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Kapitel 11

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Donnerstagabend

»Wo steckt denn Louiza?« Spike hatte sich durch die Feiernden zum Tresen durchgekämpft. Wie üblich war das Blue Lou zum Bersten mit Gästen gefüllt. Er verrenkte den Kopf, konnte die Besitzerin der Kneipe aber nirgends entdecken.

Etliche seiner Kollegen hockten an einem runden Tisch in einer Nische. Vor allem die Alleinstehenden läuteten gern den Feierabend hier ein, da das Kommissariat fast um die Ecke lag. An den Hochtischen drängten sich Studenten, die durch Louizas Happy-Hour-Angebote und die stets günstigen Studentenpreise angelockt wurden. Auf den Tischen tummelten sich Pizza und Pasta, Hamburger und Hot Dogs sowie gebackene Zwiebelringe, deren Aromen die Luft parfümierten. Am Billardtisch drängelten sich zahlreiche Zuschauer, die mit fachmännischer Beratung auftrumpften, und die blinkenden Lichter des Flipperautomaten hatten Spielwütige angelockt. Nur die kleine Bühne drückte sich vereinsamt in eine Ecke des Lokals. Allerdings fiel jeden ersten Samstag im Monat das Rampenlicht auf sie, wenn dort eine Live-Band spielte.

»Cosa?« Giuseppe, Louizas Cousin, tippelte hinter der Theke und grinste wie ein Pizzabäcker in einem Bilderbuch. Eigentlich lag sein Reich jenseits der Tür, über der ein Schild mit der Aufschrift Cucina hing. Louiza hatte es von einem Besuch in Sizilien mitgebracht und eigenhändig mit entschiedenen Schlägen festgenagelt. Dahinter schwang ihr Cousin seit der Eröffnung des Blue Lou den Kochlöffel.

»Wo ist Louiza?« Spike wiederholte seine Frage, nahm die Bierflasche, die Giuseppe ihm über den Tresen geschoben hatte, und gönnte sich einen Schluck.

»Ähm, Louiza?«

Der Sizilianer schob die weiße Haube ein Stück nach hinten. Gemeinsam mit dem roten Halstuch und dem schwarzen Schnäuzer kreierte er das landläufige Klischee eines italienischen Kochs. Er lächelte geheimnisvoll, als wolle er der Mona Lisa Konkurrenz machen. Es wich einem strahlenden Zahnpastalächeln, sobald eine Blondine zwei Prosecco bestellte.

»Subito«, säuselte er, strahlte die junge Frau an, machte aber keinerlei Anstalten, die Gläser zu füllen.

»Wäre toll, wenn es heute noch klappt«, spöttelte sie.

Giuseppe füllte die Sektgläser und reichte sie mit einem Zucken seiner Mundwinkel und seiner Bizepse über den Tresen.

Sie zahlte, begab sich mit ihrer Beute auf den Rückweg und präsentierte einen großzügigen Rückenausschnitt.

»Mamma mia, ich sollte an die Bar wechseln«, flötete er.

»Also, wo steckt sie?« Spike observierte die Küchentür in der Hoffnung, sie würde dort erscheinen.

»Oh, eben kam eine Frau.« Giuseppe verdrehte träumerisch die Augen. »Bellissima!« Er führte Zeigefinger und Daumen zusammen und drückte einen Kuss auf die Fingerspitzen. »Aber sie wollte einen Apple Martini. Kennst du Apple Martini? Woher soll ich das kennen? Ich bin Koch.« Er gestikulierte wild mit den Händen.

»Giuseppe!« Spike hätte ihn am liebsten an seinem roten Nicki-Tuch gepackt. »Was ist eigentlich los?«

»Es ist alles nur so kompliziert, weil du Angst vor der Liebe hast.« Der Koch polierte unnützerweise ein strahlendes Glas, als sei es Aladins Wunderlampe, aus der, wenn er sich nur genug Mühe gab, ein Geist erscheinen würde, um ihn aus seiner unangenehmen Lage zu befreien.

»Was soll das denn heißen?«, stieß Spike hervor und versuchte vergeblich, des Rätsels Lösung in Giuseppes Silberblick zu finden. Er war sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst und hatte sich bis vor Kurzem mit One-Night-Stands begnügt. Er war ein absoluter Womanizer, der nicht nur mit einem fast schon zu makellosen Gesicht und einem Traumbody an den Start ging, sondern das Rennen garantiert machte, indem er zusätzlich die Rubrik Romantik bediente. Er konnte Gedichte rezitieren, Gitarre spielen und als Gesprächspartner für den einen oder anderen Frauenroman herhalten. Während der letzten drei Jahre war er immer wieder mit Louiza im Bett gelandet und seit vier Monaten sogar ausschließlich, aber er mied eine feste Beziehung wie der Teufel das Weihwasser. Den Schmerz, eine Liebe zu verlieren, wollte er nie wieder ertragen müssen.

»Hallo, Cowboy«, säuselte Louiza, die plötzlich neben ihm stand, und ihre vollen Lippen auf seinen Mund legte.

»Alles okay?« Eine Sorgenfalte zeichnete sich auf seiner Stirn ab.

»Natürlich! Warum?« Sie stemmte die Hände in die Hüften und beäugte ihren Cousin. Ihre braunen Augen funkelten mit dem Glitzerstein an ihrem Nasenflügel um die Wette. Die Kirschohrringe an ihren Ohrläppchen baumelten.

»Ich muss in die Cucina.« Ihr Cousin pfefferte das Handtuch zur Seite. »Arrivederci!« Er verschwand schneller in der Küche, als Louiza seinen Platz hinter der Theke einnehmen konnte.

Spike beobachtete, wie sie ein Tablett mit frisch gezapftem Bier füllte und der Bedienung übergab. Ihre hüftlangen, braunen Locken wurden von einem roten Tuch aus der Stirn gehalten. Ihre üppigen Rundungen steckten in einer schulterfreien Bluse und einer Jeans mit zahlreichen Patches.

Sie kam ihm etwas blass vor, was in dem gedämpften Licht jedoch nur schwer zu beurteilen war. »Was ist denn los, Louiza?«, fragte er, als sie ihm eine neue Flasche reichte.

Sie lächelte ihn breit an. »Gar nichts!«

»Irgendwie habe ich das Gefühl, wir sollten reden.« Er streichelte mit dem Finger über ihre Wange.

»Reden ist immer gut.« Ein Zuckerlächeln nistete sich in ihrem Gesicht ein. »Aber nicht heute.« Sie fixierte seine Lippen. »Ich denke, heute könnten wir etwas anderes machen.«

Er grinste und schüttelte leicht den Kopf. »Louiza, Louiza«, tadelte er spielerisch.

Artemis

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