Читать книгу "Ich fühl mich nicht als Mörder!" - Christina Ullrich - Страница 17

1.3. Der Fall Werner Schö. – Untergetaucht auf einer Berghütte

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Dass sich das Verhalten Werner Schö.s bei Kriegsende und die Unterstützung, die er dabei aus seinem sozialen Umfeld erfuhr, heute vergleichsweise genau nachvollziehen lässt, ist dem Umstand zu verdanken, dass er durch den Hinweis eines ehemaligen Mitarbeiters seiner Gestapo-Dienststelle noch im Juli 1945 verhaftet werden konnte und anschließend die Staatsanwaltschaft Wien gegen ihn ermittelte. In zwei offensichtlich schon lange nicht mehr geöffneten Aktenbündeln ist die Geschichte des SS-Hauptsturmführers Werner Schö. belegt, der bei Kriegsende als Prager Kaufmann Wenzel Schenk einer Gefangennahme entgehen wollte. Die Dokumente zeigen, welche Taktiken der Täter anwandte und mit welchem Selbstverständnis ihm geholfen wurde bzw. man ihn gewähren ließ. Mit Adolf B., dem ehemaligem Untergebenen Werner Schö.s, der die Ermittler auf seine Spur führte, wird die Bruchstelle in dieser Solidaritätshaltung sichtbar. Deshalb soll der Versuch Werner Schö.s, unterzutauchen, im Folgenden rekonstruiert werden.

Werner Schö. war im Sommer 1942 zur Gestapo Wien gekommen, nachdem er von Juli bis September 1941 mit dem Ek 8 als Teilkommandoführer im Einsatz gewesen war. Bei der Gestapo Wien leitete er im Referat IV 3 (Abwehr) das Sachgebiet „Wirtschaftsangelegenheiten, Industriesicherung“.26 Er stand nicht nur in Verbindung mit den Abwehrbeauftragten27 der verschiedenen Betriebe, sondern auch mit den jeweiligen Fabrikbesitzern. Ihm gefiel es, in diesen Kreisen gesellschaftlich zu verkehren und sich zu inszenieren.28 Zu diesem Leben gehörten in Wien wie zuvor bereits in Berlin und auch später in der Bundesrepublik wechselnde „Frauengeschichten“. Diese private Vorliebe wäre normalerweise nicht weiter interessant und erwähnenswert, wenn es nicht seine Wiener Freundin gewesen wäre, die ihm bei seinem Versteckspiel bei Kriegsende geholfen hätte.29 Die Frau, mit der Werner Schö. in Wien ein Verhältnis hatte, war Jutta R., Ehefrau des Wurst- und Fleischfabrikanten Hans R. und Tochter des Tuchgroßhändlers G. Werner Schö. pflegte nicht nur mit beiden Familien gesellschaftlichen Umgang, er wohnte sogar als Untermieter in der Wohnung der Familie G.

Im September 1944 wurde er von seinem Wiener Posten abgezogen und dem Einsatzkommando 13 in der Slowakei zugeteilt, wo er die Leitung des Stützpunktes Sillein (Zilina) übernahm. Seine Verbindung nach Wien und vor allem zu Jutta R. riss während dieser Zeit nicht ab. Um Weihnachten 1944 herum stattete er nicht nur seiner Gestapo-Dienststelle in Wien einen Besuch ab, sondern auch Jutta R., die sich inzwischen mit ihren beiden Kindern aus Wien in den beschaulichen Ort Weyer, 130 km südöstlich der Metropole, zurückgezogen hatte.30 Von dem Einsatz in der Slowakei will Werner Schö. im Januar 1945 zurückgekommen sein; später leitete er nach eigenen Angaben eine Außenstelle der Gestapo in Steyr, unweit von Weyer. Dass er erst kurz nach der Eroberung Wiens durch die Rote Armee am 13. April 1945 nach Steyr gekommen sein will, ist höchst unglaubwürdig.31 Tatsächlich muss sich Werner Schö. vor April in Steyr aufgehalten haben, denn im April tauchte er bereits in Zivilkleidung und bewaffnet in Weyer auf.32 Persönliche Dokumente, Uniformen, Fotografien und eine Waffe hatte Werner Schö. zu diesem Zeitpunkt bereits seinem ehemaligen Untergebenen bei der Wiener Gestapo, Alfred Pf., in zwei Koffern anvertraut, die dieser bei sich in Eichgraben bei Wien versteckte.33

