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Gefäß und Schatz

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Dass wir auf Abwegen sind, glauben wir natürlich nicht. Die Dinge, in die wir all unsere Kraft stecken, scheinen oberste Priorität zu haben. Normalerweise sind das die Dinge, die zu einem guten und wahren Christen, egal welcher Konfession, einfach dazugehören – sei er Protestant, Katholik, Baptist. Doch tatsächlich haben wir inzwischen das Gefäß mit dem Schatz verwechselt.

Paulus führt uns den Unterschied klar vor Augen,

Denn so wie Gott einmal befahl: „Es werde Licht!“, so hat er auch die Finsternis in uns durch sein helles Evangelium vertrieben. Durch uns sollen alle Menschen Gottes Herrlichkeit erkennen, die in Jesus Christus sichtbar wird. Diesen kostbaren Schatz tragen wir allerdings in einem zerbrechlichen Gefäß. Denn so wird jeder erkennen, dass die außerordentliche Kraft, die in uns wirkt, von Gott kommt und nicht von uns selbst (2. Kor. 4,6.7).

Die Gefäße, von denen Paulus in diesem Zusammenhang sprach, waren er selbst und seine Mitarbeiter, in all ihrer körperlichen Schwäche (4,16). Er sorgte sich nicht darum, denn er konzentrierte sich auf den Schatz: Gottes Kraft in ihm. Er wollte, dass der Glaube seiner Zuhörer nicht auf seiner Überredungskunst beruhte, sondern auf der Kraft Gottes (1. Kor. 2,4.5). Die Schwäche des Gefäßes, seines Körpers, akzeptierte er und erkannte in ihr eine Möglichkeit, den Schatz, die Kraft Gottes, umso herrlicher erstrahlen zu lassen.

Das gleiche Prinzip von Gefäß und Schatz gilt auch für Gemeinden, für ihre Traditionen und Lehrauffassungen. Haben Sie schon einmal bemerkt, dass fast alles, was eine Konfession auszeichnet, Abgrenzungsmerkmale sind? Wir tun etwas nicht, was „sie“ tun.

Im Laufe der Zeit werden die verschiedenen Gruppen zu fast 100 Prozent zu „Gefäß“. Das heißt: Das, was sie für unverzichtbar halten und dem sie fast ihre ganze Aufmerksamkeit und Kraft schenken, hat mit menschlichen oder historischen Gegebenheiten zu tun. Es hat mehr zu tun mit allem, was uns prägte, während wir aufwuchsen, als mit dem Wesen Christi. Natürlich lieben wir diese Gegebenheiten und wir lieben all das Vertraute, das uns in unserem Leben begleitet hat. Weil uns diese Gegebenheiten ans Herz gewachsen sind – oftmals verbinden wir mit ihrer Geschichte viel Gutes –, verwechseln wir sie mit dem Schatz der echten Gegenwart Christi in unserer Mitte und verbringen die meiste Zeit damit, uns mit der Geschichte unserer Gruppe zu beschäftigen. Manchmal versuchen wir auch, sie anderen aufzuzwingen; wir erklären sie als unverzichtbar für das Heil des Menschen, zumindest aber zu dem, was für uns und andere am besten ist. Es ist nicht verwunderlich, dass wir vom Weg des geistlichen Wachstums abkommen, das uns Christus ähnlich machen könnte.

Welche Kleidung sollte man im Gottesdienst tragen, soll man beim Singen stehen oder soll man überhaupt singen? Soll es einen Gebetsdienst geben und sollte er Teil des Gottesdienstes sein, sollte er nach dem Gottesdienst stattfinden oder im Rahmen eines speziellen Gottesdienstes? Sollen wir Suchende freundlich aufnehmen? Sollen wir Wunder in unserem Gottesdienst erwarten oder zulassen oder soll es nur klare Lehre geben? Wie soll das Abendmahl gefeiert werden und wie die Taufe? Auf welche Weise sollen wir Spenden für die Gemeinde sammeln und wie sollen sie ausgegeben werden? Wer soll sie ausgeben? Wie soll unser Glaubensbekenntnis aussehen und sollen wir überhaupt eines haben? Wie steht es mit Weihrauch? Und soll der Pfarrer einen weißen oder einen schwarzen Talar haben? Und so weiter und so weiter.

Ich behaupte nicht, dass diese Dinge unwichtig sind (obwohl ich bei manchen ernsthafte Zweifel habe). Ich möchte zwei Dinge betonen. Erstens: Diese Dinge stehen nicht am Anfang. Sie sind nicht unentbehrlich und grundlegend. Deshalb erwähnt das Neue Testament sie nicht. Und zweitens: Wenn wir diese Dinge als unverzichtbar oder auch nur als sehr wichtig einstufen – selbst wenn wir das nur praktisch dadurch tun, dass wir den Großteil unserer Zeit in sie investieren –, dann wird die Gemeinde nur wenig oder gar keinen Fortschritt im Bereich des geistlichen Wachstums zu einer christlichen Persönlichkeitsgestalt erzielen. Diese „Gefäß“-Angelegenheiten machen niemanden Christus ähnlicher, egal wie man im einzelnen dazu steht. Das ist eine Tatsache.

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