Читать книгу Verwandle mein Herz - Dallas Willard - Страница 5
EINFÜHRUNG
ОглавлениеWer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, der wird nie wieder Durst bekommen. Dieses Wasser wird in ihm zu einer Quelle, die bis ins ewige Leben hinein fließt.
Johannes 4,13
Wenn wir das Neue Testament lesen und uns mit ganzem Herzen und wachem Geist in eines der Evangelien vertiefen, dann kann uns der Eindruck überfallen, dass wir hier einen Blick in eine völlig andere Welt oder in ein völlig anderes Leben tun.
Es ist eine göttliche Welt und es ist ein göttliches Leben. Es ist das Leben im Reich Gottes. Und zugleich ist es eine Welt und ein Leben, zu dem gewöhnliche Menschen Zugang gefunden haben und bis heute finden. Es ist eine Welt, so scheint es, die uns offen steht und uns herbeiwinkt, damit wir eintreten. Ihr Ruf erreicht uns.
Erinnern Sie sich an die Worte Jesu: Jeder, der sich an ihn verliert, soll lebendiges Wasser finden – den Geist Gottes, der verhindert, dass er jemals wieder Durst verspürt und der in ihm zu einer Quelle wird, die bis ins ewige Leben fließt. Tatsächlich wird das lebendige Wasser zu einem Strom lebendigen Wassers, der sich aus dem Leben des Glaubenden in eine durstige Welt ergießt (Joh. 7,38).
Denken Sie daran, wie Paulus für seine Gemeinden betet: In seiner Liebe sollt ihr fest verwurzelt sein; auf sie sollt ihr bauen. Denn nur so könnt ihr mit allen anderen Christen das ganze Ausmaß dieser Liebe erfahren, die wir doch mit unserem Verstand niemals fassen können. Dann wird diese göttliche Liebe euch immer mehr erfüllen (Eph. 3,17–19).
Oder erinnern Sie sich, wie Petrus Menschen beschreibt, die Jesus lieben und ihm vertrauen: Sie erleben, so sagt er, grenzenlose Freude (1. Petr. 1,8), sind fähig, einander aufrichtig und von Herzen zu lieben (1,22), trennen sich radikal von Bosheit und Betrug, Heuchelei, Neid und bösem Gerede (2,1), überzeugen Menschen, die über den Glauben spotten, durch vorbildliches Verhalten (2,15) und laden alle ihre Sorgen bei Gott ab, weil er für sie sorgt (5,7).
Das Bild ist deutlich und es zeigt ein Leben, nach dem wir uns sehnen – aber wir müssen doch zugeben, dass Christen früher wie heute ihren Weg in dieses göttliche Leben im Allgemeinen nur langsam und unter großen Schwierigkeiten finden, wenn überhaupt. Ein Grund dafür, warum es so vielen Menschen nicht gelingt, einen Weg zu diesem Leben in Fülle zu finden, liegt, so meine ich, darin, dass dieses Leben so anders ist als das, was sie aus eigener Erfahrung kennen. Das neutestamentliche Bild des Lebens in Christus entmutigt sie häufig oder stimmt hoffnungslos, selbst wenn sie regelmäßige Kirchgänger sind und ihre Hoffnung wirklich in Jesus Christus liegt.
Weshalb ist das so? Ganz sicher ist doch das Leben, das Gott uns in Jesus anbietet, nicht als unlösbares Problem gedacht?! Also bleibt uns als Erklärung nur die Möglichkeit, dass wir trotz all unserer guten Absichten und unserer angestrengten Bemühungen dieses neue Leben irgendwie falsch anpacken. Wir verstehen die Weisheit Jesu und der Bibel über das menschliche Leben nicht wirklich und wir haben die Botschaft von der Gnade Gottes nicht wirklich erfasst. Der Satz: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ stimmt nicht ganz – obwohl der Wille natürlich entscheidend ist. Man muss aber auch den Weg finden: verstehen, was genau zu tun ist, wie es getan werden kann, welche Mittel wie eingesetzt werden müssen.
Geistliches Wachstum*, das uns Christus ähnlich macht, ist ein systematischer Prozess. Gott kann zwar auch im Chaos triumphieren, aber das ist nicht seine erste Wahl. Anstatt uns darauf zu konzentrieren, was Gott tun kann, müssen wir die Wege akzeptieren, die er gewählt hat, um mit und an uns zu arbeiten. Diese Wege werden in der Bibel klar beschrieben. Besonders deutlich werden sie in den Worten Jesu und in seiner Person.
Er lädt uns ein, unsere beschwerlichen, vor allem unsere „religiösen“ Wege zu verlassen und uns ein anderes Joch aufzulegen: Das Joch, von ihm und mit ihm zu lernen. Das ist der Weg der Sanftmut und Bescheidenheit, ein Weg, der unsere Seele zur Ruhe kommen lässt. Es ist eine Weise der inneren Veränderung, die uns zeigt, dass es mühelos und leicht ist, mit Jesus seine Last zu tragen (Mt. 11,28–30). Unsere Schwierigkeiten, die göttliche Welt und das Leben im Reich Gottes zu erreichen, haben zwei Ursachen: Wir verstehen nicht, dass der Weg dorthin ein Weg der inneren Verwandlung ist. Und wir sind nicht fähig, die kleinen Schritte zu gehen, die uns dahin führen – zwar langsam, aber umso sicherer.
Die Einsicht in diese Tatsachen macht Hoffnung – und sie ist entscheidend. Für den Einzelnen bedeutet es: Alles, was uns hindert, unseren alten Menschen abzulegen und den neuen anzuziehen, kann überwunden werden. Und dieser Prozess ermöglicht es uns, in zunehmendem Maß in der Ganzheit, Heiligkeit und Kraft des Reiches Gottes zu leben. Niemand muss mit andauernden persönlichen und geistlichen Niederlagen leben. Ein Leben, in dem wir über Sünde und äußere Umstände siegen, steht jedem von uns offen.
* Der hier im englischen Original verwendete Begriff „spiritual formation“ bedeutet wörtlich „geistliche Formung“ oder „geistliche Prägung“. Er umfasst sowohl die durch Gottes Geist bewirkte Lebensveränderung als auch den Prozess einer vom Menschen aktiv betriebenen Neuorientierung des Lebens. Wir verwenden in dieser Übersetzung je nach Kontext unterschiedliche Begriffe: Geistliches Wachstum, geistliche Umgestaltung, geistliche Prägung, geistliche Umformung, geistliche Persönlichkeitsbildung, geistliche Neuordnung des Lebens.