Werner Schö.s Auftauchen in Weyer war ein Abtauchen vor dem Feind. In dieser Region, in deren Bergen und Wäldern es nicht an Versteckmöglichkeiten mangelte, kannte er sich aus und besaß mit Jutta R. eine wichtige persönliche Anlaufstelle. Die Beziehung zu ihr scheint ein Grund für ihn gewesen zu sein, in Österreich zu bleiben.34 Von ihr erhielt er Kopien von Personaldokumenten ihres Ehemannes, die er alledings nie benutzte, weil er sich später selbst noch bessere Papiere beschaffte.35

Schon bald folgten Werner Schö. und Jutta R. mit ihren beiden Kindern dem Angebot des Ehepaares B., in ihrer abseits gelegenen Jagdhütte vor den russischen Truppen Schutz zu suchen. Zwischen 15 und 20 Personen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis der Familien R. und B. zogen sich Ende April oder Anfang Mai auf die Jagdhütte zurück. Aus dem SS-Hauptsturmführer Werner Schö. war inzwischen der Prager Kaufmann Wenzel Schenk geworden. Denen, die ihn bereits vorher gekannt hatten, schärfte er ein: „Du weißt, ich heiße jetzt Schenk.“36 Den so angesprochenen Harry D. verwunderte dies nicht weiter: „Dass Werner Schö. einen anderen Namen führte, erschien mir durch seine Zugehörigkeit zur SS verständlich“37 , gab er später der Polizei zu Protokoll. Wer Werner Schö. vorher nicht gekannt hatte, dem fiel höchstens auf, dass Jutta R. ihn mit „Werner“ anredete, und dachte sich seinen Teil. So schrieb Werner Schö. später: „Wie weit das Ehepaar B. unterrichtet war, weiß ich nicht; ich glaube, sie hielten mich für einen ehemaligen Soldaten oder SS-Angehörigen, der sich verborgen hielt.“38

Weil er sich nicht auf die Hütte als Schutz verlassen wollte, baute sich Werner Schö. etwas abseits im Wald zusätzlich einen provisorischen Unterschlupf, in dem er ab und zu übernachtete. Tagsüber, so Zeugen, sei er fast immer unterwegs gewesen. Den ganzen Mai nutzte Werner Schö. diese Gegend als Rückzugsmöglichkeit, bevor er am 10. Juni 1945 die Gesellschaft auf der Jagdhütte verließ.39 Spätestens zu diesem Zeitpunkt stattete er sich mit Papieren auf den Namen Wenzel Schenk aus. Diese falschen persönlichen Dokumente waren mit Schreibmaschine verfasste fingierte Abschriften, deren „Richtigkeit“ durch einen Gemeindestempel von Hollenstein a.d. Ybbs, der Nachbargemeinde von Weyer, „bestätigt“ wurde. Wie genau diese Schreiben zustande kamen, d.h. wer ihn eventuell seitens der Gemeinde Hollenstein unterstützt hat, ist unklar. Möglicherweise war es ihm aber auch schon vor oder während seines Aufenthalts auf der Jagdhütte gelungen, sich die Papiere dort zu beschaffen. Sicher ist jedoch, dass er die Texte selbst formuliert hat. Die „Abschrift“ einer Geburts- und Taufbescheinigung wies ihn als Wenzel Schenk, geboren am 27. 11. 1911 in Prag, aus.40 Ein „Ausweis“ vom 29. 11. 1944 – offensichtlich eine Rückdatierung – der „Vereinigten Holz- und Industrie AG“ mit Sitz in Turany, Slowakei, schuf die Legende, dass „Václav Šenk […] seit dem Jahre 1941 in unserem Betrieb als kaufmännischer Beamter angestellt ist“41. Tatsächlich war Werner Schö. in Turany gewesen, allerdings nicht als Kaufmann, sondern als Angehöriges der Einsatzkommandos 13. Ein weiteres Stück unverfängliche Vergangenheit von Wenzel Schenk kreierte folgende, ebenfalls mit dem Stempel der Gemeinde Hollenstein versehene „Abschrift“: „Herr Wenzel Schenk, am 27. 11. 1911 geb., steht im Dienste der deutschen Wehrmacht. Die deutschen und slowakischen Militärbehörden werden ersucht, ihm nötigenfalls Schutz und Hilfe zu gewähren. Inhaber ist zu jeder Tages- und Nachtzeit berechtigt, sich an jedem Orte der Slowakei aufzuhalten. 178. Panz. Gren. Div. ‚Tatra’ gez. v. Ohlen, Oberst und Rgt.-Kdr. Gültig bis 31. 3. 45.“ Eine weitere „Bescheinigung“ dieser Einheit „bestätigte“ Wenzel Schenk, vom 9. 10. 1944 bis zum 23. 3. 1945, dem Tag der „Ausstellung“ des Dokumentes, in dieser Einheit als „Hilfskraft/Angestellter“ tätig gewesen zu sein. Aus einer Mischung von Versatzstücken seiner eigenen Vergangenheit und Lügen hatte Werner Schö. sich seine neue unverfängliche Identität als Wenzel Schenk gezimmert.

