die Ladung in seinen Körper zu jagen. Sie holte zum Schlag aus, um ihm die Waffe mit aller Kraft auf den Hinterkopf zu donnern.

Bevor sie ihr Ziel erreichte, wirbelte Mujahid herum und wehrte den Angriff ab. Seine Finger bohrten sich in ihre Haut.

Die Verteidigungswaffe fiel aus ihrer Hand und landete mit einem dumpfen Knall auf dem Boden.

Er versah den Elektroschocker mit einem zornigen Kick seines Sportschuhs.

Das Gerät schlitterte über den Linoleumboden und prallte gegen die Wand.

Brutal stieß er sie auf das Bett. Voller Panik begriff sie, diesen Gegner unterschätzt zu haben. Ein spitzer Schmerz durchbohrte ihre Oberschenkel, als er ihre Beine mit seinen Knien spreizte. Gierige Finger schoben ihr Kleid hoch und grapschten nach ihrem Slip. Mit eiserner Willenskraft brachte sie ihre Hände neben die Schultern, drückte die Ellenbogen durch und wuchtete sich nach oben. Ihre Finger suchten Halt am Rand der Matratze und zogen ihren Körper ein Stückchen vorwärts. Dann glitten sie tiefer in den Raum zwischen Polster und Bettgestell.

Es muss hier sein, schoss es durch ihren Kopf. Sie hatte für den Notfall an verschiedenen Stellen Rettungsanker deponiert. Die Finger ihrer rechten Hand wurden fündig. Sie umklammerten den Gegenstand.

»Du verdammte …«, schnauzte er und packte ihre Haare, um sie daran nach oben zu zerren. Überrascht unterbrach er seinen Fluch, als er die Perücke in der Hand hatte.

Sie nutzte die Gelegenheit, verdrehte ihren Oberkörper und sprühte das Pfefferspray in sein Gesicht.

Er bäumte sich auf und schrie.

Es war ein Schrei, der auf ihrem Trommelfell brannte wie eine heftige Ohrfeige auf einer Wange. Ein Schrei voller Zorn. Wenn sie es jetzt nicht schaffte, ihn zu überwältigen, würde sein Jähzorn sie mit Sicherheit zerquetschen.

Ein Elektroschocker befand sich am Kopfende der Matratze. Falls sie probierte, diesen zu erreichen, könnte er sie zu packen bekommen. Ein weiterer war auf der anderen Bettseite. Nach diesem zu greifen, schien ihr ebenfalls zu riskant. Sie ließ sich zu Boden gleiten, schlüpfte aus den High Heels und kroch zu der Waffe, die er zuvor weggekickt hatte.

Er kreischte immer noch und schlug nun zudem wild um sich, aber er konnte sie nicht sehen. Für weitere Momente würde er nahezu blind sein. Jetzt grapschten seine Hände über das Bett, auf dem sie zuvor gelegen hatte.

»Du …«, grölte er.

Dann setzte sie das Verteidigungsinstrument an seine Wade und feuerte die Voltladung in seinen Körper.

Seine Muskeln verkrampften sich; die Beine versagten. Er sackte zusammen und fiel bäuchlings auf das Doppelbett.

Sie rutschte auf dem Bauch unter dem Bett hervor, wo sie vor seinen Schlägen Schutz gesucht hatte, und jagte eine weitere Voltladung in seinen Oberschenkel.

Aus der oberen Schublade des Nachttischs entnahm sie eine Bibel und klappte den Deckel hoch. Sie hatte aus den Seiten genügend Platz für die bereits präparierte Einwegspritze geschnitten.

Kurz hielt sie inne. Eigentlich hätte er es verdient, den kleinen chirurgischen Eingriff ohne Betäubung zu erleben. Wahrscheinlich würde er jedoch, auch wenn er ans Bett gefesselt war, wie ein Löwe kämpfen. Und vielleicht könnte es ihm in der Tat gelingen, das Bettgestell niederzureißen, die Fußfesseln abzustreifen und sie anzugreifen. Außerdem konnte sie das Skalpell nicht sauber ansetzen, wenn er sich aufbäumen oder hin und her winden würde.

Deshalb nahm sie die vorbereitete Spritze, zog den Verschlussstopfen ab und setzte die Injektionsnadel auf. Energisch stieß sie die Nadel in seinen Oberarm, versenkte das hochdosierte Mittel im Bizeps und deponierte die leere Spritze auf dem Nachttisch.

Sie entspannte sich. Der Kampf war zu Ende. Dagegen glich der bevorstehende Einsatz des Seziermessers einem Spaziergang im Park.

Artemis

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