Читать книгу Meine Sprechstunde für Frauen, die mitten im Leben stehen - Christian Matthai - Страница 7

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Die Frau ab 40 – gelassen
durch die nächsten Jahre

Sie stehen mitten im Leben, haben Ihren 40. Geburtstag hinter sich und stellen sich vielleicht die Frage, was sich in den nächsten Jahren auf körperlicher und damit verbunden auf psychischer Ebene für Sie verändern wird. Auch meine Patientinnen fragen mich oft, auf welche Einschnitte sie sich in diesem Lebensabschnitt einstellen müssen. Meine Antwort lautet dann stets: Es wird sich einiges tun, aber blicken Sie dieser neuen Lebensphase gelassen entgegen! Jede zweite Frau erlebt diese Zeit und im Speziellen die Wechseljahre symptomfrei – und sollten doch Beschwerden auftreten, suchen Sie sich Hilfe: Für jedes (Wechsel-)Problem gibt es eine Lösung.

Der hormonelle Wechsel und das Älterwerden sind eine vollkommen normale Sache und keine Krankheit.

MEINE BEHANDLUNGSANSÄTZE

Gesundheit ist und bleibt zuallererst immer eine Frage des Lebensstils – unter diesem Motto versuche ich meinen Patientinnen nahezubringen, wie viel sie vorsorglich selbst für sich tun können. Das gilt natürlich auch für jene Lebensphase, um die es in diesem Buch geht: Sie werden deshalb in den einzelnen Kapiteln viel darüber erfahren, was Sie durch Ihre Ernährung, Bewegung, Entspannung und dergleichen mehr für sich und Ihre Gesundheit, aber auch fürs „Jungbleiben“ tun können, denn eine adäquate Lebensweise ist auch die Anti-Aging-Maßnahme schlechthin.

Natürlich gibt es Situationen und Umstände, in denen der Griff zu Medikamenten das Richtige ist. Und gerade als Arzt bin ich sehr dankbar dafür, dass wir diese Möglichkeit haben. Dennoch ist es mir wichtig, nur dann Medikamente einzusetzen, wenn es wirklich notwendig ist – schließlich können diese die Leber und damit unseren Organismus belasten sowie oft unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen.

In vielen Fällen helfen – neben den von mir so gerne und immer wieder propagierten Lebensstilmaßnahmen – auch schonende Mittel aus der Natur und das Ergänzen der Nahrung durch Vitalstoffe sowie, wenn es schon Medikamente sein müssen, die sanfteren Varianten, also etwa naturidente Hormone statt künstlicher.

MIKRONÄHRSTOFFE FÜR PRÄVENTION UND THERAPIE

Eine der Säulen meiner Behandlung ist die sogenannte orthomolekulare Medizin. Dieses Wissenschaftsgebiet rund um den Einsatz von Mikronährstoffen bietet mittlerweile zahlreiche gute Daten, die den komplementärmedizinischen Einsatz dieser Stoffe als sinnvoll erscheinen lassen. Zu den Mikronährstoffen zählen Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Pflanzenstoffe, Amino- und Fettsäuren und einige mehr (die Makronährstoffe heißen Eiweiß, Fette und Kohlenhydrate). Viele von ihnen sind an Stoffwechselwegen beteiligt, wirken als Cofaktoren im Rahmen enzymatischer Prozesse, sind Bausteine von Hormonen oder Bestandteil von komplexen immunologischen Vorgängen, die mit der Erhaltung unserer Gesundheit assoziiert sind. Eine ausreichende Versorgung mit Vitalstoffen stellt demnach die Grundvoraussetzung dar, um Krankheiten vorzubeugen bzw. physiologische Stoffwechselprozesse aufrechtzuerhalten. Selbst wenn es außer Frage steht, dass klassische Behandlungen oftmals die „First-Line-Therapie“ (also die erste Behandlungsstrategie nach einer Diagnose) darstellen, sollte der zusätzliche Einsatz von Mikronährstoffen zur Unterstützung von Heilungsprozessen keineswegs ausgeschlossen werden.

Häufig gelingt es sogar, Patientinnen durch die gezielte Gabe von Mikronährstoffen als Nahrungsergänzung die Einnahme von Medikamenten zu ersparen. An dieser Stelle möchte ich die Anwendung von D-Mannose (ein Mehrfachzucker in Granulatform) und Cranberryextrakt erwähnen. Beides kann einer Patientin mit beginnendem Harnwegsinfekt die Einnahme eines Antibiotikums ersparen.