Nachdem er die Jagdhütte am 10. Juni verlassen hatte, hielt er sich möglicherweise zunächst noch im Raum Hollenstein auf. Zumindest wurde später bei ihm ein Schreiben vom 18. 6. 1945 an den Bürgermeister von Hollenstein gefunden, in dem er als Absender „W. Schenk, bei B., wohnhaft in Hollenstein/Hinterholz“ angegeben hatte. In diesem Schreiben listete er Besitztümer im Wert von 3 000 Mark auf, die er durch Besatzungstruppen verloren habe. Es soll in diesem Zusammenhang nicht weiter interessieren, ob seine Angaben der Wahrheit entsprachen. Wichtig ist vielmehr die Frage, ob Werner Schö. die Adresse des Ehepaares B. mit oder ohne ihr Wissen angegeben hatte, ob sie ihn also noch unterstützten, als er die Jagdhütte bereits verlassen hatte. Die Quellen lassen diese Frage offen. Ein weiteres Schreiben spricht für die Annahme, dass sich Werner Schö. zu dieser Zeit im Raum Hollenstein aufhielt: Am 21. Juni 1945 ließ er sich nämlich von der Gemeinde Hollenstein auf deutsch und russisch bestätigten, dass Wenzel Schenk seit 8. April dort polizeilich gemeldet sei. Statt Wenzel hatte in dem Schreiben allerdings ursprünglich Werner gestanden, was nachträglich handschriftlich verbessert worden war. Vielleicht war Werner Schö. ein Fehler unterlaufen, vielleicht aber auch dem Aussteller des Schreibens, was wiederum voraussetzt, dass diesem Werner Schö. bekannt war und er ihn somit wissentlich unterstützte. Mit dieser „Meldebescheinigung“ schloss Werner Schö. nicht nur eine zeitliche Lücke in der Biografie des Wenzel Schenk, sondern konnte damit ebenfalls sein Untertauchen verschleiern, hatte er doch nun schwarz auf weiß, dass er polizeilich gemeldet war.

