Читать книгу Die Passion Jesu im Kirchenlied - Christina Falkenroth - Страница 74
Metrum
ОглавлениеDas Metrum ist von gleichmäßigen Vierteln bestimmt, die in Halben pulsieren. Jeweils am Ende einer Doppelzeile führen sie in ein Melisma, das durch eine punktierte Halbe bestimmt wird. Dieses regelmäßige Fortschreiten der Viertel hat eine intensivierende Wirkung, weil sie innerhalb der Zeilen keine Entspannung erfahren, etwa durch eine fließende oder rhythmische Figur, sondern erst in dem Melisma am Ende einer Doppelzeile. Die Gliederung in vier Doppelzeilen ergibt im Lied lange Spannungseinheiten, die durch das Ruhe und Gleichmaß verleihende Metrum bestimmt sind. Das Melisma bekommt dadurch eine herausgehobene Wirkung, wenn nach der Stauung in der punktierten Halben eine leichte Entspannung durch die folgenden beiden Noten bewirkt wird.
Melismen haben ihre Wurzel im liturgischen Gesang der römisch-katholischen Kirche: Sie sind zu kleinen Figuren geschmolzene Reminiszenzen an den Halleluja-Tractus. Der Affekt des Jubilus, die Freude, und seine theologische Verbindung zum auferstandenen Christus, die liturgisch im Halleluja-Gesang zu Wort kommt kommt, ist symbolhaft auch im Melisma vorhanden. In diesen viermaligen Jubilus münden die Doppelzeilen und sind damit ein Hinweis in der Sprache der Musik auf das durch die Passion Jesu geschehene Heil, der über die Beschreibung des Leidens im Wortlaut des Textes hinausgeht. Auch hier ist also, wie schon im oben beschriebenen Einsatz auf dem maximalen Ton und dem Verbleiben im oberen Tonraum, symbolisch der auferweckte, erhöhte Christus dargestellt.