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Das Wesen des Menschen, die Sünde und das Böse

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Viele Menschen sind heute der Ansicht, dass es so etwas wie ‚das Wesen des Menschen‘ an sich nicht gibt bzw. dass es nicht definierbar ist. Manche behaupten, der Mensch sei nur ein physisches Wesen, nur ein Tier, ein Gehirn, das gemäß seinen Instinkten handeln muss. Andere meinen, dass der Mensch an sich gut sei, und wenn er einen Fehler macht, dann sei das der Fehler seiner Eltern oder der Gesellschaft.

Die freie Entscheidung ist heute das wertvollste Gut in der entwickelten Welt. Ich muss nicht sein oder tun, was ich nicht sein oder tun will. Charakterliche Integrität ist nicht notwendig. Im Gegenteil, sie schränkt meine Freiheit ein. Diese Sicht spottet dem gesunden Menschenverstand. Sie steht im Widerspruch zu der jahrhundertealten Überzeugung, dass charakterliche Integrität der wertvollste Wesenszug eines Menschen ist. Und sie versagt vollständig, wenn es darum geht, die Existenz der Sünde und des Bösen zu erklären.

Die Sünde als ein fester Bestandteil des menschlichen Lebens steht als Erklärungsprinzip für die Wirklichkeit, die wir sehen, nicht mehr zur Verfügung. Etwa dafür, weshalb die Hälfte aller Ehen scheitern oder weshalb wir massive Suchtprobleme haben und weshalb so viele Personen des öffentlichen Lebens moralisch versagen. Die, die es wissen sollten, verlieren sich in Spekulationen über die Ursachen. Aber die wahre Ursache für unser Versagen liegt in unserer Möglichkeit zur freien Entscheidung und all ihren Begleitumständen. Unsere Freiheit zu wählen bringt die Sünde ans Licht. In unserer Freiheit der Entscheidung lebt die Sünde. Diese Freiheit ist aber auch der Schlüssel zu geistlicher Entwicklung und Reifung.

Die Sozialwissenschaften und die Psychologie sind hilflos angesichts der furchtbaren Dinge, zu denen Menschen fähig sind. Aber es ist unmöglich, in ernsthaften Diskussionen die Sprache auf die verbogene Natur des Menschen zu bringen. Die einzige Lösung, die wir heute für menschliche Probleme anerkennen, ist Erziehung. Erziehung ist tatsächlich etwas Gutes. Doch welche Art von Erziehung? Dürfen wir wirklich glauben, dass Menschen das Richtige tun, wenn sie nur wissen, was es ist?

Nur wenige sind dazu bereit, sich mit der Wirklichkeit in ihnen und anderen auseinander zu setzen. Diese Wenigen sind außerdem bei ihren Zeitgenossen nicht sehr willkommen. Jesus wurde nicht gekreuzigt, weil er sagte: Seht euch die Blumen auf den Wiesen an! Sie arbeiten nicht und kümmern sich auch nicht um ihre Kleidung. Er wurde dafür getötet, dass er von den Pharisäern sagte: Gierig stürzen sie sich auf den Besitz wehrloser Witwen (Lk. 20,47).

Der Bankrott der zeitgenössischen Ethik ist am deutlichsten daran zu erkennen, dass sie kein Konzept für das Böse hat. Wenn die Sturzflut des Bösen sich über die Bildschirme ergießt oder die Seiten der Zeitungen durchtränkt, reagieren die Menschen hilflos und fragen: „Warum?“ Wenn etwas Schönes passiert, stellen sie diese Frage nicht. Sie können mit dem tatsächlichen Inhalt und Kern des menschlichen Herzens, Geistes, Körpers, der sozialen Bedingungen und der Seele einfach nicht umgehen. In intellektuellen Kreisen gibt es „das Böse“ nicht. Es gilt als unhöflich und als politisch nicht korrekt, es ernsthaft anzusprechen und anzudeuten, dass es möglicherweise ein Gegenmittel gibt.

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