Mit seiner neuen Biografie im Gepäck begab er sich auf den Weg in die 20 km nördlich gelegene kleine Gemeinde Waidhofen an der Ybbs. Das Ziel scheint nicht zufällig gewählt worden zu sein, denn Werner Schö. gab auf einem späteren Anmeldeformular an, bei einem H. gewohnt zu haben. Wenn dieser Eintrag der Wahrheit entspricht, hatte Werner Schö. genau gewusst, an wen er sich wenden konnte und wer ihn unterstützen würde. Sein Aufenthalt in Waidhofen war kurz. Am 25. Juni stellte die Gemeinde Wenzel Schenk (auch hier hieß es erst Werner Schenk) eine Fahrtbescheinigung aus, in der es heißt: „Der Genannte ist auf der Durchreise von Waidhofen an der Ybbs nach Moosbierbaum über St. Pölten-Wien. Die Reise erfolgt mittels Bahn und zu Fuß. Zweck der Fahrt: Rückreise.“ Ein Blick auf die Landkarte bestätigt die Vermutung: Werner Schö. war auf dem Weg zurück nach Wien. Die Gegend um Moosbierbaum, zwischen Sankt Pölten und Wien gelegen, war wahrscheinlich nur als Zwischenstation geplant. Dort angekommen, meldete er sich am 3. Juli 1945 in der Nachbargemeinde Atzenbrugg als Besuch bei F. in der Aumühle, einem Schloss am Ortsrand, an. Als letzten Wohnsitz vor Oktober 1944 gab er wahrheitsgemäß Sillein in der Slowakei an. Um F. zu schützen, behauptete Werner Schö. später gegenüber der Polizei, F. habe nichts von seiner Anwesenheit in Atzenbrugg gewusst.42 Doch Tatsache ist, dass F. und Werner Schö. Bekannte waren und F. ihn in Atzenbrugg unterbrachte. An dieser Stelle kommt auch B., der Besitzer der Jagdhütte in Weyer, wieder ins Spiel, der ebenfalls F. kannte und anlässlich einer Fahrt nach Wien zu der Zeit besuchte, als Werner Schö. sich bei F. aufhielt. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass auch B. von Werner Schö.s neuem Aufenthaltsort wusste. Keiner von ihnen ahnte allerdings, dass zu diesem Zeitpunkt in Wien bereits nach Werner Schö. alias Schenk gefahndet wurde.

In einem Wiener Gefängnis hatte Leopold H. am 30. Juni 1945 eher beiläufig seinem Zellengenossen erzählt, dass er sich beim Heranrücken der Roten Armee mit seiner Familie eine Zeit lang auf die Jagdhütte eines gewissen B. bei Weyer zurückgezogen hatte. Er berichtete auch von einem Wenzel Schenk, der von Jutta R. allerdings immer mit Werner angesprochen worden sei. Der, der den Erzählungen seines Mithäftlings aufmerksam gelauscht und daraus seine eigenen Schlüsse gezogen hatte, war Adolf B., ehemaliger Untergebener Werner Schö.s bei der Gestapo Wien. Einen Tag später gab er bei einem Verhör zu Protokoll, dass sich sein ehemaliger Vorgesetzter möglicherweise auf der Jagdhütte von B. in der Nähe von Weyer verstecke.43 Rund zwei Wochen später, am 16. Juli 1945, wurde Werner Schö. in der Aumühle in Atzenbrugg festgenommen. Den entscheidenden Hinweis hatte unfreiwillig F. geliefert. Als die Polizei B. in Wien zur Rede stellte, fand sie bei ihm nämlich einen Brief von F. an dessen in Wien lebende Stieftochter. Werner Schö. befinde sich in Atzenbrugg, war darin zu lesen.44

Knapp vier Monate war Werner Schö. mit seiner Strategie erfolgreich gewesen. Sein alter Ego Wenzel Schenk konnte die wichtigsten Papiere vorweisen und hätte auf Nachfrage auch Details aus seiner Vergangenheit in der Slowakei berichten können. Schließlich hatte Werner Schö. seine falsche Identität nicht frei erfunden, sondern sie mit Versatzstücken der eigenen Biografie ausgestattet. Sein neuer Namen ähnelte dem alten, das Geburtsdatum blieb unverändert, in dem Ort Sillein, den er in seinen gefälschten Dokumenten benutzte, hatte er ein Teilkommando des Ek 13 geführt, und auch die Stadt Turany, ein Zentrum der Holzindustrie in der Nordslowakei, war ihm von dort bekannt. Durch seinen dortigen Einsatz wusste er auch, dass es eine Panzer-Grenadier-Kampfgruppe von Ohlen gegeben hatte, die später mit einer anderen Einheit zur Division Tatra wurde und während des slowakischen Aufstandes bis nach Zilina vorgerückt war. Wer, der ihn nicht kannte, wollte und konnte wirklich nachweisen, dass er nicht dieser Wehrmachtseinheit angehört hatte?

