Читать книгу "Ich fühl mich nicht als Mörder!" - Christina Ullrich - Страница 18

1.4. Zusammenfassung

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Die Phase des Übergangs, die bei Kriegsende einsetzte, wurde als Ausgangspunkt für die Arbeit gewählt, weil sich hier bereits das Zusammenwirken zwischen den Tätern auf der einen und Gesellschaft auf der anderen Seite zeigt. Spezifisch an der Situation war, dass die Zukunft für viele nicht absehbar war; es war unklar, was sich wie entwickeln würde, wie die Sieger mit den Feinden, wie mit Deutschland verfahren würden. Sicher war für die Täter aber, dass sie weder mit konkreten Verbrechen, noch mit Einsatzgruppen in Verbindung gebracht werden wollten, um nicht für etwas zur Rechenschaft gezogen zu werden, für das sie sich nicht verantwortlich fühlten. Wem sich die Möglichkeit bot, der täuschte, floh und versuchte, sich dem Zugriff der Alliierten zu entziehen. Wer unbehelligt untertauchen wollte in der Nachkriegsgesellschaft, musste sich geschickt verhalten und hatte im besten Fall zuverlässige stille Helfer oder Mitwisser.

Auf Netzwerke von Kameraden und Helfern griffen die hier interessierenden Personen nicht zurück. Rudolf Schl. und Heuser schufen sich durch ihr eigenes Verhalten und desinteressierte Nachbarn Handlungsfreiheit, Friedrich Me. hielt sich im Schutz der Familie verborgen. Für diese drei ging die Rechnung auf, sie blieben in Freiheit. Bei Werner Schö. erwies sich die Solidarität und Unterstützung, auf die er bei seinem Versuch, unter falschem Namen unterzutauchen, angewiesen war, an dem Punkt als brüchig, als ein ehemaliger Gestapomitarbeiter seiner Dienststelle nicht ertragen konnte, dass er im Gefängnis saß und Werner Schö. in Freiheit auf einer Berghütte. Es gab eine Solidarität der Verlierer, ein Wir-Gefühl als Abwehrhaltung, aber zuvor war sich jeder selbst der Nächste. Der situationsabhängige Charakter der Unterstützung barg Gefahren für die, die sich darauf verließen, und in dieser Hinsicht war die Handlungsfreiheit, die sie sich ursprünglich hatten erhalten wollen, wieder eingeschränkt. Das galt in vielerlei Hinsicht für diejenigen, die eine falsche Identität angenommen hatten. Zu glauben, dass mit Internierungshaft auf der einen und dem Weg in die Freiheit auf der anderen Seite bereits Weichen für die persönliche Zukunft gestellt werden könnten, erwies sich, nüchtern aus der Retrospektive betrachtet, als Trugschluss. Auch wenn die betreffenden Personen glaubten, Weichen zu stellen und es ihnen gelang, unbehelligt in die Nachkriegszeit hinüberzugleiten, so waren es letztlich die äußeren Rahmenbedingungen, die die Möglichkeiten und das mögliche Tempo der Reetablierung und Normalisierung vorgaben. Hinzu kam, dass die Entnazifizierung beide Gruppen betraf. Einziger Unterschied: In Internierungshaft war das Spruchkammerverfahren obligatorisch, außerhalb konnte versucht werden, es zu umgehen. Dass es im Hinblick auf ein Spruchkammerverfahren durchaus von Vorteil sein konnte, in einem Internierungslager zu sein, wird im Folgenden gezeigt.



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