ALTERNATIVMEDIZIN – SCHULMEDIZIN –

KOMPLEMENTÄRMEDIZIN

Ich verfolge einen ganzheitlichen Behandlungsansatz. Bin ich deswegen ein Alternativmediziner? Nein, bin ich nicht. Ich habe meine Facharztausbildung an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am AKH Wien absolviert, bin also auf jeden Fall einmal auch Schulmediziner. Im Laufe meiner Lehrjahre habe ich jedoch erkannt, dass sich der Blick über den Tellerrand immer lohnt – sowohl für mich als Arzt als auch für meine Patientinnen. Viele von ihnen begrüßen es, dass ich mich nicht nur mit der klassischen Gynäkologie beschäftige, sondern darüber hinaus mit den Themen Ernährung, Sport und Vitalstoffmedizin. Es ist mir ein Anliegen, die verschiedenen Welten der Medizin miteinander zu verbinden. In den Wurzeln komplementärmedizinischen Handelns steckt ja die Idee, zu ergänzen, wodurch die Schulmedizin unterstützt und manchmal sogar ersetzt werden kann. Ich habe diesen Weg für mich gewählt und empfinde ihn als den richtigen. Wenn ich mein Wissen an meine Patientinnen weitergeben und ihnen damit helfen kann, freut mich das umso mehr!

DAS ZIEL DER MIKRONÄHRSTOFFMEDIZIN

Bereits vor mehreren Jahrzehnten definierte der zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling das Ziel der orthomolekularen Medizin als „die Erhaltung guter Gesundheit und Behandlung von Krankheiten durch die Veränderung der Konzentrationen von Substanzen im menschlichen Körper, die normalerweise im Körper vorhanden und für die Gesundheit erforderlich sind“.

Mangel trotz Überernährung

Es ist paradox: Trotz der globalen Überernährung besteht häufig ein Mangel an Mikronährstoffen. Ein Grund dafür kann eine einseitige Ernährung sein. Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, haben beispielsweise ein erhöhtes Risiko für bestimmte Mangelerscheinungen, auch wenn sich der Verzicht auf oder zumindest die Reduktion des Konsums von tierischen Produkten (vor allem von Fleisch-und Wurstwaren) insgesamt als gesund und empfehlenswert erwiesen hat. Es ist aber in diesem Fall nicht nötig, die Ernährungsform zu wechseln. Wichtig ist lediglich, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln und bei Bedarf die bestehenden Mängel durch Nahrungsergänzungsmittel auszugleichen. Wer seine Spiegel messen lässt, weiß Bescheid.

Bei einer kurzfristigen, maximal zwei Monate dauernden Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist man in den seltensten Fällen überversorgt. Möchte man ein Vitamin oder Ähnliches längerfristig einnehmen, sollte gemessen werden, um den Bedarf zu überprüfen. Eine Substanz, bei der ich dies auf jeden Fall machen würde, ist 5-HTP (5-Hydroxy-Tryptophan). Hier kann es theoretisch zu einem Serotoninsyndrom kommen – dieses entsteht, wenn man mit Serotonin überversorgt ist. Praktisch passiert das durch ein Nahrungsergänzungsmittel wie 5-HTP nie, gänzlich ausschließen kann man es aber nicht. In jedem Fall fände ich es am besten, wenn man sich vorab beraten lässt.

Bei der Einnahme von Pflanzen(-stoffen) wie Isoflavonen oder Ashwagandha beginnt man ohne vorherige Messung, da diese hier weder notwendig noch möglich ist.


KEY POINTS DER VITALSTOFFMEDIZIN

Nur wer misst, kann Mangelzustände aufdecken und diese gezielt beheben.

Beim Einsatz von Mikronährstoffen sollte immer zwischen präventiven und therapeutischen Dosen unterschieden werden.

Durch den bedarfsgerechten Einsatz von Mikronährstoffen kann in vielen Fällen auf die Einnahme von Medikamenten verzichtet werden. Bei schwerwiegenden Erkrankungen soll die sinnvolle Einnahme von Medikamenten aber keinesfalls abgelehnt werden.