Weitaus wichtiger als die dokumentierte falsche Identität war jedoch das Verhalten der Menschen, mit denen Werner Schö. während seines Untertauchversuchs in Berührung kam. Vom Schweigen der Mitwisser und der Unterstützung Wohlgesonnener hing der Erfolg seiner Aktion ab. Sein Bekanntenkreis reichte über die Stadt Wien hinaus. Im Mittelpunkt seiner sozialen Kontakte stand seine Geliebte Jutta R., durch die sich für ihn erst die Möglichkeit ergab, auf der Jagdhütte des Ehepaares B. Unterschlupf zu finden. Wer ihn auf der Hütte nicht kannte, gab sich mit der Erklärung, er sei ein Kaufmann aus Prag, zufrieden und fragte nicht weiter nach. Selbst wer ihn für einen untergetauchten Wehrmachts- oder SS-Angehörigen hielt, fand sein Verhalten selbstverständlich und stellte keine Gefahr für ihn dar. Man zeigte Verständnis für sein Handeln. Der identitätsstiftende Opfermythos Österreichs scheint hier noch nicht wirksam gewesen zu sein, wussten doch seine Bekannten, dass er aus Deutschland stammte.45 Aus diesem Grund ist es unerheblich, dass im Fall von Werner Schö.s Untertauchen bei Kriegsende Österreicher und nicht Deutsche die Unterstützer waren. Das Wir-Gefühl gegenüber den Siegern war auch hier wirksam. In Weyer, in der Jagdhütte, in Hollenstein, in Waidhofen und in Atzenbrugg fand er bereitwillige Helfer. Über Werner Schö.s Tätigkeit in den Einsatzkommandos 8 und 13 werden seine Bekannten nichts oder nur das gewusst haben, was Werner Schö. ihnen selbst über seine Vergangenheit erzählt hatte – und das dürfte nicht der Wahrheit entsprochen haben. Gefährlich werden konnten ihm in dieser Situation in erster Linie Personen aus seiner Tätigkeit bei der Gestapo Wien: Opfer und ehemalige Kollegen. Sein Hang zur Selbstdarstellung, sein selbstgefälliges Verhalten und auch die Beziehung zur verheirateten Jutta R. hatten ihm nicht überall Freunde gemacht. Letztlich war es ein ehemaliger Gestapo-Beamter, der auf Werner Schö. nicht gut zu sprechen war und die Polizei auf die Spur seines einstigen Vorgesetzten brachte.46 Ganz persönliche Motive waren es, die die Mauer der Solidarität aufsprengten.

Das Wiener Landesgericht für Strafsachen, das als Volksgericht47 fungierte, verurteilte Werner Schö., der seine NS-Vergangenheit zu verharmlosen versuchte, falsche biografische Angaben machte und sich zum Opfer stilisierte, am 22. Dezember 1947 nach Kriegsverbrechergesetz wegen seiner Stellung bei der Gestapo in Wien und Steyr und den damit verbundenen Tätigkeiten zu zehn Jahren schwerer Kerkerhaft.48 Ausschlaggebend für das Strafmaß war, dass Werner Schö. sich aus Angst vor einer Auslieferung an die Tschechoslowakei selbst bezichtigt hatte, zeitweise Abteilungsleiter der Gestapo gewesen zu sein. Damit war formal auch der Tatbestand der Misshandlung und Quälerei erfüllt. Einer Auslieferung an das Bezirks- und Volksgericht Zilina, die von der Tschechoslowakei gefordert wurde, entging Werner Schö. allerdings nur, weil die amerikanischen Besatzungsbehörden ihre Zustimmung verweigerten. Vielmehr sollte ihm, der auf der Kriegsverbrecherliste stand, wegen der vorgeworfenen Taten in der Slowakei ebenfalls in Österreich nach Kriegsverbrechergesetz der Prozess gemacht werden. Vor dieser Entscheidung hatte Werner Schö. dem Justizminister Österreichs in einem 17 Seiten umfassenden Schreiben seine Version des slowakischen Aufstandes, die allein der Selbstrechtfertigung und der Rechtfertigung des Eingreifens deutscher Truppen diente, dargelegt.49 Das Oberlandesgericht Wien verurteilte ihn wegen Bedrohung von Häftlingen in Zilina mit dem Tode am 8. Oktober 1951 zu neun Monaten schwerem Kerker unter Anrechnung der Untersuchungshaft und folgendem Landesverweis. Gleichzeitig hob es das Urteil von 1947 auf, nachdem Werner Schö. widerrufen hatte, Abteilungsleiter der Gestapo in Wien gewesen zu sein.50 Im November 1951 wurde Werner Schö. nach Deutschland abgeschoben.



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