Eine „Schritt für Schritt-Vorgangsweise“ (Nahrungsergänzungsmittel vor Medikament) ist für die meisten ein guter Weg.

KÜNSTLICHE VERSUS BIOIDENTE HORMONE

Mein therapeutischer Ansatz zur Behandlung von hormonellen Problemen umfasst klassische und bioidente Hormontherapien. Bei der klassischen Hormontherapie arbeitet man mit synthetischen Hormonen. Diese ähneln zwar unseren körpereigenen Hormonen, ihre chemische Struktur stimmt mit der menschlichen Hormonstruktur aber nicht überein (auch, wenn sie quasi „so tun, als ob“). Verabreicht werden künstliche Hormone als Verhütungspräparate, wie die Pille, die Hormonspirale oder die Drei-Monats-Spritze, oft kommen sie auch gegen Wechseljahrbeschwerden zum Einsatz.

Die bei der bioidenten oder natürlichen Hormontherapie verwendeten Substanzen sind in ihrer Struktur mit den menschlichen Hormonen identisch. Im Fall des bioidenten Progesterons beispielsweise wird dieses meist aus der Yamswurzel gewonnen. Im Grunde sind sie wie eine biologische Kopie, ein Schlüssel, der genau ins Schloss passt. Im Rahmen des hormonellen Wechsels bevorzuge ich persönlich den Einsatz bioidenter Hormone. Das ist aber Geschmackssache. Es gibt viele Gynäkologinnen und Gynäkologen, die auch im Wechsel synthetische Hormone verabreichen und damit gute Erfolge erzielen. Erfahrungsgemäß kann man jedoch sagen, dass was dem Körper bekannt und vertraut ist, in vielen Fällen auch besser vertragen wird. Es gibt aber Fälle (z. B. bei vorhandenen Eierstockzysten), in denen der Einsatz synthetischer Hormone zielführender ist.

Das Beste für jede Patientin

All diese Erkenntnisse motivieren mich jeden Tag aufs Neue, die richtige Therapie für jede Patientin mit Bedacht auszuwählen – entsprechend der Tatsache, dass wir alle Individuen sind, die auf Therapien unterschiedlich gut ansprechen und auch unerwünscht reagieren können.

GENDER-MEDIZIN UND

GENDER-PHARMAKOLOGIE

Expertinnen und Experten der Gender-Medizin erforschen, wie der Faktor Geschlecht auf die Entstehung und Behandlung von Krankheiten einwirkt. Auch wenn diesem Wissenschaftsgebiet erst seit Kurzem die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird, weiß man inzwischen, dass das Immunsystem der Frau anders funktioniert als jenes des Mannes. Frauen sind anders krank als Männer, zeigen bei bestimmten Krankheiten ausgeprägtere Symptome oder erkranken öfter an Autoimmunerkrankungen wie Morbus Hashimoto. Bestimmte Krankheiten wie etwa Depressionen sind überproportional oft weiblich.

Auch wenn das theoretische Wissen über die biologischen Unterschiede stetig zunimmt, so steckt das differenzierte Therapieren der Geschlechter nach wie vor in den Kinderschuhen. Die noch junge Gender-Pharmakologie konzentriert sich auf die für das jeweilige Geschlecht unterschiedlichen Wirkmechanismen, die Verstoffwechselung und die Verträglichkeit von Arzneimitteln. Aus den Untersuchungen der letzten Jahre weiß man, dass Frauen im Vergleich zu Männern mehr Medikamente verwenden, öfter unter Nebenwirkungen leiden und Arzneistoffe anders verstoffwechseln. Weil Frauen einen höheren Körperfettanteil haben, verweilen z. B. fettlösliche Arzneimittel länger im Körper. Das Ausschleusen aus dem Organismus verläuft bei Frauen generell langsamer als bei Männern und unterliegt zudem hormonellen Einflüssen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Acetylsalicylsäure (z. B. in Aspirin). Frauen verstoffwechseln diese etwa 30 bis 40 Prozent langsamer als Männer – wobei Frauen, die eine Antibabypille einnehmen, beinahe wieder die Eliminationskapazität von Männern aufweisen. Ein weiterer großer Unterschied zwischen den Geschlechtern liegt in der unterschiedlichen Ausstattung mit Andockstellen, über die diverse Botenstoffe ihre Wirkung entfalten.

Meine Sprechstunde für Frauen, die mitten im Leben stehen

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